Avis juridique important
Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 7. März 2002. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Finnland. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats- Artikel 2 und 28 Absatz 3 Buchstabe b sowie Anhang F Nummer 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie - Akte über den Beitritt der Republik Finnland - Befreiung der Dienstleistungen der Autoren, Künstler und Interpreten von Kunstwerken - Übergangsbestimmungen. - Rechtssache C-169/00.
Sammlung der Rechtsprechung 2002 Seite I-02433
Leitsätze
Parteien
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor
Steuerrecht - Harmonisierung - Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem - Befugnis der Mitgliedstaaten, bestimmte Steuerbefreiungen vorläufig beizubehalten - Dienstleistungen von Autoren, Künstlern und Interpreten - Begriff - Erstmalige Veräußerung eines Kunstwerks durch den Urheber selbst - Ausnahme - Vertragsverletzung eins Mitgliedstaats
(Richtlinie 77/388 des Rates, Artikel 2 und Anhang F Nr. 2)
$$Ein Mitgliedstaat verstößt gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, wenn er eine Regelung beibehält, nach der sowohl der Verkauf eines Kunstgegenstands unmittelbar durch dessen Urheber oder einen Vermittler als auch die Einfuhr eines Kunstwerks durch den Urheber, der zugleich Eigentümer ist, von der Mehrwertsteuer befreit sind. Bei einer engen Auslegung des Wortlauts der Befreiung nach Anhang F Nummer 2 der Sechsten Richtlinie für Dienstleistungen von Autoren, Künstlern und Interpreten" erfasst dieser Begriff nicht die Lieferung von Kunstgegenständen, auch wenn es sich um die erstmalige Lieferung durch den Urheber oder dessen Vermittler handelt.
( vgl. Randnrn. 35 und 36 und Tenor )
In der Rechtssache C-169/00
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Paasivirta und E. Traversa als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Republik Finnland, vertreten durch E. Bygglin als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen Feststellung, dass die Republik Finnland gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) verstoßen hat, indem sie eine Regelung beibehalten hat, nach der die Lieferung von Kunstwerken durch den Urheber oder dessen Vermittler sowie die Einfuhr unmittelbar vom Urheber erworbener Kunstwerke von der Mehrwertsteuer befreit sind,
erlässt
DER GERICHTSHOF
(Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter S. von Bahr (Berichterstatter) und A. La Pergola,
Generalanwalt: L. A. Geelhoed
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. September 2001,
folgendes
Urteil
1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 8. Mai 2000 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG eine Klage auf Feststellung erhoben, dass die Republik Finnland gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1; im Folgenden: Sechste Richtlinie) verstoßen hat, indem sie eine Regelung beibehalten hat, nach der die Lieferung von Kunstwerken durch den Urheber oder dessen Vermittler sowie die Einfuhr unmittelbar vom Urheber erworbener Kunstwerke von der Mehrwertsteuer befreit sind.
Die Gemeinschaftsregelung 2 Artikel 2 der Sechsten Richtlinie bestimmt:
"Der Mehrwertsteuer unterliegen:
1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;
2. die Einfuhr von Gegenständen."
3 Artikel 5 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie sieht vor: "Als Lieferung eines Gegenstands gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen."
4 Artikel 6 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie bestimmt: "Als Dienstleistung gilt jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstands im Sinne des Artikels 5 ist."
5 Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie sieht vor:
"Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der ermäßigte oder ein ermäßigter Steuersatz, den sie gemäß Buchstabe a Unterabsatz 3 anwenden, auch auf die Einfuhr von Kunstgegenständen ... anwendbar ist.
Wenn die Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, können sie diesen ermäßigten Steuersatz auch auf Lieferungen von Kunstgegenständen ... anwenden,
- die von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern bewirkt werden;
- ..."
6 Artikel 13 Teil A der Sechsten Richtlinie mit der Überschrift "Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten" sieht in seinem Absatz 1 Buchstabe n vor:
"Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
...
n) bestimmte kulturelle Dienstleistungen und eng damit verbundene Lieferungen von Gegenständen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannten Einrichtungen erbracht werden."
7 Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten während der in Absatz 4 genannten Übergangszeit "die in Anhang F aufgeführten Umsätze unter den in den Mitgliedstaaten bestehenden Bedingungen weiterhin befreien" können.
8 Anhang F der Sechsten Richtlinie, der eine Liste der Umsätze enthält, die nach der vorgenannten Bestimmung befreit werden können, führt in Nummer 2 die "Dienstleistungen der Autoren, Künstler und Interpreten von Kunstwerken sowie Dienstleistungen von Rechtsanwälten und Angehörigen anderer freier Berufe" auf.
9 Anhang XV Titel IX Nummer 2 Buchstabe n Absatz 1 erster Gedankenstrich der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassung der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1; im Folgenden: Beitrittsakte) bestimmt:
"Die Republik Finnland kann bei der Anwendung von Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b Folgendes von der Mehrwertsteuer befreien, solange dieselben Befreiungen für einen der derzeitigen Mitgliedstaaten gelten:
- Dienstleistungen von Autoren, Künstlern und Interpreten gemäß Anhang F Nummer 2 ..."
Die finnischen Rechtsvorschriften
10 In Finnland richtet sich die Mehrwertsteuer nach dem Arvonlisäverolaki (Mehrwertsteuergesetz) Nr. 1501 vom 30. Dezember 1993 (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz), das am 1. Juni 1994 in Kraft getreten ist.
11 § 46 des Mehrwertsteuergesetzes bestimmt:
"Der Verkauf eines Kunstgegenstands im Sinne von § 79c durch seinen Urheber oder der Verkauf eines im Eigentum des Urhebers stehenden Kunstgegenstands durch einen Vermittler ist von der Steuer befreit."
12 § 79c des Mehrwertsteuergesetzes legt fest, welche Gegenstände als Kunstgegenstände anzusehen sind.
13 § 94 Absatz 1 Unterabsatz 2 des Mehrwertsteuergesetzes befreit auch die Einfuhr eines Kunstgegenstands im Sinne des § 79c, der im Eigentum seines Urhebers steht, von der Mehrwertsteuer.
Sachverhalt und Vorverfahren
14 Da die Kommission der Ansicht war, dass die Republik Finnland gegen die Sechste Richtlinie, insbesondere deren Artikel 2 verstoßen hat, indem sie im nationalen Recht Vorschriften beibehalten hat, nach denen die Lieferung von Kunstwerken durch den Urheber oder dessen Vermittler und die Einfuhr unmittelbar vom Urheber erworbener Kunstwerke von der Mehrwertsteuer befreit sind, leitete sie ein Vertragsverletzungsverfahren ein.
15 Nachdem die Kommission die Republik Finnland aufgefordert hatte, sich hierzu zu äußern, gab sie am 4. November 1998 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie den Mitgliedstaat aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu erlassen, um dieser Stellungnahme binnen zwei Monaten vom Zeitpunkt ihrer Mitteilung an nachzukommen. Die finnischen Behörden machten in ihrer Antwort geltend, dass die beanstandete Steuerbefreiung mit Anhang XV Titel IX Absatz 2 Buchstabe n der Beitrittsakte in Einklang stehe, und bestritten jegliche Vertragsverletzung. Aufgrund dessen hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.
Zur Klage
Vorbringen der Parteien
16 Die Kommission macht geltend, dass die Republik Finnland gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 der Sechsten Richtlinie verstoßen habe, indem sie eine Regelung beibehalten habe, nach der die Lieferung von Kunstwerken durch den Urheber oder dessen Vermittler sowie die Einfuhr unmittelbar vom Urheber erworbener Kunstwerke von der Mehrwertsteuer befreit seien.
17 Die Kommission verweist auf den Grundsatz in Artikel 2 der Sechsten Richtlinie, dass die Lieferungen und Einfuhren von Gegenständen der Mehrwertsteuer unterlägen. Die Möglichkeit der Mehrwertsteuerbefreiung für die Lieferung oder Einfuhr von Kunstgegenständen sei in der Sechsten Richtlinie nicht vorgesehen, auch wenn diese Lieferung durch den Urheber oder dessen Vermittler erfolge. So würden in Anhang F der Sechsten Richtlinie, der eine Liste der Umsätze enthalte, die von der Steuer befreit werden könnten, in Nummer 2 nur die Dienstleistungen der Autoren, Künstler und Interpreten von Kunstwerken genannt, so dass der Verkauf und die Einfuhr von Kunstgegenständen von dieser Ausnahme nicht erfasst würden. Nach Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie bestehe die Möglichkeit, auf die Lieferung und Einfuhr von Kunstgegenständen einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden.
18 Die Auslegung der Ausnahme in Nummer 2 des Anhangs F der Sechsten Richtlinie müsse vom Wortlaut dieser Bestimmung ausgehen. Zudem müsse diese Bestimmung eng ausgelegt werden, da es sich um eine Ausnahme von der grundsätzlichen Regelung handele.
19 Die finnische Regierung wendet hiergegen ein, dass die Republik Finnland bei ihrem Beitritt zur Europäischen Union eine Ausnahmeregelung ausgehandelt habe, die es ihr erlaube, die im nationalen Recht vorgesehene Befreiung der Werke der Bildenden Kunst, die im Eigentum des Künstlers ständen, beizubehalten.
20 Eine Auslegung des Anhangs F Nummer 2 der Sechsten Richtlinie dürfe im Falle des Erstverkaufs eines Kunstwerks durch den Künstler selbst und im Falle der Einfuhr durch den Künstler, der gleichzeitig Eigentümer sei, nicht allein auf den Wortlaut dieser Bestimmung abstellen. Eine solche Auslegung würde den Anwendungsbereich dieser Bestimmung so verengen, dass er fast beseitigt würde, und würde beinahe nur noch die Malerei von Fresken erfassen, bei denen das Kunstwerk unmittelbar auf einem im Eigentum des Erwerbers stehenden Gebäude entstehe.
21 Bei der Auslegung des Anhangs F Nummer 2 der Sechsten Richtlinie sei dem Zweck dieser Bestimmung, dem rechtlichen Zusammenhang, d. h. den anderen für kulturelle Tätigkeiten geltenden Bestimmungen der Sechsten Richtlinie, sowie dem Grundsatz der Steuerneutralität Rechnung zu tragen. Auch sei zu berücksichtigen, dass der erstmalige Verkauf eines Kunstgegenstands, dessen Wesen die Einmaligkeit der künstlerischen Schöpfung sei, etwas Besonderes sei.
22 Zweck des Anhangs F Nummer 2 der Sechsten Richtlinie sei, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, ihre nationalen Vorschriften über die Befreiung der Tätigkeit der Autoren, Künstler und Interpreten von Kunstwerken beizubehalten.
23 Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe n der Sechsten Richtlinie, der bestimmte kulturelle Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer befreie, bringe die besondere Stellung künstlerischer Tätigkeiten im Rahmen der Sechsten Richtlinie zum Ausdruck.
24 Eine streng am Wortlaut des Anhangs F Nummer 2 der Sechsten Richtlinie ausgerichtete Auslegung würde den Grundsatz der Steuerneutralität beeinträchtigen. Sie würde nämlich zu einer steuerlichen Unterscheidung der künstlerischen Formen führen, je nachdem, ob die Übertragung des Kunstwerks durch die Veräußerung einer beweglichen Sache erfolge oder nicht.
25 Bezüglich der Vermittlungsgebühr für Kunstwerke, die im Eigentum des Urhebers stehen, räumt die finnische Regierung dagegen die Begründetheit der Klage ein.
Würdigung durch den Gerichtshof
26 Die vorliegende Klage betrifft die Frage, ob die Republik Finnland die Veräußerung eines Kunstwerks durch den Urheber oder einen Vermittler sowie die Einfuhr eines Kunstwerks durch den Urheber, der zugleich Eigentümer ist, gemäß dem finnischen Mehrwertsteuergesetz von der Mehrwertsteuer befreien kann.
27 Zur Beurteilung der Vereinbarkeit der streitigen finnischen Regelung mit der Sechsten Richtlinie und der Beitrittsakte sind zunächst die für den vorliegenden Fall bedeutsamen Merkmale des Gemeinsamen Mehrwertsteuersystems in Erinnerung zu rufen.
28 Nach Artikel 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, sowie die Einfuhr von Gegenständen.
29 In den Artikeln 5 und 6 der Sechsten Richtlinie sind die Lieferungen von Gegenständen sowie die Dienstleistungen definiert. Nach Artikel 5 Absatz 1 gilt als Lieferung eines Gegenstands die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen. Nach Artikel 6 Absatz 1 gilt als Dienstleistung jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstands im Sinne des Artikels 5 ist.
30 Nach der Beitrittsakte kann die Republik Finnland für den in Artikel 28 der Sechsten Richtlinie genannten Übergangszeitraum Dienstleistungen von Autoren, Künstlern und Interpreten gemäß Anhang F Nummer 2 der Sechsten Richtlinie weiterhin von der Mehrwertsteuer befreien, solange dieselbe Befreiung für einen der alten Mitgliedstaaten gilt.
31 Somit ist der Begriff der Dienstleistungen von Künstlern auszulegen, um entscheiden zu können, ob dieser Begriff auch die erstmalige Veräußerung von Kunstgegenständen durch den Urheber selbst umfasst, wie die Republik Finnland geltend macht, oder ob eine solche Veräußerung, wie die Kommission meint, eine Lieferung von Gegenständen darstellt, die nicht von der Mehrwertsteuer befreit ist.
32 Die Befreiung gemäß Anhang F Nummer 2 der Sechsten Richtlinie ist eine Ausnahme von der durch diese Richtlinie durchgeführten Harmonisierung der Mehrwertsteuerregelungen.
33 Nach ständiger Rechtsprechung sind die Begriffe eng auszulegen, mit denen die Steuerbefreiungen umschrieben sind, die Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt (vgl. u. a. in diesem Sinne Urteile vom 15. Juni 1989 in der Rechtssache 348/87, Stichting Uitvoering Financiële Acties, Slg. 1989, 1737, Randnr. 13, vom 11. August 1995 in der Rechtssache C-453/93, Bulthuis-Griffioen, Slg. 1995, I-2341, Randnr. 19, vom 7. September 1999 in der Rechtssache C-216/97, Gregg, Slg. 1999, I-4947, Randnr. 12, und vom 18. Januar 2001 in der Rechtssache C-210/99, Stockholm Lindöpark, Slg. 2001, I-493, Randnr. 25).
34 Im vorliegenden Fall ist eine enge Auslegung umso mehr gerechtfertigt, als es sich bei der Nummer 2 des Anhangs F der Sechsten Richtlinie nicht um eine harmonisierte Ausnahme, die Bestandteil der Mehrwertsteuerregelung ist, sondern um eine nur für einen vorübergehenden Zeitraum zugelassene Ausnahme handelt.
35 Bei einer engen Auslegung des Wortlauts der in Rede stehenden Befreiung erfasst der Begriff der Dienstleistungen der Künstler nicht die Lieferung von Kunstgegenständen, auch wenn diese durch den Urheber oder dessen Vermittler erfolgt. Eine solche Veräußerung ist somit eine Lieferung von Gegenständen, die nicht von der Mehrwertsteuer befreit ist.
36 Entgegen der Meinung der Republik Finnland lässt sich aus dem Zweck der Befreiung der Dienstleistungen der Künstler oder aus dem rechtlichen Zusammenhang dieser Befreiung, d. h. den anderen für kulturelle Tätigkeiten geltenden Bestimmungen der Sechsten Richtlinie, nicht herleiten, dass die Ausnahme auch auf die erstmalige Lieferung von Kunstgegenständen erstreckt werden kann.
37 Nach alledem ist die erstmalige Veräußerung eines Kunstwerks durch den Urheber selbst als Lieferung eines Gegenstands und damit als nicht von der Mehrwertsteuer befreit anzusehen.
38 Somit ist festzustellen, dass die Republik Finnland gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 der Sechsten Richtlinie verstoßen hat, indem sie eine Regelung beibehalten hat, nach der sowohl der Verkauf eines Kunstgegenstands unmittelbar durch dessen Urheber oder einen Vermittler als auch die Einfuhr eines Kunstwerks durch den Urheber, der zugleich Eigentümer ist, von der Mehrwertsteuer befreit sind.
Kosten
39 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Republik Finnland beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind der Republik Finnland die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
(Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Republik Finnland hat gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage verstoßen, indem sie eine Regelung beibehalten hat, nach der sowohl der Verkauf eines Kunstgegenstands unmittelbar durch dessen Urheber oder einen Vermittler als auch die Einfuhr eines Kunstwerks durch den Urheber, der zugleich Eigentümer ist, von der Mehrwertsteuer befreit sind.
2. Die Republik Finnland trägt die Kosten des Verfahrens.