Avis juridique important
URTEIL DES GERICHTSHOFES (ERSTE KAMMER) VOM 9. OKTOBER 1980. - STRAFVERFAHREN GEGEN GIOVANNI CARCIATI. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM TRIBUNALE RAVENNA. - FREIER WARENVERKEHR - VORUEBERGEHENDE EINFUHR VON KRAFTFAHRZEUGEN. - RECHTSSACHE 823-79.
Sammlung der Rechtsprechung 1980 Seite 02773
Griechische Sonderausgabe Seite 00061
Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor
FREIER WARENVERKEHR - EINZELSTAATLICHE REGELUNG , WONACH GEBIETSANSÄSSIGEN DIE BENUTZUNG VON GEMÄSS EINER REGELUNG ÜBER DIE VORÜBERGEHENDE EINFUHR IMPORTIERTEN FAHRZEUGEN VERBOTEN IST - VEREINBARKEIT MIT DEM EWG-VERTRAG
DIE VORSCHRIFTEN DES EWG-VERTRAGS ÜBER DEN FREIEN WARENVERKEHR STEHEN EINER EINZELSTAATLICHEN REGELUNG NICHT ENTGEGEN , WONACH ES DEN IM HOHEITSGEBIET EINES MITGLIEDSTAATS WOHNHAFTEN PERSONEN UNTER STRAFE VERBOTEN IST , KRAFTFAHRZEUGE ZU BENUTZEN , DENEN EINE REGELUNG ÜBER DIE VORÜBERGEHENDE EINFUHR ZUGUTE GEKOMMEN IST UND FÜR DIE DAHER KEINE MEHRWERTSTEUER ZU ENTRICHTEN WAR .
1 MIT BESCHLUSS VOM 17 . DEZEMBER 1979 , BEI DER KANZLEI DES GERICHTSHOFES EINGEGANGEN AM 21 . DEZEMBER 1979 , HAT DAS TRIBUNALE RAVENNA NACH ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG EINE FRAGE NACH DER VEREINBARKEIT BESTIMMTER ITALIENISCHER RECHTSVORSCHRIFTEN MIT DEN GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN VORSCHRIFTEN ÜBER DEN FREIEN WARENVERKEHR VORGELEGT .
2 DEM BEIM TRIBUNALE RAVENNA ANHÄNGIGEN VERFAHREN LIEGT FOLGENDER SACHVERHALT ZUGRUNDE : DER IN RAVENNA WOHNHAFTE ITALIENISCHE STAATSANGEHÖRIGE CARCIATI WURDE VON DER ' ' GUARDIA DI FINANZA ' ' ( FINANZPOLIZEI ) GESTELLT , ALS ER AUF ITALIENISCHEM GEBIET EINEN IN DEUTSCHLAND ZUGELASSENEN KRAFTWAGEN FÜHRTE . ER ERKLÄRTE , EIN IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND WOHNENDER DEUTSCHER STAATSANGEHÖRIGER HABE IHM DIESES FAHRZEUG ÜBERLASSEN , UM ES BEI SEINEN ZAHLREICHEN GESCHÄFTSREISEN IN ITALIEN ZUR VERFÜGUNG ZU HABEN . GEGEN HERRN CARCIATI WURDE EINE FÖRMLICHE ANZEIGE WEGEN SCHMUGGELS ERSTATTET , IN DER IHM ZUR LAST GELEGT WURDE , ALS IN ITALIEN WOHNHAFTE PERSON UNTER VERSTOSS GEGEN DIE VORSCHRIFTEN ÜBER DIE VORÜBERGEHENDE EINFUHR EINEN IM AUSLAND ZUGELASSENEN KRAFTWAGEN IM INLÄNDISCHEN ZOLLGEBIET IN GEWAHRSAM GEHABT UND BENUTZT ZU HABEN .
3 IM VERFAHREN VOR DEM TRIBUNALE RAVENNA BESCHLOSS DIESES , DEM GERICHTSHOF FOLGENDE FRAGE ZUR VORABENTSCHEIDUNG VORZULEGEN :
' ' WIDERSPRECHEN DIE ARTIKEL 25 , 216 , 282 , 287 UND 339 DES DEKRETS NR . 43 DES PRÄSIDENTEN DER REPUBLIK VOM 23 . JANUAR 1973 IN VERBINDUNG MIT DEM GESETZ NR . 1163 VOM 27 . NOVEMBER 1957 ZUR RATIFIZIERUNG DES INTERNATIONALEN ABKOMMENS VON NEW YORK VOM 4 . JUNI 1954 UND MIT DEN ARTIKELN 67 , 69 , 70 UND 71 DES DEKRETS NR . 633 DES PRÄSIDENTEN DER REPUBLIK VOM 26 . OKTOBER 1972 DEN GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN VORSCHRIFTEN ÜBER DEN FREIEN WARENVERKEHR?
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4 DER GERICHTSHOF IST ZWAR IM VERFAHREN NACH ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG NICHT BEFUGT , ÜBER DIE VEREINBARKEIT EINZELSTAATLICHER RECHTSETZUNGSAKTE MIT DEM GEMEINSCHAFTSRECHT ZU ENTSCHEIDEN , ER KANN JEDOCH , WENN ER ES MIT EINEM UNZUTREFFEND FORMULIERTEN VORLAGEBESCHLUSS ZU TUN HAT , DIE DAS GEMEIN SCHAFTSRECHT BETREFFENDE FRAGE IN EINER WEISE ERMITTELN , DASS IHR WORTLAUT IHM EINE ENTSCHEIDUNG ERMÖGLICHT . IM VORLIEGENDEN FALL BESTEHT DIE ZU LÖSENDE FRAGE DARIN , OB DIE GRUNDSÄTZE DES VERTRAGES FÜR DEN FREIEN WARENVERKEHR EINER NATIONALEN REGELUNG ENTGEGENSTEHEN , WONACH DIE GEWÖHNLICHE EINFUHR VON FAHRZEUGEN MEHRWERTSTEUERPFLICHTIG UND ES IM HOHEITSGEBIET DES JEWEILIGEN STAATES WOHNHAFTEN PERSONEN VERBOTEN IST , FAHRZEUGE ZU BENUTZEN , DENEN EINE REGELUNG ÜBER DIE VORÜBERGEHENDE EINFUHR UND DAMIT DIE FREISTELLUNG VON DER GENANNTEN STEUER ZUGUTE GEKOMMEN IST .
5 ARTIKEL 2 DES - VON ALLEN MITGLIEDSTAATEN DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT RATIFIZIERTEN - NEW YORKER ABKOMMENS VOM 4 . JUNI 1954 REGELT DIE VORÜBERGEHENDE EINFUHR VON KRAFTFAHRZEUGEN OHNE ENTRICHTUNG DER EINGANGSABGABEN . NACH SEINEM ABSATZ 1 WIRD JEDER VERTRAGSSTAAT ' ' DIEJENIGEN FAHRZEUGE OHNE ENTRICHTUNG DER EINGANGSABGABEN . . . VORÜBERGEHEND ZUR EINFUHR ZULASSEN , DEREN EIGENTÜMER IHREN GEWÖHNLICHEN WOHNORT AUSSERHALB SEINES GEBIETES HABEN ; VORAUSSETZUNG IST , DASS DIE FAHRZEUGE VON DEN EIGENTÜMERN SELBST ODER VON ANDEREN PERSONEN , DIE IHREN GEWÖHNLICHEN WOHNORT AUSSERHALB SEINES GEBIETES HABEN , ANLÄSSLICH EINES VORÜBERGEHENDEN AUFENTHALTS ZU IHREM EIGENEN GEBRAUCH EINGEFÜHRT UND BENUTZT WERDEN ' ' .
6 ARTIKEL 216 DES DEKRETS NR . 43 DES PRÄSIDENTEN DER REPUBLIK VOM 23 . JANUAR 1973 ( ' ' TESTO UNICO DELLE DISPOSIZIONE LEGISLATIVE IN MATERIA DOGANALE ' ' ( ZUSAMMENSTELLUNG DER ZOLLRECHTLICHEN GESETZE ZU EINEM EINHEITLICHEN GANZEN )) REGELT DIE VORÜBERGEHENDE EINFUHR VON STRASSENFAHRZEUGEN ZUM EIGENEN GEBRAUCH DURCH VERWEISUNG AUF DAS NEW YORKER ABKOMMEN UND BESTIMMT IN ABSATZ 2 , DASS BEI FEHLEN ODER WEGFALL DER IN DIESEM ABKOMMEN AUFGEFÜHRTEN VORAUSSETZUNGEN DIE FÜR SCHMUGGEL VORGESEHENEN STRAFEN VERHÄNGT WERDEN KÖNNEN . DER GENANNTE TESTO UNICO LEGT DARÜBER HINAUS FEST , MIT WELCHER GELDSTRAFE ZU BELEGEN IST , WER AUSLÄNDISCHE WAREN IN SEINEM GEWAHRSAM HAT , OHNE DEREN RECHTMÄSSIGE HERKUNFT NACHWEISEN ZU KÖNNEN ( ARTIKEL 282 IN VERBINDUNG MIT ARTIKEL 25 ), ODER WER AUSLÄNDISCHE WAREN , BEI DEREN EINFUHR KEINE ODER ERMÄSSIGTE ABGABEN ENTRICHTET WURDEN , GANZ ODER TEILWEISE EINER ANDEREN ALS DERJENIGEN VERWENDUNG ZUFÜHRT , DERETWEGEN DIE FREISTELLUNG ODER ERMÄSSIGUNG GEWÄHRT WURDE ( ARTIKEL 287 ).
7 WAS DIE NICHT ENTRICHTETEN ABGABEN ANGEHT , NACH DEREN HÖHE SICH DIE GELDBUSSE BEMISST , SO BESTIMMT DAS DEKRET NR . 633 DES PRÄSIDENTEN DER REPUBLIK VOM 26 . OKTOBER 1972 , DURCH DAS DIE MEHRWERTSTEUER EINGEFÜHRT UND GERE GELT WURDE , DASS DIESE STEUER U . A . AUF EINFUHREN UNABHÄNGIG VON DER PERSON DES EINFÜHRENDEN ZU ERHEBEN IST ; ES ENTHÄLT IN DEN ARTIKELN 67 BIS 70 DIE BESONDERE REGELUNG FÜR DIE EINFUHRSTEUER .
8 ES IST DARAUF HINZUWEISEN , DASS DIE ERHEBUNG VON MEHRWERTSTEUER AUF DIE EINFUHR VON GEGENSTÄNDEN IN ARTIKEL 2 DER ZWEITEN RICHTLINIE DES RATES VOM 11 . APRIL 1967 - 67/228/EWG - ZUR HARMONISIERUNG DER RECHTSVORSCHRIFTEN DER MITGLIEDSTAATEN ÜBER DIE UMSATZSTEUERN ( ABL . S . 1303 ) AUSDRÜCKLICH VORGESEHEN IST . NACH ARTIKEL 14 DER AUF DEMSELBEN GEBIET ERGANGENEN SECHSTEN RICHTLINIE DES RATES VOM 17 . MAI 1977 - 77/338/EWG - ( ABL . L 145 , S . 1 ) BEFREIEN DIE MITGLIEDSTAATEN UNBESCHADET SONSTIGER GEMEINSCHAFTSBESTIMMUNGEN DIE EINFUHR VON GEGENSTÄNDEN , DIE FÜR EIN VERFAHREN DER VORÜBERGEHENDEN EINFUHR ANGEMELDET WORDEN SIND , UNTER DEN BEDINGUNGEN VON DER STEUER , DIE SIE ZUR GEWÄHRLEISTUNG EINER KORREKTEN UND EINFACHEN ANWENDUNG DER VORGESEHENEN BEFREIUNGEN SOWIE ZUR VERHÜTUNG VON STEUERHINTERZIEHUNGEN , STEUERUMGEHUNGEN UND ETWAIGEN MISSBRÄUCHEN FESTSETZEN .
9 DEN MITGLIEDSTAATEN VERBLEIBEN ALSO WEITGEHENDE BEFUGNISSE AUF DEM GEBIET DER VORÜBERGEHENDEN EINFUHR , DIE IHNEN DIE UNTERBINDUNG VON STEUERHINTERZIEHUNGEN ERMÖGLICHEN SOLLEN . SOWEIT DIE ZU DIESEM ZWECK GETROFFENEN MASSNAHMEN NICHT UNVERHÄLTNISMÄSSIG SIND , SIND SIE DEMNACH MIT DEM GRUNDSATZ DES FREIEN WARENVERKEHRS VEREINBAR .
10 WAS DAS VON EINEM MITGLIEDSTAAT DEN IN SEINEM HOHEITSGEBIET WOHNHAFTEN PERSONEN AUFERLEGTE VERBOT ANGEHT , VORÜBERGEHEND UNTER FREISTELLUNG VON DEN EINGANGSABGABEN EINGEFÜHRTE FAHRZEUGE ZU BENUTZEN , SO STELLT ES EIN WIRKSAMES MITTEL DAR , STEUERHINTERZIEHUNGEN ZU VERHINDERN UND SICHERZUSTELLEN , DASS DIE STEUERN IM BESTIMMUNGSLAND DER GEGENSTÄNDE ENTRICHTET WERDEN . TATSÄCHLICH WURDE DIE ERFORDERLICHKEIT EINER DERARTIGEN MASSNAHME DURCH DEN VON DER KOMMISSION AM 30 . OKTOBER 1975 VORGELEGTEN VORSCHLAG FÜR EINE RICHTLINIE DES RATES ÜBER STEUERBEFREIUNGEN INNERHALB DER GEMEINSCHAFT BEI VORÜBERGEHENDER EINFUHR VON BESTIMMTEN VERKEHRSMITTELN ANERKANNT ; ARTIKEL 3 DIESES VORSCHLAGS ( DER DIE VORÜBERGEHENDE EINFUHR BESTIMMTER VERKEHRSMITTEL FÜR DIE PRIVATE NUTZUNG BETRIFFT ) SIEHT NÄMLICH VOR , DASS ' ' DIE PRIVATPERSON , DIE DIESE GEGENSTÄNDE EINFÜHRT , AA ) . . . IHREN HAUPTWOHNSITZ IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT DER GEMEINSCHAFT ALS DEM DER VORÜBERGEHENDEN EINFUHR HABEN ( MUSS ) ' ' UND ' ' B ) DIE VERKEHRSMITTEL . . . IM MITGLIEDSTAAT DER VORÜBERGEHENDEN EINFUHR WEDER VERÄUSSERT NOCH VERMIETET ODER AN EINEN GEBIETSANSÄSSIGEN DIESES STAATES VERLIEHEN WERDEN ( DÜRFEN ) ' ' .
11 DA DIE FRAGE , OB VORSCHRIFTEN VON DER ART JENER , DIE ZU DER IM VORLIEGENDEN FALL STRITTIGEN EINZELSTAATLICHEN REGELUNG GEHÖREN , MIT DEM GEMEINSCHAFTSRECHT VEREINBAR SIND , ZU BEJAHEN IST , LIEGEN KEINE GRÜNDE VOR , DIE ES GESTATTEN WÜRDEN , DIE BEFUGNIS DER MITGLIEDSTAATEN ZUR STRAFRECHTLICHEN AHNDUNG DER NICHTBEACHTUNG DER EINZELSTAATLICHEN REGELUNG IN FRAGE ZU STELLEN .
12 AUF DIE VOM TRIBUNALE RAVENNA VORGELEGTE FRAGE IST SOMIT ZU ANTWORTEN , DASS DIE VORSCHRIFTEN DES EWG-VERTRAGS ÜBER DEN FREIEN WARENVERKEHR EINER EINZELSTAATLICHEN REGELUNG NICHT ENTGEGENSTEHEN , WONACH ES DEN IM HOHEITSGEBIET EINES MITGLIEDSTAATS WOHNHAFTEN PERSONEN UNTER STRAFE VERBOTEN IST , KRAFTFAHRZEUGE ZU BENUTZEN , DENEN EINE REGELUNG ÜBER DIE VORÜBERGEHENDE EINFUHR ZUGUTE GEKOMMEN IST UND FÜR DIE DAHER KEINE MEHRWERTSTEUER ZU ENTRICHTEN WAR .
13 DIE AUSLAGEN DER ITALIENISCHEN REGIERUNG UND DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN , DIE ERKLÄRUNGEN VOR DEM GERICHTSHOF ABGEGEBEN HABEN , SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG . FÜR DIE BETEILIGTEN DES AUSGANGSVERFAHRENS IST DAS VERFAHREN VOR DEM GERICHTSHOF EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM VOR DEM EINZELSTAATLICHEN GERICHT ANHÄNGIGEN VERFAHREN . DIE KOSTENENTSCHEIDUNG IST DAHER SACHE DIESES GERICHTS .
AUS DIESEN GRÜNDEN
HAT
DER GERICHTSHOF ( ERSTE KAMMER )
AUF DIE IHM VOM TRIBUNALE RAVENNA MIT BESCHLUSS VOM 26 . NOVEMBER 1979 VORGELEGTE FRAGE FÜR RECHT ERKANNT :
DIE VORSCHRIFTEN DES EWG-VERTRAGS ÜBER DEN FREIEN WARENVERKEHR STEHEN EINER EINZELSTAATLICHEN REGELUNG NICHT ENTGEGEN , WONACH ES DEN IM HOHEITSGEBIET EINES MITGLIEDSTAATS WOHNHAFTEN PERSONEN UNTER STRAFE VERBOTEN IST , KRAFTFAHRZEUGE ZU BENUTZEN , DENEN EINE REGELUNG ÜBER DIE VORÜBERGEHENDE EINFUHR ZUGUTE GEKOMMEN IST UND FÜR DIE DAHER KEINE MEHRWERTSTEUER ZU ENTRICHTEN WAR .