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Wichtiger rechtlicher Hinweis

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61998C0196

Schlussanträge des Generalanwalts Saggio vom 12. Oktober 1999. - Regina Virginia Hepple gegen Adjudication Officer und Adjudication Officer gegen Anna Stec. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Social Security Commissioner - Vereinigtes Königreich. - Richtlinie 79/7/EWG - Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit - Leistungen im Rahmen einer Versicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten - Einführung eines Zusammenhangs mit dem Rentenalter. - Rechtssache C-196/98.

Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite I-03701


Schlußanträge des Generalanwalts


1 Dieses Vorabentscheidungsverfahren betrifft die Auslegung der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit(1) (im folgenden: Richtlinie). Die zentrale Frage, die die vorlegende Stelle, der Social Security Commissioner (Vereinigtes Königreich), dem Gerichtshof vorgelegt hat, betrifft die Befugnis der Mitgliedstaaten, eine Leistung im Bereich der sozialen Sicherheit dadurch zu regeln, daß für die Invaliditätsrenten eine sich aus dem unterschiedlichen Rentenalter ergebende unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen eingeführt wird.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsregelung

2 Die Richtlinie hat nach ihrem Artikel 1 zum Ziel, daß "auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit ... der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ... schrittweise verwirklicht wird"(2). Dieser Grundsatz beinhaltet nach Artikel 4 Absatz 1 das Verbot jeglicher "unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ... im besonderen betreffend: ... die Berechnung der Leistungen ... sowie die Bedingungen betreffend die Geltungsdauer und die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die Leistungen". Eine Ungleichbehandlung wird jedoch aufgrund des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie als gerechtfertigt angesehen, der bestimmt, daß die Richtlinie "nicht der Befugnis der Mitgliedstaaten [entgegensteht], folgendes von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen: a) die Festsetzung des Rentenalters für die Gewährung der Altersrente oder Ruhestandsrente und etwaige Auswirkungen daraus auf andere Leistungen". Artikel 5 lautet: "Die Mitgliedstaaten treffen die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Rechts- und Verwaltungsvorschriften beseitigt werden." Weiterhin bestimmt Artikel 8 Absatz 1, daß die Mitgliedstaaten diese Vorschriften binnen sechs Jahren nach der Bekanntgabe in Kraft setzen. Artikel 7 Absatz 2 schließlich sieht eine regelmäßige Überprüfung der aufgrund der genannten Bestimmungen ausgeschlossenen Bereiche durch die Mitgliedstaaten vor, um festzustellen, ob diese Ausnahmen weiterhin gerechtfertigt sind und daher aufrechterhalten werden müssen. Dementsprechend bestimmt Artikel 8 Absatz 2, daß die Mitgliedstaaten die Kommission über die Gründe unterrichten, die in den jeweiligen Rechtsordnungen eine etwaige Beibehaltung der "geltenden Bestimmungen in den unter Artikel 7 Absatz 1 genannten Bereichen rechtfertigen, sowie über die Möglichkeiten einer diesbezüglichen späteren Revision".

Regelung des Vereinigten Königreichs

3 Im Vereinigten Königreich wurde nach dem Gesetz über die soziale Sicherheit von 1975 dem Arbeitnehmer, dessen Erwerbsfähigkeit infolge eines Arbeitsunfalls gemindert war, bis 1986 eine Special Hardship Allowance (Beihilfe in Härtefällen, im folgenden: SHA) Leistung gewährt.

4 Mit dem Social Security Act von 1986 trat eine andere Leistung, die Reduced Earnings Allowance (Beihilfe wegen vermindertem Einkommen, im folgenden: REA), an die Stelle der SHA. Diese neue Leistung besteht in dem Unterschiedsbetrag zwischen den Arbeitseinkommen des Betroffenen vor und nach dem Unfall. Die REA soll praktisch den unfallbedingten Einkommensverlust des Arbeitnehmers ausgleichen.

5 Durch mehrfache Gesetzesänderungen nach 1986 verfolgte der Gesetzgeber des Vereinigten Königreichs das Ziel, die Zahlung der REA auf Personen im Erwerbsalter zu begrenzen, um diese Leistung zum Ausgleich der invaliditätsbedingten Verringerung der beruflichen Einkünfte zu verwenden. Zu diesem Zweck, d. h., um den Arbeitnehmern, die nicht mehr arbeiten, nicht sowohl die Ruhestandsrente als auch den vollen Satz der REA zu gewähren (was mit der Aufgabe dieser Leistungen, die beide den Verlust beruflicher Einkünfte ausgleichen sollten, offensichtlich nicht zu vereinbaren war), wurde der Betrag der REA unter Bezugnahme auf das im Rahmen der Rentenregelung geltende unterschiedliche Rentenalter für Männer und Frauen begrenzt.

6 Die Regelung der sozialen Sicherheit im Vereinigten Königreich, deren Vereinbarkeit mit der Gemeinschaftsrechtsordnung und insbesondere mit der oben genannten Richtlinie im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsverfahrens in Frage gestellt wird, sieht im wesentlichen vor, daß Personen, die einen Arbeitsunfall erlitten oder sich eine Berufskrankheit zugezogen haben, zwischen April 1987 und April 1989 in den Ruhestand getreten sind und vor dem Rentenbeginn den vollen Satz der REA erhalten haben, statt dessen einen "eingefrorenen" REA-Satz erhalten, d. h. einen Satz, der sich auf einen bestimmten Zeitpunkt bezieht und sich nicht entsprechend den nachfolgenden jährlichen Erhöhungen der Lebenshaltungskosten ändern kann(3). Sie bestimmt weiterhin, daß Personen, die später, d. h. nach April 1989, in den Ruhestand getreten sind, sich aber im übrigen in derselben Lage wie die erste Kategorie befinden, den Anspruch auf REA verlieren und, sofern bestimmte Voraussetzungen erfuellt sind, eine Leistung erhalten, die als Retirement Allowance bezeichnet wird (im folgenden: RA) und unter dem eingefrorenen REA-Satz liegt. Die RA, die auf Lebenszeit gewährt wird, beläuft sich auf 25 % des letzten Wochensatzes der REA, den der Berechtigte früher geltend machen konnte, oder auf 10 % des Hoechstsatzes einer Invaliditätsrente(4).

7 Die Regelung sieht ein flexibles Rentenalter für Arbeitnehmer im Vereinigten Königreich vor. Wer keine normale Berufstätigkeit mehr ausübt, kann innerhalb von fünf Jahren nach Erreichen des Rentenalters, das für Männer bei 65 und für Frauen bei 60 Jahren liegt, den Zeitpunkt des Rentenbeginns wählen(5). Wer sich innerhalb dieser Frist nicht entschieden hat, gilt als mit 70 Jahren in den Ruhestand getreten, wenn es sich um einen Mann, und mit 65 Jahren, wenn es sich um eine Frau handelt.

8 Die Festlegung des nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedlichen Rentenalters führt dazu, daß der Zeitpunkt, an dem der Anspruch auf REA wegfällt und an seine Stelle eine gekürzte REA oder eine erheblich niedrigere Leistung wie die RA tritt, für Männer und Frauen unterschiedlich ist.

Sachverhalt und Verfahren

9 Die fünf Verfahren, auf die sich der Vorlagebeschluß bezieht, betreffen die Art und Weise der Berechnung der Invaliditätsrente, genauer gesagt die Auswirkungen des für Männer und Frauen unterschiedlichen Rentenalters auf die Feststellung des Betrages dieser Rente und damit auf den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen. Der Sachverhalt der einzelnen Verfahren, wie er aus dem Vorlagebeschluß hervorgeht, wird im folgenden kurz zusammengefaßt.

10 Frau Spencer, die 1926 geboren wurde, erlitt einen Arbeitsunfall und erhielt ab 1967 SHA, später REA. Sie entschied sich für den Bezug der Ruhestandsrente ab 23. Dezember 1986, dem Zeitpunkt, an dem sie 60 Jahre alt wurde. Die zuständige Behörde teilte ihr mit, daß sie nach Artikel 12 des Anhangs 7 des Social Security Contributions and Benefits Act von 1992 nur einen Anspruch auf den eingefrorenen Satz der REA habe. Auf die Klage der Betroffenen hob das für Verfahren im Bereich der sozialen Sicherheit zuständige Gericht diese Entscheidung auf und sprach ihr einen Anspruch auf den vollen Satz der REA mit der Begründung zu, daß ein ebenfalls 1926 geborener männlicher Arbeitnehmer unter denselben Umständen einen Anspruch auf den vollen Satz dieser Leistung bis zum Alter von 65 Jahren gehabt hätte. Die zuständige Stelle der sozialen Sicherheit legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel mit der Begründung ein, daß Frau Spencer nur die Zahlung des gekürzten Satzes der REA erhalten könne. Frau Spencer machte demgegenüber geltend, daß sie nach der Richtlinie bis zum vollendeten 65. Lebensjahr einen Anspruch auf die volle Leistung habe und daß sie andernfalls gegenüber männlichen Arbeitnehmern diskriminiert würde. Sie machte mit anderen Worten geltend, daß die Gesetzesänderung, mit der die REA auf einen festen Satz gekürzt worden war, mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar sei; sie berief sich dabei darauf, daß ein Mann in derselben Lage wie sie weiterhin einen Anspruch auf den vollen Satz dieser Leistung hätte geltend machen können.

11 Frau Hepple, die 1933 geboren wurde, zog sich eine Berufskrankheit zu und erhielt ab 27. Januar 1987 REA. Diese Leistung wurde ab 31. März 1996 gekürzt, weil sie zu diesem Zeitpunkt das Alter von 60 Jahren überschritten hatte und keine Berufstätigkeit mehr ausübte. Nachdem die Betroffene Klage erhoben hatte, mit der sie unter Berufung auf den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen die Zahlung der vollen REA begehrte, bestätigte das zuständige Gericht die ablehnende Entscheidung der Verwaltung. Frau Hepple legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel ein und machte geltend, daß in Anbetracht des Grundsatzes der Gleichbehandlung die streitige Leistung nicht gekürzt werden könne, bevor sie das Alter von 65 Jahren, d. h. das Rentenalter der Männer, erreicht habe.

12 Frau Stec, die 1933 geboren wurde, erlitt einen Arbeitsunfall und erhielt ab 1990 REA. Diese Leistung wurde ab 31. März 1996 gekürzt, weil Frau Stec zu diesem Zeitpunkt das Alter von 60 Jahren überschritten hatte und keine Berufstätigkeit ausübte. Nachdem die Betroffene Klage erhoben hatte, hob das zuständige Gericht die Entscheidung der Verwaltungsbehörde auf und sprach der Klägerin den Anspruch auf REA zum vollen Satz bis zum Alter von 65 Jahren zu, d. h. bis zum Erreichen des Rentenalters für Männer. Die Verwaltung legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel ein.

13 Die Klägerinnen Hepple und Stec machen somit im wesentlichen geltend, daß die Gesetzesänderung, aufgrund deren eine andere Leistung mit einem festen und niedrigeren Betrag an die Stelle der REA getreten sei, mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar sei; sie beriefen sich hierbei darauf, daß der Einkommensverlust bei gleichen Voraussetzungen die Frauen früher treffe als die Männer.

14 Herr Lunn, der 1923 geboren wurde, erlitt einen Unfall und erhielt ab 12. Mai 1974 SHA, später REA. Er erhielt die Altersrente erstmals 1993 mit vollendetem 70. Lebensjahr. Die ihm gezahlte REA wurde ab 31. März 1996 auf den Betrag der RA gekürzt. Nachdem der Betroffene Klage erhoben hatte, bestätigte das zuständige Gericht die Entscheidung der Verwaltung. Herr Lunn machte in seinem Rechtsmittel gegen diese Entscheidung geltend, daß ihm ein Anspruch auf Gewährung der REA zu einem festen Satz auf Lebenszeit zustehe, da eine Frau im selben Alter wie er eine derartige Leistung ab 1988 erhalten hätte.

15 Herr Kimber, der 1924 geboren wurde, erlitt einen Arbeitsunfall und erhielt ab 1982 SHA, später REA. Er erhielt die Altersrente im Alter von 70 Jahren, d. h. ab 1994. In der Folge wurde seine REA ab 31. März 1996 auf die Sätze der RA gekürzt. Nachdem der Betroffene Klage erhoben hatte, hob das zuständige Gericht die Entscheidung der Verwaltung auf und sprach dem Kläger den Anspruch auf weiteren Bezug der REA zum vollen Satz zu, da eine Frau in derselben Lage diese höhere Leistung erhalten hätte. Einer Frau, die wie Herr Kimber am 30. September 1924 geboren wäre und die sich nicht für den Bezug der Ruhestandsrente vor dem 30. September 1994 entschieden hätte, wäre nämlich die REA ab 30. September 1989 auf den Betrag der RA gekürzt worden. Wenn sie sich aber im Gegenteil dafür entschieden hätte, die Rente ab einem Zeitpunkt zwischen dem 30. September 1988 und dem 9. April 1989 zu beziehen, (was Herr Kimber nicht hätte tun können), hätte sie REA zu einem festen Satz auf Lebenszeit erhalten.

16 Herr Lunn und Herr Kimber beanstanden im wesentlichen, daß ihnen keine REA zu einem festen Satz gezahlt werde, auf die jedoch die Frauen, die sich während desselben Zeitraums in derselben Lage befänden, einen Anspruch hätten, und daß folglich der Betrag, den sie im Rahmen der Regelung der RA erhielten, niedriger sei als der, den eine Frau in der entsprechenden Lage wie sie erhalte. Diese Regelung müsse daher als mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar angesehen werden.

17 Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts besteht die allen fünf Verfahren gemeinsame zentrale Frage darin, ob eine nationale Regelung, die die Gewährung einer Leistung wie der REA an Personen vorsieht, die für die Ausübung einer Berufstätigkeit zu alt sind, eine so schwerwiegende Anomalie darstellt, daß es gerechtfertigt ist, die Gewährung der REA mit Erreichen eines für Männer und Frauen unterschiedlichen Alters einzustellen. Es geht mit anderen Worten darum, festzustellen, ob eine solche gesetzgeberische Entscheidung mit der in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie genannten Ausnahme vereinbar ist.

18 Vor dem oben geschilderten tatsächlichen und rechtlichen Hintergrund hat das vorlegende Gericht dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt:

1. Gestattet Artikel 7 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates es einem Mitgliedstaat, entsprechend dem in der gesetzlichen Regelung der Altersrenten vorgesehenen unterschiedlichen Rentenalter für Männer und Frauen in einer gesetzlichen Regelung für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten verschiedene Altersgrenzen für den Anspruch auf eine Leistung mit den Merkmalen der Reduced Earnings Allowance einzuführen, mit der Folge, daß Männern und Frauen, die sich ansonsten in einer vergleichbaren Lage befinden, aufgrund dieser Regelung verschieden hohe wöchentliche Geldleistungen gezahlt werden, insbesondere, wenn diese Ungleichheit

a) nicht aus finanziellen Gründen im Zusammenhang mit der einen oder der anderen Regelung erforderlich ist, und

b) früher nicht bestand und erstmals viele Jahre nach Erlaß der beiden Regelungen und zudem nach dem 23. Dezember 1984 eingeführt wurde, d. h. dem Zeitpunkt, zu dem die Richtlinie nach Artikel 8 spätestens durchgeführt sein mußte?

2. Falls die Frage 1 bejaht wird: Nach welchen Kriterien ist zu beurteilen, ob ungleiche Altersgrenzen, wie sie in Großbritannien ab 1988/89 für die Reduced Earnings Allowance eingeführt wurden, erforderlich sind, um die Kohärenz zwischen Systemen [dem System der Ruhestandsrenten und dem der Invaliditätsrenten] zu gewährleisten, oder ob sie aus einem anderen Grund unter die Ausnahme [von der Gleichbehandlung] in Artikel 7 fallen?

3. Falls diese unterschiedlichen Altersbedingungen nicht unter die Ausnahme in Artikel 7 fallen: Ist das nationale Gericht (in Ermangelung nationaler Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie) nach dem Grundsatz der unmittelbaren Wirkung verpflichtet, die Ungleichheit dadurch zu beseitigen, daß es jedem Betroffenen eine Zusatzzahlung für jede Woche zuspricht, in der er nach der Regelung für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten einen geringeren Beitrag erhält als eine Person des anderen Geschlechts, die sich in einer vergleichbaren Lage befindet (Vergleichsperson), ohne zu berücksichtigen,

a) daß umgekehrt der Begünstigte in anderen Wochen möglicherweise einen höheren Betrag erhält als die Vergleichsperson und/oder

b) daß nach der Rentenregelung für Männer und Frauen unterschiedliche Optionen bezüglich des Beginns des Rentenalters bestehen oder ausgeübt werden können, wodurch es im Zusammenspiel mit den ungleichen Bedingungen nach der Regelung für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu veränderten (und ungleichen) wöchentlichen Zahlungen nach dieser Regelung kommen kann, und zwar in manchen Wochen zum Vorteil des Betroffenen und in anderen zum Vorteil der Vergleichsperson?

Oder sind diese Punkte zu berücksichtigen, und welche Grundsätze sind dann anzuwenden, wenn man davon ausgeht, daß Artikel 4 unmittelbare Wirkung besitzt?

Die erste und die zweite Frage

19 Zunächst weise ich darauf hin, daß alle Parteien darin übereinstimmen, daß die in Frage stehende Regelung des Vereinigten Königreichs gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt und daß somit im vorliegenden Fall lediglich zu prüfen ist, ob ein solcher Verstoß aufgrund von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie gerechtfertigt sein kann.

20 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Festlegung eines unterschiedlichen Alters für den Bezug der REA, die parallel zu entsprechenden Bestimmungen über das Rentenalter erfolgt, in den Geltungsbereich der genannten Bestimmung fallen kann, insbesondere wenn diese Maßnahmen nicht aufgrund finanzieller Notwendigkeiten geboten sind und bei Inkrafttreten der Richtlinie nicht bestanden. Mit der zweiten Frage, die im engen Zusammenhang mit der ersten steht, fragt das vorlegende Gericht für den Fall, daß die erste Frage bejaht wird, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob das unterschiedliche Rentenalter Auswirkungen auf das System der Invaliditätsrenten hat und ob die Notwendigkeit, die Kohärenz zwischen den beiden Systemen sicherzustellen, oder sonstige, in Artikel 7 berücksichtigte Notwendigkeiten etwaige Diskriminierungen im System der Leistungen bei Invalidität rechtfertigen können. Die Beantwortung der zweiten Frage steht in einem so engen Zusammenhang mit der ersten Frage, daß es angebracht ist, die beiden Fragen gemeinsamen zu prüfen.

21 Aus Gründen der logischen Reihenfolge ist zunächst der Teil der Frage zu prüfen, der unter Buchstabe b angeführt ist und der die Anwendbarkeit der Stillhalteregel auf die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a genannte Ausnahme betrifft. Es ist somit als erstes zu prüfen, ob die Richtlinie den Mitgliedstaaten erlaubt, neue Diskriminierungen aufgrund des unterschiedlichen Rentenalters einzuführen, und zwar neu in dem Sinne, daß sie vor Inkrafttreten der Richtlinie nicht bestanden. Geht man davon aus, daß die Richtlinie eine Stillhalteverpflichtung enthält, erfaßt die Ausnahme zwangsläufig nur die Diskriminierungen, die bei Ablauf der sechsjährigen Frist für die Umsetzung der Richtlinie bestanden, d. h. am 23. Dezember 1984. Würde man diese Annahme dem vorliegenden Fall zugrunde legen, wären die Diskriminierungen von Männern und Frauen, die in der Regelung für Invalidität bestehen, für rechtswidrig zu erklären, da die Bestimmungen, mit denen sie erstmals in die Rechtsordnung des Vereinigten Königreichs eingeführt wurden, 1986 erlassen wurden, also nach dem Inkrafttreten der Richtlinie.

Zur Begründung der Auffassung, daß die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie genannte Ausnahme unter Berücksichtigung der Stillhalteregel ausgelegt werden müsse, berufen sich die Kläger und die Kommission auf den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie. Sie machen geltend, aus Artikel 7 Absatz 2, wonach "[d]ie Mitgliedstaaten ... in regelmäßigen Abständen die aufgrund des Absatzes 1 ausgeschlossenen Bereiche [überprüfen], um festzustellen, ob es unter Berücksichtigung der sozialen Entwicklung in dem Bereich gerechtfertigt ist, die [in Absatz 1 genannten] Ausnahmen aufrechtzuerhalten", gehe hervor, daß es den Mitgliedstaaten freistehe, die dort vorgesehenen Ausnahmen aufrechtzuerhalten, nicht aber, später neue, gleichartige Ausnahmen einzuführen. Die Verwendung des Wortes "aufrechterhalten" und die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die "Beibehaltung" der genannten Bestimmungen in ihrer jeweiligen Rechtsordnung zu rechtfertigen, stütze diese Auffassung.

Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie bestätige ebenfalls diese Auslegung. Dieser Artikel sehe vor, daß die Mitgliedstaaten "die Kommission über die Gründe [unterrichten], die eine etwaige Beibehaltung der geltenden Bestimmungen in den unter Artikel 7 Absatz 1 genannten Bereichen rechtfertigen, sowie über die Möglichkeiten einer diesbezüglichen späteren Revision"(6). Dieser Wortlaut sei dahin auszulegen, daß er voraussetze, daß die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a genannte Ausnahme nur für Diskriminierungen gelte, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie bestanden. Wie bereits ausgeführt, wurden die hier in Rede stehenden Diskriminierungen 1986 in die Rechtsordnung des Vereinigten Königreichs eingeführt, während die 1978 erlassene Richtlinie, wie ich bereits erwähnt habe, vor dem 23. Dezember 1984 umgesetzt sein mußte.

Diese Auslegung werde weiterhin durch den Umstand bestätigt, daß die Richtlinie dadurch gekennzeichnet sei, daß die Verwirklichung der Gleichbehandlung schrittweise erfolgen solle, was notwendigerweise bedeute, daß die auf Artikel 7 Absatz 1 gestützten diskriminierenden nationalen Maßnahmen, deren schrittweise Aufhebung - trotz der Ausnahme - das von der Richtlinie gewollte Ergebnis sei, vorübergehender Natur seien. Artikel 1 der Richtlinie weise ausdrücklich darauf hin, daß die Ziele der Richtlinie schrittweise verwirklicht werden sollten. Hierzu führt die Kommission das Urteil Bramhill von 1994(7) an, in dem der Gerichtshof entschied, daß die Beseitigung einer solchen Diskriminierung für bestimmte, aber nicht für alle Frauen mit Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie (der die Gewährung von Zuschlägen zu bestimmten langfristigen Leistungen erlaube) im Einklang stehe, weil eine derartige Maßnahme, auch wenn sie die Ungleichbehandlung nicht vollständig beseitige, dennoch den Vorzug habe, die ursprünglich bestehenden Diskriminierungen zu verringern.

22 Ich kann den Argumenten für eine enge Auslegung der in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a genannten Ausnahme und somit für die Auffassung, daß die fragliche Regelung des Vereinigten Königreichs mit der Richtlinie unvereinbar sei, nicht folgen, und zwar aus mehreren Gründen.

Erstens ist daran zu erinnern, daß eine Stillhalteregel im allgemeinen ausdrücklich normiert ist, so z. B. in Artikel 37 Absatz 2 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 31 Absatz 2 EG). In der Richtlinie aber finden sich, wie ich zeigen werde, nur recht unbestimmte Anhaltspunkte dafür, daß neue Diskriminierungen, wie behauptet, nicht eingeführt werden dürften, mit Sicherheit aber keine eindeutige Formulierung dieser Regel, obwohl dies meines Erachtens unerläßlich gewesen wäre, da es sich um eine Regel handelt, die den Anwendungsbereich der Richtlinie betrifft, und die Beteiligten, in erster Linie die Arbeitnehmer, daher in der Lage sein müssen, ihr Bestehen und ihre Tragweite ohne weiteres zu erkennen.

Klarheit wird jedoch dadurch geschaffen, daß Artikel 7 Absatz 1 die Grenzen, innerhalb deren es den Mitgliedstaaten freisteht, den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit nicht anzuwenden, mit der allgemeinen Wendung festlegt, daß die Richtlinie "nicht der Befugnis der Mitgliedstaaten [entgegensteht, bestimmte diskriminierende Maßnahmen] von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen", zu denen auch die Festsetzung eines nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedlichen Rentenalters und die etwaigen Auswirkungen daraus auf andere Sozialleistungen gehören. Angesichts ihrer Formulierung hat diese Bestimmung offensichtlich eine allgemeine Bedeutung in dem Sinne, daß sie es den Mitgliedstaaten in erster Linie gestattet, bei Erlaß der betreffenden Bestimmungen bestimmte Formen von Diskriminierungen vom Anwendungsbereich des Gleichheitsgebots auszuschließen, und ihnen zudem erst recht erlaubt, diese Diskriminierungen aufrechtzuerhalten, wenn sie bei Inkrafttreten der Richtlinie bereits bestanden.

Es läßt sich daher nicht sagen, daß die Mitgliedstaaten auf den in Artikel 7 Absatz 1 genannten Gebieten nur tätig werden dürften, um bestehende Diskriminierungen zu beseitigen oder deren Umfang zu beschränken. Die Berufung auf die Artikel 7 Absatz 2 und 8 Absatz 2, die, wie dargelegt, vorsehen, daß die ausgeschlossenen Bereiche regelmäßig darauf hin überprüft werden, ob die Beibehaltung der Ausnahmen gerechtfertigt ist, bzw. die Mitgliedstaaten verpflichten, die Kommission über die Gründe zu unterrichten, die eine etwaige Beibehaltung der geltenden Bestimmungen in den unter Artikel 7 Absatz 1 genannten Bereichen rechtfertigen, stützt diese Auffassung meines Erachtens nicht. Die Berufung auf Artikel 7 Absatz 2 ist unerheblich, da diese Bestimmung die etwaige Einschränkung der in ihrem Absatz 1 vorgesehenen Ausnahmen, nicht aber deren Auswirkungen auf das innerstaatliche Recht betrifft. Auch die Berufung auf Artikel 8 Absatz 2 ist ohne Belang, weil nach der von mir vorgeschlagenen Auslegung von Artikel 7 Absatz 1 unter den geltenden Bestimmungen nicht nur die zu verstehen sind, die bereits bei Inkrafttreten der Richtlinie anwendbar waren, sondern auch die, die nach diesem Zeitpunkt neu erlassen wurden, da in Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 auch im Hinblick auf diese eine Pflicht zur Unterrichtung der Kommission vorgesehen wurde.

Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs in ihrer Klagebeantwortung ausführt, bestimmt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e darüber hinaus, daß die Mitgliedstaaten die Folgen der "zeitlich vor der Verabschiedung [der] Richtlinie"(8) liegenden Ausübung eines Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausschließen können: Diese Bestimmung zeigt deutlich, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber die maßgebliche Vorschrift völlig eindeutig formulierte, wenn er es für erforderlich hielt, den Anwendungsbereich der Ausnahme dadurch zu begrenzen, daß er diese von Voraussetzungen abhängig machte, die bereits vor der Verabschiedung der Richtlinie erfuellt sein mußten. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hätte die einschlägigen Vorschriften ebenso deutlich formuliert, wenn er die Tragweite sämtlicher Ausnahmen, die in Artikel 7 Absatz 1 aufgeführt sind, durch eine Stillhaltepflicht hätte einschränken wollen.

23 Dies sind die Vorschriften des in Betracht kommenden sekundären Gemeinschaftsrechts. Aber die Berufung auf die Stillhaltepflicht erscheint mir jedenfalls auch aufgrund allgemeinerer Überlegungen nicht wirklich relevant. Es ist nämlich davon auszugehen, daß sich die Frage, ob eine Stillhaltepflicht bezüglich bestimmter Vorschriften des sekundären Rechts besteht, aus einsichtigen Gründen nicht bei Vorliegen einer dahin gehenden ausdrücklichen Bestimmung stellt, denn in diesem Fall hat ein Gericht nur den Umfang der von ihm anzuwendenden ausdrücklichen Beschränkung zu bestimmen. Anders liegt es jedoch, wenn eine solche Bestimmung fehlt. So verhält es sich im allgemeinen bei den Richtlinien, so daß gelegentlich die Auffassung vertreten wird, daß eine Richtlinie vor Ablauf der Frist für ihre Umsetzung in nationales Recht den Mitgliedstaaten die Möglichkeit versperrt, Vorschriften zu erlassen, die die nachfolgende Umsetzung der Richtlinie gefährden könnten(9). Aber der vorliegende Fall kann keiner dieser beiden Alternativen zugeordnet werden, da die Richtlinie hier mit Artikel 7 Absatz 1 eine Bestimmung enthält, die den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Befugnis verleiht, bestimmte Bereiche von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen.

Eine Stillhaltepflicht ist außerdem nur vorstellbar, wenn die Frist zur Umsetzung der Richtlinie noch nicht abgelaufen ist(10). Im vorliegenden Fall ist aber unstreitig, daß die neuen Bestimmungen des Vereinigten Königreichs nach Ablauf der sechsjährigen Frist zur Umsetzung der Richtlinie erlassen wurden, so daß sie nicht in den typischen Rahmen einer sich aus einer Richtlinie ergebenden Stillhaltepflicht fallen, die nur für die Zeit vor Ablauf der Umsetzungsfrist vorstellbar ist. In einem solchen Fall stellt nämlich das Verhalten eines Mitgliedstaats, das mit seinen Verpflichtungen aus der Richtlinie unvereinbar ist, keinen Verstoß gegen die Stillhaltepflicht, sondern einen Verstoß gegen die Verpflichtungen dar, die sich unmittelbar aus dem spezifischen Inhalt der nicht umgesetzten Richtlinie und/oder den allgemeinen, in der Richtlinie zum Ausdruck kommenden Grundsätzen ergeben.

24 Nachdem ich zum Ergebnis gekommen bin, daß eine Stillhaltepflicht nicht besteht, ist jetzt zu prüfen, ob eine Regelung wie die im vorliegenden Fall, mit der eine für Männer und Frauen unterschiedliche Behandlung im Bereich der Leistungen bei Invalidität eingeführt wird, als nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a gerechtfertigt angesehen werden kann. Es ist mit anderen Worten zu prüfen, welche Art von Zusammenhang zwischen dem unterschiedlichen Rentenalter und den Diskriminierungen im Rahmen sonstiger Sozialleistungen bestehen muß, damit diese als nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a gerechtfertigt angesehen werden können. Ich erinnere daran, daß die Mitgliedstaaten nach dieser Bestimmung die Befugnis behalten, die Festsetzung des Alters, in dem die Arbeitnehmer den Anspruch auf die "Altersrente oder Ruhestandsrente" erwerben, sowie die Auswirkungen, die die Entscheidung für bestimmte Altersgrenzen auf andere Leistungen der sozialen Sicherheit haben kann, vom Anwendungsbereich der Richtlinie auszuschließen.

Um diese Frage zu beantworten, ist somit zu prüfen, ob dieses für Männer und Frauen unterschiedliche System der Invaliditätsrente als "Auswirkung" der Festsetzung von für Männer und Frauen unterschiedlichen Altersgrenzen für den Erwerb des Anspruchs auf Altersrente und Ruhestandsrente im Sinne der soeben genannten Bestimmung angesehen werden kann.

25 Diese Frage ist nicht neu. Der Gerichtshof hat sich mit ihr bereits in mehreren Urteilen befaßt, in denen es um vergleichbare Sachverhalte ging. Ich werde im folgenden die beiden wichtigsten Urteile mit ihrem wesentlichen Inhalt darstellen.

Im Urteil vom 30. März 1993 in der Rechtssache C-328/91, Thomas u. a.(11), befaßte sich der Gerichtshof mit der Frage, ob eine nationale Bestimmung, nach der Leistungen bei Invalidität solchen Personen nicht gewährt werden, die das Rentenalter überschritten haben, mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar ist, wenn dieses Alter für Männer und Frauen unterschiedlich ist. Der Gerichtshof stellte fest, daß eine solche Bestimmung zwar gegen den genannten Grundsatz verstoße, jedoch nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie gerechtfertigt sei, soweit es sich um eine etwaige Auswirkung der Festsetzung unterschiedlicher Rentenalter auf andere Leistungen als Altersrenten handele. Der Gerichtshof entschied, daß eine solche Rechtfertigung gegeben sei, wenn die Diskriminierungen "notwendig und objektiv mit dem unterschiedlichen Rentenalter verbunden sind", genauer gesagt, wenn sie "objektiv erforderlich sind, um zu verhindern, daß das finanzielle Gleichgewicht des Sozialversicherungssystems gefährdet wird, oder um die Kohärenz zwischen dem System der Ruhestandsrenten und dem System der anderen Leistungen zu gewährleisten"(12). Es sei Sache des innerstaatlichen Gerichts, festzustellen, ob es sich um eine Diskriminierung handele, die objektiv erforderlich sei, um zu verhindern, daß das finanzielle Gleichgewicht des Sozialversicherungssystems gefährdet werde, oder um die Kohärenz zwischen dem System der Ruhestandsrenten und dem System der anderen Leistungen zu gewährleisten(13). Gleichwohl könne der Gerichtshof dem innerstaatlichen Gericht Hinweise geben, die diesem die Entscheidung ermöglichten(14). Unter Hinweis auf die Notwendigkeit, ein finanzielles Gleichgewicht zwischen dem Altersrentensystem und anderen Sozialleistungssystemen aufrechtzuerhalten, stellte der Gerichtshof auch fest, daß "es keinen unmittelbaren Einfluß auf das finanzielle Gleichgewicht von beitragsabhängigen Rentensystemen [hat]", wenn Personen, bei denen bestimmte Risiken eingetreten seien, ungeachtet ihrer Ansprüche auf Altersrenten nach Maßgabe von Beitragszeiten Leistungen im Rahmen von beitragsfreien Systemen gewährt würden(15). Ausgehend von diesen Voraussetzungen, wies der Gerichtshof das innerstaatliche Gericht darauf hin, daß die britische Regelung im Bereich der Leistungen bei Invalidität nicht als eine Auswirkung der unterschiedlichen Rentenalter angesehen werden könne, da sie nicht erforderlich sei, um die Kohärenz und das finanzielle Gleichgewicht des Rentensystems zu garantieren, wobei es natürlich Sache des innerstaatlichen Gerichts sei, festzustellen, ob diese Voraussetzung im konkreten Fall erfuellt sei.

In seinem Urteil vom 11. August 1995 in der Rechtssache C-92/94, Graham u. a.(16), wiederholte der Gerichtshof die in den vorangegangenen Urteilen vertretene Auffassung, daß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie nicht nur die gesetzliche Festsetzung eines nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedlichen gesetzlichen Rentenalters für die Gewährung der Alters- und der Ruhestandsrente zulasse, sondern auch alle Diskriminierungen in anderen Sozialleistungssystemen, die notwendig und objektiv mit dem unterschiedlichen Rentenalter verbunden seien. Nach dieser Bestimmung hält der Gerichtshof eine innerstaatliche Regelung (im Hinblick auf die Richtlinie) für zulässig, die zunächst das Rentenalter für Männer auf 65 Jahre und für Frauen auf 60 Jahre festsetzt und sodann zum einen bestimmt, daß die Höhe der Invaliditätsrente für Personen, die vor Erreichung des Rentenalters arbeitsunfähig werden, bei Frauen ab dem vollendeten 60. und bei Männern ab dem vollendeten 65. Lebensjahr durch die tatsächliche Höhe der Altersrente begrenzt wird, und zum anderen Frauen, die vor Vollendung des 55. Lebensjahrs, und Männern, die vor Vollendung des 60. Lebensjahrs arbeitsunfähig geworden sind, eine zusätzlich zur Invaliditätsrente gezahlte Invaliditätsbeihilfe gewährt. Der Gerichtshof kommt zu diesem Ergebnis, weil er der Auffassung ist, daß die diskriminierende Natur der genannten Bestimmungen, die der Begrenzung und der Beihilfe zur Invaliditätsrente in dem genannten Sinne innewohne, gerechtfertigt sei, da die Bestimmungen in den Anwendungsbereich der in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie genannten Ausnahme fielen, weil sie notwendig und objektiv mit dem unterschiedlichen Rentenalter verbunden seien(17). Hierzu stellte der Gerichtshof fest, daß diese Diskriminierungen "objektiv erforderlich sind, um zu verhindern, daß das finanzielle Gleichgewicht des Sozialversicherungssystems gefährdet wird, oder um die Kohärenz zwischen dem System der Altersrenten und dem System der anderen Leistungen zu gewährleisten"(18). Die fraglichen Diskriminierungen seien objektiv mit der Festsetzung eines für Frauen und Männer unterschiedlichen Rentenalters verbunden, da sie sich unmittelbar daraus ergäben, daß ein unterschiedliches Rentenalter festgesetzt sei(19). Diese Diskriminierungen seien außerdem notwendig mit dem unterschiedlichen Rentenalter verbunden, da die Leistungen bei Invalidität die Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit ersetzen sollten, so daß nichts gegen die Regelung eines Mitgliedstaats spreche, nach der diese Leistungen ab dem Zeitpunkt, ab dem die Begünstigten wegen Erreichens der Altersgrenze ohnehin aus dem Arbeitsleben ausschieden, nicht mehr gewährt werden und an ihre Stelle eine Altersrente trete(20). Würde Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a dahin ausgelegt, daß es einem Mitgliedstaat verboten sei, die Höhe der Leistungen zu begrenzen, die den Arbeitnehmern vor Erreichen des Rentenalters zu zahlen seien, und daß dieser Betrag in einer Höhe festzusetzen sei, der der Altersrente entspreche, auf die diese Personen Anspruch bei Eintritt in den Ruhestand gehabt hätten, so würde insoweit seine Befugnis eingeschränkt, ein unterschiedliches Rentenalter festzusetzen, obwohl diese Bestimmung den Mitgliedstaaten ausdrücklich diese Befugnis zugesprochen habe(21). Eine derartig restriktive Auslegung würde auch dazu führen, daß die Kohärenz zwischen dem System der Altersrenten und dem System der Invaliditätsleistungen gefährdet würde, weil a) die Mitgliedstaaten den Arbeitnehmern, die vor Erreichen des Rentenalters arbeitsunfähig werden, keine Leistungen bei Invalidität gewähren könnten, die die Altersrenten überstiegen, jedoch den Einkünften entsprächen, die sie bis zur Erreichung des Rentenalters erhielten, wenn sie weiterhin gearbeitet hätten, und b) Frauen eine Invaliditätsrente in Höhe der vollen Altersrente bezögen, wenn ihnen, um die Gleichbehandlung von Männern und Frauen zu gewährleisten, die ihnen ab dem vollendeten 60. Lebensjahr zustehende Invaliditätsrente wie bei den Männern erst im Alter von 65 Jahren zugesprochen würde(22).

26 Nach dieser Rechtsprechung kann eine Diskriminierung im Bereich der sozialen Sicherheit nur dann als nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a gerechtfertigt angesehen werden, wenn sie die notwendige "Auswirkung" des für Männer und Frauen unterschiedlichen Rentenalters ist. Die Urteile Thomas u. a. und Graham u. a., die oben in ihren wesentlichen Teilen dargestellt wurden, zeigen die Richtung für die Entscheidung im vorliegenden Fall an. In diesen beiden Urteilen hat der Gerichtshof festgestellt, daß eine vorhandene Diskriminierung, die ihren Grund im unterschiedlichen Rentenalter habe (es ging in diesen Rechtssachen ebenso wie auch in der vorliegenden um Invaliditätsrenten, für die eine nach Maßgabe des Rentenalters unterschiedliche Regelung galt), als eine "Auswirkung" dieses Unterschieds angesehen werden könne, wenn sie objektiv erforderlich sei, um das finanzielle Gleichgewicht des Sozialversicherungssystems oder die Kohärenz zwischen dem System der Ruhestandsrenten und dem System der anderen Leistungen zu garantieren. Er hat ferner festgestellt, daß diese Diskriminierungen objektiv mit dem Rentenalter verbunden seien, da sie sich unmittelbar daraus ergäben, daß ein nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedliches Rentenalter festgesetzt worden sei, und daß sie notwendig mit dieser Voraussetzung verbunden seien, weil die Invaliditätsrente an die Stelle des Arbeitseinkommens trete und ihr Zweck grundsätzlich entfalle, wenn der Ruhestand erreicht sei und Arbeitseinkommen folglich nicht mehr erzielt werde. Im Urteil Graham u. a. hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, daß die eingeführten Diskriminierungen nur dann gerechtfertigt seien, wenn sie die Kohärenz zwischen den beiden Systemen in zweierlei Hinsicht garantierten: erstens, weil die Mitgliedstaaten den Arbeitnehmern, die vor Erreichen des Rentenalters arbeitsunfähig würden, keine Leistungen bei Invalidität gewähren könnten, die den Einkünften entsprächen, die sie bis zum Erreichen des Rentenalters erhielten, wenn sie weiterhin hätten arbeiten könnten, und zweitens, weil die Frauen eine Invaliditätsrente in Höhe der vollen Altersrente bezögen, wenn ihnen, um die Gleichbehandlung von Männern und Frauen zu gewährleisten, die Invaliditätsrente im selben Alter wie den Männern, d. h. mit 65 Jahren, gewährt würde.

27 Vorliegend betreffen die Diskriminierungen, mit denen das vorlegende Gericht befaßt ist, in drei Fällen Frauen und in zwei Fällen Männer. Frau Spencer macht geltend, daß dadurch, daß die eingefrorene REA für Arbeitnehmerinnen, die wie sie zwischen April 1987 und April 1989 in den Ruhestand getreten seien, an die Stelle der REA zum vollen Satz getreten sei, sich die von ihr bezogene Leistung verschlechtert habe im Vergleich zu der entsprechenden Leistung, die den Männern zustehe, die erst später mit 65 Jahren in den Ruhestand getreten seien und sich im übrigen in einer vergleichbaren Lage befänden, aber die Möglichkeit gehabt hätten, ihren Anspruch auf den vollen Satz der REA zu behalten. Die Klägerinnen Frau Hepple und Frau Stec machen geltend, sie seien dadurch, daß bei Erreichen des Rentenalters eine geringere Beihilfe, die RA, an die Stelle der REA getreten sei, schlechter gestellt worden als Männer in einer vergleichbaren Lage, da Frauen früher als Männer in den Ruhestand träten und folglich früher als diese nicht mehr den vollen Satz der Invaliditätsrente erhielten. Die Kläger Lunn und Kimber berufen sich auf eine entgegengesetzte Diskriminierung, d. h. eine Diskriminierung, die sich zugunsten der Frauen und zu Lasten der Männer auswirke. Sie machen geltend, ihnen sei der feste Satz der REA nicht gezahlt worden, da sie in der Zeit von April 1987 bis April 1989 noch nicht das Rentenalter erreicht hätten, während es gleichaltrigen Frauen unter denselben Voraussetzungen möglich gewesen sei, in den Ruhestand zu treten und damit den Anspruch auf den vollen (wenn auch eingefrorenen) Satz der REA zu erwerben.

Alle von den Klägern gerügten und oben dargestellten Diskriminierungen sind ohne jeden Zweifel ursächlich mit dem für Männer und Frauen unterschiedlichen Rentenalter verbunden. Zur Beantwortung der ersten Frage ist daher zu prüfen, ob die eingeführten Diskriminierungen in dem Sinne objektiv erforderlich sind, daß die Mitgliedstaaten ohne sie ein nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedliches Rentenalter nicht in ihre jeweiligen Rechtsordnungen hätten einführen können.

28 Die Kläger und die Kommission, deren Vorbringen weitgehend übereinstimmt, bestreiten, daß zwischen dem unterschiedlichen Rentenalter und den ab 1986 eingeführten Vorschriften über die Invalidität eine notwendige Beziehung besteht.

29 Die Kläger machen geltend, daß die Regelung des Vereinigten Königreichs, soweit sie eine Verbindung zwischen den Altersrenten und den Invaliditätsrenten herstelle, nicht mit dem von der Richtlinie garantierten Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sei und nicht als im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a gerechtfertigt angesehen werden könne. Zur Begründung ihrer Auffassung führen sie aus, daß vor der Reform von 1986 das System der Ruhestandsrenten und das der Invaliditätsrenten (die damals nicht mit dem Rentenalter verbunden waren und dem Berechtigten auf Lebenszeit gezahlt wurden) nebeneinander bestanden hätten, ohne daß es dabei Probleme gegeben habe. Dies wird vom vorlegenden Gericht bestätigt, das ausdrücklich feststellt, daß das unterschiedliche Rentenalter "seit 1948 beinahe 40 Jahre neben dem ... Industrial Injuries Scheme bestanden" habe; folglich hätte die "REA ... unverändert bleiben können, oder es hätte ein nichtdiskriminierendes Alter für den Wegfall festgesetzt werden können, ohne daß die Rentenregelung, wie sie stets funktioniert hatte, gestört worden wäre"(23).

30 Ähnlich trägt die Kommission in erster Linie vor, daß die streitige Bestimmung Ausnahmecharakter habe und daher restriktiv auszulegen sei. Es steht aber außer Frage, daß die Ausnahmen des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a eine den in der Richtlinie festgelegten Modalitäten und Fristen unterliegende Ausnahme von der allgemeinen Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Bereich der sozialen Sicherheit sind. Ich habe bereits dargelegt, wie dieser Umstand die Auslegung der genannten Bestimmung in einem Zusammenhang wie dem vorliegenden beeinflussen kann.

31 Diese Bemerkungen sind meines Erachtens sachgerecht. Es kann schwerlich die Auffassung vertreten werden, daß das unterschiedliche Rentenalter die Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts - seien es Diskriminierungen der Frauen oder der Männer -, zu denen das im Vereinigten Königreich geltende System der Invaliditätsrenten führt, unerläßlich macht. Diese Diskriminierungen sind wohl eher das Ergebnis einer (freiwilligen) Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, der die Gleichbehandlung opferte, um, wie es im Vorlagebeschluß heißt, "eine kostspielige Anomalie" zu beseitigen und um insbesondere nicht "weiterhin eine Leistung wie die REA ... an Begünstigte zu zahlen, die aus Altersgründen nicht mehr arbeiten können"(24). Ferner sind, wie aus dem Vorlagebeschluß hervorgeht, diese Diskriminierungen nicht objektiv erforderlich, um zu verhindern, daß das finanzielle Gleichgewicht des Sozialversicherungssystems gefährdet wird. Ich bin daher der Ansicht, daß die Diskriminierungen, die die Regelung des Vereinigten Königreichs kennzeichnen, nicht die optimale Lösung des Problems sind und daß das Verhältnis zwischen den beiden Systemen sachgerechter gestaltet werden muß. Berücksichtigt man darüber hinaus die Notwendigkeit, darüber zu wachen, daß neue Formen von Diskriminierung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar sind, so liegt es um so mehr auf der Hand, daß der Umstand, daß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a die sich aus einem unterschiedlichen Rentenalter ergebenden Diskriminierungen zuläßt, nicht dahin ausgelegt werden darf, daß nur die mechanische Übertragung unterschiedlicher Altersgrenzen auf die Systeme der Leistungen bei Invalidität zulässig ist. Vielmehr muß gerade das Erfordernis, daß die Gleichbehandlung durch die Ausnahme so wenig wie möglich gefährdet wird, zu einer Auslegung dieser Bestimmung in dem Sinne führen, daß die Mitgliedstaaten - soweit wie nötig und im Rahmen des Möglichen - Maßnahmen zu ergreifen haben, die so bemessen sind, daß weder der Zweck der Richtlinie noch das grundlegende Erfordernis, die Beachtung der Gleichbehandlung sicherzustellen, vereitelt wird.

Die Kommission trägt sodann unter Bezugnahme auf die Urteile Thomas u. a. und Graham u. a. vor, daß die Diskriminierungen, die ab 1986 in das System der Invaliditätsrenten eingeführt wurden, nicht aufgrund des nach Maßgabe der Geschlechts unterschiedlichen Rentenalters objektiv erforderlich geworden seien, weil sie weder aufgrund finanzieller Erfordernisse noch aufgrund der Notwendigkeit, die Kohärenz zwischen dem System der Altersrenten und dem der Invaliditätsrenten zu garantieren, geboten gewesen seien.

Ebenso wie die Kläger trägt die Kommission auch vor, daß die beiden Systeme seit 1948 problemlos nebeneinander bestanden hätten, obwohl das Kriterium des "Rentenalters" für die Zahlung der Invaliditätsrente und für die Bestimmung ihrer Höhe überhaupt nicht berücksichtigt worden sei. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß dieses Argument nicht ganz unbegründet ist.

32 Das Vereinigte Königreich macht demgegenüber in der Klagebeantwortung geltend, daß die streitigen Diskriminierungen durch die Notwendigkeit gerechtfertigt seien, die Kohärenz zwischen dem System der Altersrente und dem der Invaliditätsrente zu garantieren. Die Invaliditätsrente solle einen Verlust beruflicher Einkünfte ausgleichen, und es sei daher unlogisch, wenn der Empfänger einer solchen Leistung diese auch noch erhalte, nachdem er das Rentenalter erreicht habe, d. h. über den Zeitpunkt hinaus, bis zu dem er bestenfalls berufliche Einkünfte erzielt hätte. Die Regierung des Vereinigten Königreichs beruft sich hierfür in ihrer Klagebeantwortung auf das Urteil Graham u. a., in dem festgestellt wurde, daß "die Leistungen bei Invalidität die Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit ersetzen sollen und deshalb nichts gegen die Regelung eines Mitgliedstaats spricht, nach der diese Leistungen ab dem Zeitpunkt, ab dem die Begünstigten wegen Erreichung der Altersgrenze ohnehin mit der Arbeit aufhören würden, nicht mehr gewährt werden und an ihre Stelle eine Altersrente tritt"(25).

33 Dieses Argument kann nicht durchgreifen. Es steht außer Frage, daß es den Mitgliedstaaten unbenommen bleibt, das System der Invaliditätsrente durch Festlegung der Bezugsdauer und der Höhe der Rente zu bestimmen. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob es sich um eine schrankenlose Freiheit handelt, ob und inwieweit also der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hier eine Rolle spielen.

Zur Begründung dafür, daß es den Mitgliedstaaten freisteht, Diskriminierungen im System der Invaliditätsrenten einzuführen, die in engem Zusammenhang mit der Festlegung des nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedlichen Rentenalters stehen, heißt es im Urteil Graham u. a., daß das Verbot eines solchen Vorgehens "die Kohärenz zwischen dem System der Altersrenten und dem System der Invaliditätsleistungen zumindest in zweierlei Hinsicht gefährden [würde]": erstens, weil das Verbot verhindern würde, daß Männern, die vor Erreichen des Rentenalters arbeitsunfähig werden, Leistungen bei Invalidität gewährt werden, die die Altersrente übersteigen, die ihnen tatsächlich zustuende, wenn sie bis zur Erreichung des Rentenalters gearbeitet hätten, während das Verbot es gestatten würde, daß Frauen, die das Rentenalter überschritten haben, eine insgesamt höhere Altersrente gewährt würde, als ihnen tatsächlich zustuende; zweitens, weil die Frauen, wenn sie die gekürzte Invaliditätsrente wie bei den Männern ab Vollendung des 65. Lebensjahr statt ab dem vollendeten 60. Lebensjahr bezögen, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahr einen Anspruch auf eine Invaliditätsrente in Höhe der Altersrente hätten, sofern ihre Arbeitsunfähigkeit vor dem Rentenalter eintritt, d. h. vor Vollendung des 60. Lebensjahrs(26).

34 Dieses Argument mag auf den ersten Blick überzeugend erscheinen. Andererseits jedoch hat die Regierung des Vereinigten Königreichs nicht nachgewiesen, daß es unmöglich ist, das System logisch einzurichten, d. h., die Kohärenz des Systems der Altersrente und des Systems der Invaliditätsrente herzustellen, ohne neue oder jedenfalls so schwerwiegende Diskriminierungen hervorzurufen. Hierbei ist von Bedeutung, daß das vorlegende Gericht, wie bereits erwähnt, der Auffassung ist, daß "ein nichtdiskriminierendes Alter für den Wegfall [hätte] festgesetzt werden können, ohne daß die Rentenregelung ... gestört worden wäre". Nach unserem Kenntnisstand läßt sich nicht auszuschließen, daß es andere Maßnahmen gibt, die dem Erfordernis Rechnung trügen, die Gleichbehandlung, die den Zweck der Richtlinie darstellt und den allgemeinen Grundsätzen des Systems entspricht, zu garantieren. Zur Rechtfertigung der Ausnahme reicht es nicht aus, die mangelnde Kohärenz der Beziehung zwischen den beiden Systemen aufzuzeigen, die mit den Reformen seit 1986 errichtet wurden. Es ist vielmehr nachzuweisen, daß der mangelnden Kohärenz nur mittels der Maßnahmen abgeholfen werden konnte, für die sich der Gesetzgeber des Vereinigten Königreichs entschieden hatte (und somit dadurch, daß im System der Invaliditätsrenten neue Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts eingeführt wurden), und daß die Maßnahme darüber hinaus in Ansehung des verfolgten Ziels verhältnismäßig ist.

Die Feststellung dieser Tatsachen ist auf jeden Fall Sache des vorlegenden Gerichts, dem der Gerichtshof allenfalls Hinweise geben kann(27).

35 Die Regierung des Vereinigten Königreichs beruft sich wiederum auf das Urteil Graham u. a.(28), um vorzutragen, daß eine Auslegung des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a dahin, daß dieser den Mitgliedstaaten verbiete, die Leistungen bei Invalidität für Personen im Rentenalter zu begrenzen, die ihnen von dieser Bestimmung ausdrücklich und unbedingt zuerkannte Befugnis, ein nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedliches Rentenalter festzusetzen, einschränken oder sogar aufheben würde.

Auch dieses Argument überzeugt nicht, da es, wie ich bereits gezeigt habe, den Mitgliedstaaten zur Gewährleistung der Kohärenz zwischen den beiden Systemen freisteht, Lösungen zu suchen und anzuwenden, die nicht in der mechanischen Übertragung des unterschiedlichen Rentenalters auf das System der Invaliditätsrenten bestehen und keine Diskriminierungen hervorrufen. Ich weise nochmals darauf hin, daß nicht nachgewiesen worden ist, daß es keine anderen Lösungen gibt, sondern Grund zur Annahme besteht, daß auch auf die Höhe und die Bezugsdauer der Invaliditätsrente eingewirkt werden könnte.

36 Schließlich muß für die Auslegung des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a notwendigerweise der Grundsatz der Gleichbehandlung in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 Absatz 2 EG) berücksichtigt werden, wonach "[die Mitgliedstaaten] alle Maßnahmen [unterlassen], welche die Verwirklichung der Ziele [des] Vertrags gefährden könnten"(29). Zu diesen Zielen ist auch die Gleichbehandlung zu zählen, die die Richtlinie in einem bestimmten Sektor verwirklichen soll(30).

37 Vor diesem Hintergrund muß in Betracht gezogen werden, daß diskriminierende Bestimmungen, die nach dem Inkrafttreten der Richtlinie eingeführt wurden und in abstracto unter die Ausnahme des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a fallen können, den Grundsatz der Gleichbehandlung, der in Bezug auf Arbeitnehmer in Artikel 119 EG-Vertrag (die Artikel 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Artikel 136 EG bis 143 EG ersetzt worden) genannt wird und den die Richtlinie in einem bestimmten Sektor, nämlich dem der sozialen Sicherheit, umsetzt, über die Maßen (d. h. in einem Maß, das außer Verhältnis zum Ziel steht) preisgeben und auf diese Weise verhindern können, daß die Richtlinie ihren Zweck erfuellt. Unter diesem Gesichtspunkt wird die allgemeine Systematik der Richtlinie bedeutsam, die im wesentlichen darin besteht, die vorhandenen Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit schrittweise binnen sechs Jahren so zu korrigieren, daß sie mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen übereinstimmen. Hieraus folgt, daß eine diskriminierende Bestimmung, die von ihrem Inhalt her die Ziele der Richtlinie gefährdet, als mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar angesehen werden kann, selbst wenn sie dem Wortlaut der Ausnahmevorschrift entspricht. Die Unvereinbarkeit kann sich auch daraus ergeben, daß, wie bereits mehrfach erwähnt, dasselbe Ergebnis mit anderen Maßnahmen hätte erreicht werden können, die aufgrund ihres spezifischen Inhalts und deshalb, weil mit ihnen ergänzende Bestimmungen mit ausgleichender Wirkung einhergehen, die Gleichbehandlung nicht oder nur in geringerem Maße preisgeben.

38 Ich schlage daher vor, die erste und die zweite Frage so zu beantworten, daß die Mitgliedstaaten befugt sind, als Voraussetzung für den Bezug einer Leistung bei Invalidität nach Maßgabe des Geschlechts ungleiche Altersvoraussetzungen festzusetzen, die mit den entsprechenden für den Altersruhestand geltenden Voraussetzungen verbunden sind, und so Männern und Frauen in - abgesehen vom Geschlecht - völlig gleicher Lage unterschiedlich hohe Invaliditätsrenten zu gewähren. Dieser Unterschied muß jedoch in dem Sinne erforderlich sein, um die Kohärenz zwischen dem System der Altersrente und dem System der Invaliditätsrente zu gewährleisten, daß die Beeinträchtigung des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Rahmen des Systems der Leistungen bei Invalidität zum einen unvermeidbar in Anbetracht der Festlegung unterschiedlicher Rentenalter ist und zum anderen zur Erreichung des angestrebten Zieles sowohl unerläßlich als auch in Ansehung dieses Zieles verhältnismäßig ist. Diese Fragen hat das nationale Gericht zu beurteilen. Die Mitgliedstaaten können von dieser Befugnis ausnahmsweise auch Gebrauch machen, um diskriminierende Bestimmungen einzuführen, die bei Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie nicht bestanden, allerdings nur unter Einhaltung der vorstehend genannten Voraussetzungen und, soweit erforderlich, unter gleichzeitiger Festlegung von geeigneten Ausgleichsleistungen oder von Änderungen in den Berechnungsmodalitäten der Invaliditätsrente, um die Auswirkungen der diskriminierenden Bestimmungen auszugleichen. Auch hier ist es Sache des nationalen Gerichts, die erforderlichen Würdigungen vorzunehmen und vor allem zu prüfen, ob die Umstände die diskriminierenden Bestimmungen rechtfertigen können.

Die dritte Frage

39 Wenn das nationale Gericht als Ergebnis dieser Beurteilung feststellt, daß die Diskriminierungen im Bereich der Leistungen bei Invalidität nicht nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a gerechtfertigt und somit nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, stellt sich die Frage nach den Mitteln, die das Recht dem einzelnen zur Verfügung stellt, um sich gegenüber den Wirkungen der Diskriminierungen auf seine Rechtsstellung konkret zur Wehr setzen zu können. Allgemeiner geht es darum, welche Wirkungen ein Urteil in einem Vorabentscheidungsverfahren über die Auslegung auf die nationalen Vorschriften, die an die betreffenden Gemeinschaftsvorschriften anknüpfen, und damit auf die Rechtsstellung von Personen hat, die die unmittelbare Anwendung dieser Gemeinschaftsvorschriften geltend machen können.

Zu diesem Aspekt des Verfahrens möchte das vorlegende Gericht wissen, ob und innerhalb welcher Grenzen sich die diskriminierten Arbeitnehmer in Ermangelung nationaler Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie gemäß der Lehre von der unmittelbaren Wirkung an das nationale Gericht wenden können, um eine zusätzliche Leistung zu erhalten, und wie die Höhe dieser Leistung zu bestimmen ist.

40 Ich weise darauf hin, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes Personen, die unter Verstoß gegen Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie diskriminiert werden, Anspruch auf die gleiche Behandlung wie die privilegierten Personen haben, die sich, abgesehen vom unterschiedlichen Geschlecht, in der gleichen Lage wie jene befinden. Die Behandlung, die diesen Personen mangels Umsetzung der Richtlinie gewährt wird, wird allgemein als "das einzige gültige Bezugssystem" angesehen, um die Folgen der Diskriminierung zu beseitigen(31).

Diese allgemeine Aussage entspricht ständiger Rechtsprechung und wird auch von den Parteien anerkannt. Es bleibt jedoch zu prüfen, nach welchen Kriterien die zusätzliche Leistung, die die Gleichbehandlung wiederherstellen soll, quantitativ zu bestimmen ist. Insoweit möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen die Frage beantwortet sehen, ob bei dieser Berechnung nicht nur die nachteilige Lage der diskriminierten Person durch Vergleich mit der Lage der Vergleichsperson zu berücksichtigen ist, sondern auch sämtliche differentiellen Vorteile, die eine diskriminierte Person in bestimmten Fällen aufgrund anderer Gesichtspunkte derselben Regelung der sozialen Sicherheit erhält. Demgemäß möchte es ebenfalls wissen, ob bei dieser Berechnung auch verschiedene Optionen zu berücksichtigen sind, die den Arbeitnehmern unter Bezugnahme auf das nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedliche Rentenalter angeboten (und gegebenenfalls von ihnen ausgeübt) werden und durch die es zur Gewährung von Leistungen an die diskriminierte Person kommen kann, durch die diese gegenüber der Vergleichsperson mehr oder weniger stark begünstigt wird.

41 Diese Frage ist zu bejahen. Zu diesem Ergebnis komme ich aufgrund der folgenden Überlegungen.

Der Anspruch auf eine Zusatzleistung zur Invaliditätsrente hat seine Rechtsgrundlage im Gemeinschaftsrecht, genauer gesagt in dem in Artikel 119 EG-Vertrag verankerten Grundsatz des gleichen Entgelts für Arbeitnehmer, der in Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie zum Ausdruck kommt. Für die Anwendung dieses Grundsatzes im Einzelfall ist, wie bereits gesagt, als Maßstab die entsprechende Behandlung der Vergleichspersonen heranzuziehen. Dabei sind alle Vorteile zu berücksichtigen, die die nationale Regelung der Vergleichsperson aufgrund von Invaliditätsrenten garantiert. Die Anwendung dieses Maßstabs bedeutet daher nicht lediglich, daß, wie die Kommission offensichtlich meint, die für die Vergleichspersonen geltende nationale Regelung auf die benachteiligten Personen ausgedehnt wird: Ein solches Vorgehen würde im Grunde darauf hinauslaufen, daß bestimmten nationalen Vorschriften eine andere und größere Tragweite zuerkannt wird, als sie tatsächlich haben, und würde damit die Rechtsgrundlage des Anspruchs auf die vollständige Leistung, die sich, wie dargelegt, aus dem Gemeinschaftssystem und nicht aus den nationalen Rechtsordnungen herleitet, wesentlich ändern. Zur Bestimmung der Beträge der zusätzlichen Invaliditätsrente reicht es ferner nicht aus, sich auf die mit dem Alter verbundenen differentiellen Vor- oder Nachteile zu beziehen, sondern es ist auch zu prüfen, wie sich die Optionen, auf die in Buchstabe b der dritten Frage hingewiesen wird, auf die genannten Beträge auswirken können: Diese haben nämlich auch Auswirkungen auf die Vorteile, die das System den Betroffenen garantiert, und können somit das Verhältnis zwischen den Leistungen für Männer und denen für Frauen ändern oder sogar umkehren.

Dieses Ergebnis wird durch die unterschiedlichen Positionen der Kläger der Ausgangsverfahren bestätigt, die eine Lösung in jedem Einzelfall verlangen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, die relevanten Würdigungen vorzunehmen und auf ihrer Grundlage die Höhe der zusätzlichen Leistung zu bestimmen.

42 An dieser Stelle sei erneut darauf hingewiesen, daß die Verpflichtung des nationalen Gesetzgebers, die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Maßnahmen durchzuführen, bestehenbleibt. Auf diese Verpflichtung muß ich mit Nachdruck besonders deswegen hinweisen, weil festzustellen ist, daß die Klagen, die aufgrund der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsgrundsatzes der Gleichbehandlung zulässig sind, wegen der Schwierigkeit, in jedem Einzelfall den als Maßstab für die zusätzliche Leistung zu beachtenden differentiellen Vorteil für die Vergleichsperson zu bewerten, auf praktischer Ebene großen Hindernissen begegnen werden, und weil bei Klagen ohnehin mit der Möglichkeit unterschiedlicher Gerichtsentscheidungen und mit der Schwierigkeit zu rechnen ist, unterschiedliche Orientierungen in der Praxis miteinander zu vereinbaren.

43 Zuletzt möchte ich auf einen heiklen Punkt eingehen, mit dem sich die Parteien nicht befaßt haben. Kommt das nationale Gericht, nachdem es die oben genannten, in seine Zuständigkeit fallenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen hat, zum Ergebnis, daß die Regelung des Vereinigten Königreichs mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar ist, kann der Gerichtshof unter Umständen von Amts wegen prüfen, ob es in Anbetracht des Inhalts und der Auswirkungen dieser Entscheidung möglich und zweckmäßig ist, die rückwirkende Kraft der Entscheidung nach Maßgabe des Urteils Barber(32) zu beschränken.

Ergebnis

44 Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Social Security Commissioner vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1. Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, daß die Mitgliedstaaten befugt sind, als Voraussetzung für den Bezug einer Leistung wie der in der Regelung des Vereinigten Königreichs für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten vorgesehenen Reduced Earnings Allowance (REA: Beihilfe wegen verminderten Einkommens) ein nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedliches Alter festzusetzen, das mit den ebenfalls nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedlichen Altersvoraussetzungen für den Bezug von Altersrenten verbunden ist. Diese Verbindung und die sich hieraus ergebenden, nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedlichen Beträge der Leistungen bei Invalidität müssen jedoch erforderlich sein, um die Kohärenz zwischen dem System der Altersrente und dem System der Invaliditätsrenten zu garantieren. Diese Kohärenz liegt vor, wenn die Ausnahme von der Gleichbehandlung notwendige Folge der Festlegung unterschiedlicher Rentenalter in dem Sinne ist, daß die Unterschiedlichkeit nicht ohne entsprechende Änderung im System der Leistungen bei Invalidität eingeführt werden kann und darüber hinaus in Ansehung des Ergebnisses, das mit ihr erreicht werden soll, verhältnismäßig ist. Es ist Sache des nationalen Gerichts, die entsprechenden Feststellungen zu treffen. Die Mitgliedstaaten können von dieser Befugnis ausnahmsweise auch Gebrauch machen, um diskriminierende Bestimmungen einzuführen, die bei Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie nicht bestanden, allerdings nur unter Einhaltung der vorstehend genannten Voraussetzungen und, soweit erforderlich, unter gleichzeitiger Festlegung von geeigneten Ausgleichsleistungen oder von Änderungen in den Berechnungsmodalitäten der zusätzlichen Leistung bei Invalidität, um die Auswirkungen der diskriminierenden Bestimmungen auszugleichen. Auch hier ist es Sache des nationalen Gerichts, die erforderlichen Würdigungen vorzunehmen, d. h., zu prüfen, ob die Umstände die diskriminierenden Bestimmungen rechtfertigen können.

2. Wenn die Bestimmungen im Bereich der sozialen Sicherheit nicht in den Anwendungsbereich der Ausnahme des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a fallen und keine nationale Regelung zur Umsetzung der Richtlinie vorhanden ist, sind die diskriminierten Personen befugt, die nationalen Gerichte anzurufen, um nach Artikel 119 EG-Vertrag (die Artikel 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Artikel 136 EG bis 143 EG ersetzt worden) und Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie eine zusätzliche Leistung bei Invalidität zu erhalten. Der Betrag dieser Leistung beläuft sich auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert der Leistung, die der Vergleichsperson zusteht, und dem der Leistung, die nach den als mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar angesehenen nationalen Bestimmungen der diskriminierten Person zusteht. Unter der Leistung, die der Vergleichsperson zusteht, sind alle Vorteile im Zusammenhang mit der Leistung bei Invalidität zu verstehen, die die nationale Regelung dieser Person garantiert. Es ist Sache des nationalen Gerichts, diesen Vergleichswert in jedem Einzelfall zu bestimmen.

(1) - ABl. 1979, L 6, S. 24.

(2) - Hervorhebung von mir.

(3) - Vgl. Artikel 12 des Anhangs 7 des Social Security Contributions and Benefits Act von 1992.

(4) - Vgl. Artikel 13 des Anhangs 7 des Social Security Contributions and Benefits Act von 1992.

(5) - Laut Social Security Contributions and Benefits Act von 1992 in der Fassung des Pension Act von 1995.

(6) - Hervorhebung von mir.

(7) - Urteil vom 7. Juli 1994 in der Rechtssache C-420/92 (Slg. 1994, I-3191, Randnr. 21).

(8) - Hervorhebung von mir.

(9) - Vgl. hierzu Schlußanträge des Generalanwalts Mancini in der Rechtssache 30/85 (Urteil vom 11. Juni 1987, Teuling, Slg. 1987, 2497, 2507, insbesondere 2513 und 2514). Vgl. auch Schlußanträge des Generalanwalts Darmon in der Rechtssache C-229/89 (Urteil vom 7. Mai 1991, Kommission/Belgien, Slg. 1991, I-2205, I-2216, insbesondere I-2222).

(10) - Vgl. hierzu Urteil vom 18. Dezember 1997 in der Rechtssache C-129/96 (Inter-Environnement Wallonie, Slg. 1997, I-7411, Randnr. 45). Siehe auch die Schlußanträge des Generalanwalts Darmon, zitiert in Fußnote 9.

(11) - Slg. 1993, I-1247.

(12) - Randnr. 12.

(13) - Randnr. 13.

(14) - Ibidem.

(15) - Randnr. 14.

(16) - Slg. 1995, I-2521.

(17) - Randnr. 11.

(18) - Randnr. 12.

(19) - Randnr. 13.

(20) - Randnr. 14.

(21) - Randnr. 15.

(22) - Siehe auch Urteil vom 7. Juli 1992 in der Rechtssache C-9/91 (Equal Opportunities Commission, Slg. 1992, I-4297), wonach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie nicht nur die Festsetzung eines nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedlichen Rentenalters für die Gewährung von Alters- und Ruhestandsrente erlaube, sondern auch Formen der Diskriminierung, die notwendig mit diesem Unterschied verbunden seien. Nach diesem Kriterium sei die Regelung, daß Beitragszeiten, die für Männer und Frauen unterschiedlich sind, einen Rentenanspruch gleicher Höhe begründeten, als zulässig anzusehen, da sich das unterschiedliche Rentenalter von Männern und Frauen ohne eine Änderung des bestehenden finanziellen Gleichgewichts nicht beibehalten lasse, wenn die Ungleichbehandlung hinsichtlich der Beitragszeiten nicht ebenfalls beibehalten werde (Randnr. 16). Eine Auslegung des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a, nach der die Anwendung der Ausnahme ausgeschlossen wäre, d. h., die nicht zuließe, daß unterschiedlich hohe Beiträge zu gleich hohen Renten führen könnten, weil für Männer und Frau unterschiedliche Rentenalter vorgesehen seien, wäre äußerst restriktiv, da sie einerseits die Einführung unterschiedlicher Rentenalter zuließe und andererseits die Anwendung dieser Regelung in der Praxis dadurch verhindern würde, daß die Verpflichtung bestände, "eine allgemeine Anpassung des Beitrags- und Leistungssystems" innerhalb einer recht kurzen Frist vorzunehmen, d. h. vor Ablauf der in Artikel 8 der Richtlinie (hierfür) gesetzten Frist von sechs Jahren. Dies würde ein finanzielles Gleichgewicht, das darauf beruhe, daß Männer und Frauen jeweils bis zu ihrem - unterschiedlichen - Rentenalter beitragspflichtig seien, grundlegend umgestalten (Randnr. 18). Die vom Gesetzgeber beschlossene schrittweise Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen (Artikel 1 der Richtlinie) könne nämlich, so der Gerichtshof, nicht gewährleistet werden, wenn die Tragweite der von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a gewährten Ausnahme restriktiv ausgelegt werde. Ausgehend von der Feststellung, daß die Ausnahme nur zulässig sei, wenn sie erforderlich sei, um das Ziel dieser Bestimmung der Richtlinie zu erreichen, d. h., um den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, Rentenalter festzusetzen, die für Männer und Frauen unterschiedlich sind, erkannte der Gerichtshof daher an, daß etwaige Diskriminierungen bei der Verpflichtung zur Zahlung von Rentenbeiträgen und bei deren Berechnung "notwendig [mit dem unterschiedlichen Rentenalter] verbunden sind". Siehe auch jüngst Urteil vom 19. Oktober 1995 in der Rechtssache C-137/94 (Richardson, Slg. 1995, I-3407), in dem der Gerichtshof untersuchte, ob Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a es einem Mitgliedstaat, der gemäß dieser Vorschrift das Rentenalter für Frauen auf 60 Jahre und für Männer auf 65 Jahre festgesetzt hat, gestattet, darüber hinaus Frauen vom vollendeten 60. Lebensjahr, Männer dagegen erst vom 65. Lebensjahr an von der Rezeptgebühr zu befreien. Der Gerichtshof entschied, daß die Diskriminierung bei der Befreiung von der Rezeptgebühr nicht unter die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a genannte Ausnahme falle, da sie keine notwendige Auswirkung des unterschiedlichen Rentenalters sei. Der Gerichtshof kam zu diesem Ergebnis aufgrund der allgemeinen Erwägung, daß es keinen unmittelbaren Einfluß auf das finanzielle Gleichgewicht von beitragsabhängigen Rentensystemen habe, wenn ungeachtet der Ansprüche des Betroffenen auf Altersrenten Leistungen im Rahmen von beitragsfreien Systemen gewährt wurden (Randnrn. 20, 21, 22, 23 und 24), und weil es, um die Kohärenz zwischen dem System der Ruhestandsrenten und den sonstigen Systemen der sozialen Sicherheit zu gewährleisten, nicht notwendig sei, daß die Befreiung von der Rezeptgebühr bei Erreichen eines Alters - des Rentenalters - einsetze, das nach Maßgabe des Geschlechts unterschiedlich festgesetzt werde und nicht zwangsläufig das Alter sei, mit dem die Erwerbstätigkeit tatsächlich ende und folglich das Einkommen sinke (Randnrn. 25, 26 und 27).

(23) - Nr. 27 des Vorlagebeschlusses.

(24) - Nr. 28 des Vorlagebeschlusses.

(25) - Randnr. 14.

(26) - Randnrn. 16, 17 und 18.

(27) - Vgl. in diesem Sinne Urteil Thomas u. a., zitiert in Fußnote 11.

(28) - Randnr. 15.

(29) - Vgl. Schlußanträge des Generalanwalts Darmon in der Rechtssache Kommission/Belgien, zitiert in Fußnote 9.

(30) - Vgl. Schlußanträge des Generalanwalts Mancini in der Rechtssache Teuling, zitiert in Fußnote 9.

(31) - In diesem Sinne vgl. u. a. Urteile vom 24. Februar 1994 in der Rechtssache C-343/92 (Roks u. a., Slg. 1994, I-571, Randnr. 18), vom 28. September 1994 in der Rechtssache C-408/92 (Avdel Systems, Slg. 1994, I-4435, Randnr. 16) und vom 28. September 1994 in der Rechtssache C-28/93 (van den Akker u. a., Slg. 1994, I-4527, Randnr. 17).

(32) - Urteil vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-262/88 (Slg. 1990, I-1889). Vgl. in gleichem Sinne Urteil vom 8. April 1976 in der Rechtssache 43/75 (Defrenne, Slg. 1976, 455).