Avis juridique important
Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 20. Februar 1997. - Commissioners of Customs and Excise gegen DFDS A/S. - Ersuchen um Vorabentscheidung: High Court of Justice, Queen's Bench Division - Vereinigtes Königreich. - Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Sonderregelung für Reisebüros - Ort der Besteuerung einer Dienstleistung. - Rechtssache C-260/95.
Sammlung der Rechtsprechung 1997 Seite I-01005
Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor
Steuerrecht - Harmonisierung - Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem - Sechste Richtlinie - Sonderregelung für Reisebüros - Bestimmung des steuerlichen Anknüpfungspunkts - In einem Mitgliedstaat ansässiger Reiseveranstalter, der Leistungen durch Vermittlung eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Beauftragten erbringt - Besteuerung im Mitgliedstaat der Niederlassung des Beauftragten - Voraussetzungen
(Richtlinie 77/388 des Rates, Artikel 26 Absatz 2)
Artikel 26 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ist dahin auszulegen, daß Dienstleistungen, die ein Reiseveranstalter, der seinen Sitz in einem Mitgliedstaat hat, für Reisende durch Vermittlung einer in einem anderen Mitgliedstaat tätigen Gesellschaft erbringt, im letztgenannten Staat der Mehrwertsteuer unterliegen, sofern diese Gesellschaft, die als blosse Hilfsperson des Veranstalters handelt, über die Personal- und Sachmittel verfügt, die eine feste Niederlassung kennzeichnen.
Obwohl der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, der vorrangige steuerliche Anknüpfungspunkt ist, würde eine solche Zuordnung nämlich nicht zu einer sinnvollen Lösung führen, da sie den Ort ausser acht ließe, an dem die Reisen tatsächlich verkauft werden. Die Alternativlösung der Besteuerung am Ort der festen Niederlassung, von wo aus diese Leistungen erbracht werden, stützt sich hingegen auf die wirtschaftliche Realität, die grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist, da sie der möglichen Vielfalt der Tätigkeit der Reisebüros an verschiedenen Orten im Gebiet der Gemeinschaft Rechnung trägt und die Wettbewerbsverzerrungen vermeidet, zu denen die Anknüpfung an den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit führen könnte, da diese für die Unternehmen, die in einem Mitgliedstaat tätig sind, ein Anreiz sein könnte, ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat zu nehmen, in dem die betreffenden Leistungen freigestellt sind.
1 Der High Court of Justice (Queen's Bench Division) hat mit Beschluß vom 18. Juli 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 4. August 1995, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung des Artikels 26 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen den Commissioners of Customs & Excise und der dänischen Gesellschaft DFDS A/S (im folgenden: DFDS) über die Frage, ob die Letztgenannte für Pauschalreisen, die ihre englische Tochtergesellschaft DFDS Ltd in ihrem Namen verkauft, im Vereinigten Königreich mehrwertsteuerpflichtig ist.
3 Artikel 26 der Sechsten Richtlinie sieht eine Sonderregelung für die Umsätze von Reisebüros und Reiseveranstaltern vor, soweit diese gegenüber den Reisenden im eigenen Namen auftreten und für die Durchführung der Reise Lieferungen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Artikel 26 Absatz 2 hat folgenden Wortlaut:
"Die bei Durchführung der Reise vom Reisebüro erbrachten Umsätze gelten als eine einheitliche Dienstleistung des Reisebüros an den Reisenden. Sie wird in dem Mitgliedstaat besteuert, in dem das Reisebüro den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus es die Dienstleistung erbracht hat. Für diese Dienstleistung gilt als Besteuerungsgrundlage und als Preis ohne Steuer im Sinne des Artikels 22 Absatz 3 Buchstabe b) die Marge des Reisebüros, das heisst die Differenz zwischen dem vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer und den tatsächlichen Kosten, die dem Reisebüro durch die Inanspruchnahme von Lieferungen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger entstehen, soweit diese Umsätze dem Reisenden unmittelbar zugute kommen."
4 Aus den Akten des Ausgangsverfahrens geht hervor, daß die in Artikel 26 der Sechsten Richtlinie vorgesehene Sonderregelung durch die Valü Added Tax (tour operators) Order 1987 (Verordnung von 1987 über die Mehrwertsteuer für Reiseveranstalter) in britisches Recht umgesetzt wurde. Nach Artikel 3 Absatz 1 dieser Verordnung gilt diese Regelung insbesondere für Lieferungen oder Dienstleistungen, die von "einem Reiseveranstalter in einem Mitgliedstaat ... [erbracht werden], in dem er den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat". Artikel 5 Absatz 2 dieser Verordnung legt darüber hinaus fest, daß eine Reisedienstleistung "als in dem Mitgliedstaat erbracht [gilt], in dem der Reiseveranstalter den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, oder, wenn die Dienstleistung von einer festen Niederlassung aus erbracht wurde, in dem Mitgliedstaat, in dem sich die feste Niederlassung befindet, und an keinem anderen Ort".
5 Die DFDS ist ein Schiffahrts-, Reise- und allgemeines Transportunternehmen dänischen Rechts. Mit ihrer englischen Tochtergesellschaft, der DFDS Ltd, ist sie durch einen Agenturvertrag verbunden, in dem die DFDS Ltd zum "allgemeinen Verkaufs- und Hafenbeauftragten" der DFDS im Vereinigten Königreich und zur "zentralen Buchungsstelle für das Vereinigte Königreich und Irland für sämtliche Dienstleistungen für Fahrgäste" der dänischen Gesellschaft bestimmt wird.
6 1993 entschieden die Commissioners of Customs & Excise, daß die DFDS für die in ihrem Namen von ihrer englischen Tochtergesellschaft verkauften Pauschalreisen Mehrwertsteuer zu zahlen habe. Die dänische Gesellschaft habe durch den Vertrag mit ihrer Tochtergesellschaft im Sinne der britischen Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Artikel 26 der Sechsten Richtlinie den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in das Vereinigte Königreich verlegt oder die streitigen Leistungen von einer festen Niederlassung in diesem Staat aus erbracht.
7 Die DFDS hielt dem entgegen, daß die betreffenden Dienstleistungen am Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zu besteuern seien, also in Dänemark, einem Mitgliedstaat, der von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, solche Leistungen gemäß Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b und Anhang F der Sechsten Richtlinie weiterhin von der Mehrwertsteuer zu befreien. Sie erhob dann Klage beim Valü Added Tax Tribunal, das ihrer Klage 1994 stattgab.
8 Da der mit der Berufung befasste High Court of Justice der Meinung ist, diese Rechtssache werfe ein Problem der Auslegung der Sechsten Richtlinie auf, hat er dem Gerichtshof folgende Frage vorgelegt:
Wie ist die Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie) und insbesondere ihr Artikel 26 auszulegen, wenn ein Reiseveranstalter seine Zentrale im Mitgliedstaat A hat, aber Dienstleistungen an Reisende in Form von Pauschalreisen durch Vermittlung einer Gesellschaft im Mitgliedstaat B erbringt:
a) Unter welchen Umständen (wenn überhaupt) werden diese Dienstleistungen des Reiseveranstalters im Mitgliedstaat B besteuert?
b) Unter welchen Umständen (wenn überhaupt) lässt sich sagen, daß der Reiseveranstalter "den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit" im Mitgliedstaat B hat oder im Mitgliedstaat B "eine feste Niederlassung hat, von wo aus [er] die Dienstleistung erbracht hat"?
9 Mit seiner zweiteiligen Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, unter welchen Voraussetzungen die Dienstleistungen, die ein Reiseveranstalter, der seinen Sitz in einem Mitgliedstaat hat, durch Vermittlung einer Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat für Reisende erbringt, nach Artikel 26 der Sechsten Richtlinie in dem letztgenannten Staat der Mehrwertsteuer unterliegen.
10 Die DFDS schlägt dem Gerichtshof vor, zu antworten, daß die Dienstleistungen unter den beschriebenen Umständen in dem Mitgliedstaat zu besteuern seien, in dem der Reiseveranstalter seine Zentrale habe. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes bilde der Mitgliedstaat, in dem die Gesellschaft den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit habe, den vorrangigen steuerlichen Anknüpfungspunkt für die Erhebung der Mehrwertsteuer auf Dienstleistungen; ein anderer Anknüpfungspunkt könne zu Verwirrung und Konflikten zwischen den Mitgliedstaaten führen.
11 Die Regierung des Vereinigten Königreichs führt demgegenüber aus, daß der Reiseveranstalter in dem Mitgliedstaat, in dem die in seinem Namen handelnde Gesellschaft tätig sei, über eine feste Niederlassung verfüge, von wo aus die Dienstleistungen erbracht würden, so daß sie in diesem Staat besteuert werden müssten. Diese Lösung sei die steuerlich sinnvollste, denn in diesem Staat würden den Reisenden die Dienstleistungen angeboten.
12 Die italienische Regierung und die Kommission vertreten die Auffassung, daß solche Dienstleistungen unter bestimmten Voraussetzungen in dem Mitgliedstaat besteuert werden könnten, in dem die im Namen des Reiseveranstalters handelnde Gesellschaft tätig sei. Hierfür müsse in diesem Staat eine Organisation vorhanden sein, in der die für die Dienstleistung erforderlichen Personal- und Sachmittel zusammenwirkten, und der Wirtschaftsteilnehmer dürfe im Verhältnis zu dem Unternehmen, in dessen Namen er handele, nicht selbständig sein.
13 Artikel 26 der Sechsten Richtlinie sieht eine Mehrwertsteuer-Sonderregelung für Reisebüros und Reiseveranstalter vor. Die Leistungen dieser Unternehmen setzen sich nämlich aus mehreren Leistungen, insbesondere Unterbringungs- und Beförderungsleistungen, zusammen, die teils im Ausland, teils in dem Land erbracht werden, in dem das Reisebüro seinen Sitz oder eine feste Niederlassung hat. Die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen über den Ort der Besteuerung, die Besteuerungsgrundlage und den Vorsteuerabzug würde bei diesen Unternehmen somit zu praktischen Schwierigkeiten führen, die ihre Tätigkeit behindern würden (vgl. Urteil vom 12. November 1992 in der Rechtssache C-163/91, Van Ginkel, Slg. 1992, I-5723, Randnrn. 12 bis 14).
14 Nach Artikel 26 Absatz 1 ist dieser Artikel anwendbar, wenn das Reisebüro oder der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden im eigenen Namen und nicht als Vermittler handelt (vgl. Urteil Van Ginkel, a. a. O., Randnr. 21).
15 Bei dem im Vorlagebeschluß beschriebenen Sachverhalt fällt die dänische Gesellschaft DFDS als Reiseveranstalter in den Anwendungsbereich dieser Bestimmungen, aber nicht ihre englische Tochtergesellschaft DFDS Ltd, die nicht im eigenen Namen, sondern als Vermittlerin handelt.
16 Was den Ort der Besteuerung angeht, so sieht Artikel 26 Absatz 2 vor, daß die Dienstleistung eines Reisebüros in dem Mitgliedstaat besteuert wird, in dem dieses Reisebüro den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus es die Dienstleistung erbracht hat.
17 Somit verwendet diese Bestimmung, worauf alle Verfahrensbeteiligten vor dem Gerichtshof hingewiesen haben, dieselben beiden Begriffe des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit und der festen Niederlassung, wie sie Artikel 9 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie zur Bestimmung der beiden möglichen steuerlichen Hauptanknüpfungspunkte für Dienstleistungen im allgemeinen enthält. Daher sind die Regeln heranzuziehen, die sich aus dieser Bestimmung ergeben.
18 Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 4. Juli 1985 in der Rechtssache 168/84 (Berkholz, Slg. 1985, 2251, Randnr. 14) ausgeführt hat, soll Artikel 9 durch eine einheitliche Festlegung des steuerlichen Anknüpfungspunkts bei Dienstleistungen eine angemessene Abgrenzung des jeweiligen Geltungsbereichs des nationalen Mehrwertsteuerrechts herbeiführen und insbesondere Kompetenzkonflikte zwischen Mitgliedstaaten verhindern.
19 Insoweit ist es Sache der Finanzbehörden eines jeden Mitgliedstaats, im Rahmen der durch die Sechste Richtlinie eingeräumten Wahlmöglichkeiten zu bestimmen, welches der steuerlich zweckdienlichste Anknüpfungspunkt für eine bestimmte Dienstleistung ist. Nach Artikel 9 Absatz 1 ist der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, ein vorrangiger Anknüpfungspunkt. Die Berücksichtigung einer anderen Niederlassung, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, ist nur dann von Interesse, wenn die Anknüpfung an den Sitz nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führt oder wenn sie einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zur Folge hat (Urteil Berkholz, a. a. O., Randnr. 17).
20 Ausserdem kommt die Zuordnung einer Dienstleistung zu einer anderen Niederlassung als dem Sitz nur dann in Betracht, wenn diese Niederlassung aufgrund des ständigen Zusammenwirkens der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel einen zureichenden Mindestbestand aufweist (Urteil Berkholz, a. a. O., Randnr. 18).
21 Die steuerliche Zuordnung sämtlicher Dienstleistungen eines Reiseveranstalters, einschließlich derjenigen, die in anderen Mitgliedstaaten von in seinem Namen handelnden Unternehmen erbracht werden, zum Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hätte im vorliegenden Fall, wie die DFDS vorgetragen hat, offensichtlich den Vorteil, daß ein einheitlicher Besteuerungsort für sämtliche unter Artikel 26 der Sechsten Richtlinie fallenden Tätigkeiten dieses Veranstalters bestimmt würde.
22 Wie das Vereinigte Königreich geltend gemacht hat, würde eine solche Zuordnung jedoch nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führen, da sie den Ort ausser acht ließe, an dem die Reisen tatsächlich verkauft würden und den die nationalen Behörden mit guten Gründen, unabhängig vom Reiseziel, als zweckdienlichsten Anknüpfungspunkt berücksichtigen könnten.
23 Wie der Generalanwalt in den Nummern 32 bis 34 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, stellt die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dar. Die alternative Anknüpfung zur Bestimmung des Besteuerungsorts bei Dienstleistungen der Reisebüros an die feste Niederlassung, von wo aus diese Leistungen erbracht werden, soll gerade der möglichen Vielfalt der Tätigkeit der Reisebüros an verschiedenen Orten im Gebiet der Gemeinschaft Rechnung tragen. Die systematische Anknüpfung an den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit könnte im übrigen zu Wettbewerbsverzerrungen führen, da sie für Unternehmen, die in einem Mitgliedstaat tätig sind, ein Anreiz sein könnte, ihren Sitz in der Absicht, der Besteuerung zu entgehen, im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zu nehmen, der von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die betreffenden Leistungen weiterhin von der Mehrwertsteuer zu befreien.
24 Daher ist eine Dienstleistung, die ein Reiseveranstalter für einen Reisenden von einer festen Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen aus erbracht hat, in dem er den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, in dem Staat zu besteuern, in dem diese feste Niederlassung liegt.
25 Um festzustellen, ob das Reisebüro bei einem Sachverhalt wie dem des Ausgangsverfahrens tatsächlich in dem betreffenden Mitgliedstaat über eine solche Niederlassung verfügt, ist erstens zu prüfen, ob die Gesellschaft, die in diesem Staat für das Reisebüro tätig wird, diesem gegenüber nicht selbständig ist.
26 Dazu reicht der vom Valü Added Tax Tribunal hervorgehobene Umstand, daß die Geschäftsräume der englischen Tochtergesellschaft, die eine eigene juristische Rechtspersönlichkeit besitzt, dieser gehören und nicht der DFDS, allein nicht aus, um festzustellen, daß diese von jener tatsächlich unabhängig ist. Im Gegenteil ergibt sich aus den Angaben im Vorlagebeschluß, insbesondere daraus, daß die DFDS das gesamte Gesellschaftskapital ihrer Tochtergesellschaft hält, sowie aus verschiedenen Vertragspflichten, die dieser von ihrer Muttergesellschaft auferlegt wurden, daß die im Vereinigten Königreich niedergelassene Gesellschaft als blosse Hilfsperson der DFDS handelt.
27 Zweitens ist zu untersuchen, ob diese Niederlassung den nach der in Randnummer 20 dieses Urteils angeführten Rechtsprechung erforderlichen Mindestbestand an Personal- und Sachmitteln aufweist.
28 Hierzu ergibt sich aus den im Vorlagebeschluß enthaltenen Angaben zum Sachverhalt, insbesondere zur Zahl der von der im Vereinigten Königreich ansässigen Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer und zu den materiellen Bedingungen, unter denen diese Dienstleistungen für Reisende erbringt, daß diese Gesellschaft tatsächlich die Merkmale einer festen Niederlassung im Sinne der genannten Bestimmungen aufweist.
29 Daher ist zu antworten, daß Artikel 26 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, daß Dienstleistungen, die ein Reiseveranstalter, der seinen Sitz in einem Mitgliedstaat hat, für Reisende durch Vermittlung einer in einem anderen Mitgliedstaat tätigen Gesellschaft erbringt, im letztgenannten Staat der Mehrwertsteuer unterliegen, sofern diese Gesellschaft, die als blosse Hilfsperson des Veranstalters handelt, über die Personal- und Sachmittel verfügt, die eine feste Niederlassung kennzeichnen.
Kosten
30 Die Auslagen der Regierung des Vereinigten Königreichs, der deutschen und der italienischen Regierung sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
(Fünfte Kammer)
auf die ihm vom High Court of Justice (Queen's Bench Division) mit Beschluß vom 18. Juli 1995 vorgelegte Frage für Recht erkannt:
Artikel 26 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, daß Dienstleistungen, die ein Reiseveranstalter, der seinen Sitz in einem Mitgliedstaat hat, für Reisende durch Vermittlung einer in einem anderen Mitgliedstaat tätigen Gesellschaft erbringt, im letztgenannten Staat der Mehrwertsteuer unterliegen, sofern diese Gesellschaft, die als blosse Hilfsperson des Veranstalters handelt, über die Personal- und Sachmittel verfügt, die eine feste Niederlassung kennzeichnen.