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Rechtssache T-211/05

Italienische Republik

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

„Staatliche Beihilfen – Beihilferegelung der italienischen Behörden zugunsten von Unternehmen, die neu zur Notierung an der Börse zugelassen werden – Entscheidung, mit der die Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Begründungspflicht – Selektiver Charakter – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Beeinträchtigung des Wettbewerbs“

Leitsätze des Urteils

1.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Vorprüfungsphase und kontradiktorische Prüfungsphase – Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt – Beurteilungsschwierigkeiten – Verpflichtung der Kommission, das kontradiktorische Prüfungsverfahren einzuleiten – Verpflichtung, die Beihilfemaßnahme zunächst mit dem betroffenen Mitgliedstaat zu erörtern und die Sachlage im Licht der von diesem mitgeteilten Gesichtspunkte zu prüfen

(Art. 87 Abs. 1 EG und 88 Abs. 2 und 3 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 4 Abs. 4)

2.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Geltung für Verwaltungsverfahren vor der Kommission – Prüfung von Beihilfevorhaben

(Art. 88 Abs. 3 EG)

3.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten – Begründungspflicht

(Art. 88 Abs. 2 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 6 Abs. 1)

4.      Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird – Begründungspflicht

(Art. 88 Abs. 2 EG und 253 EG)

5.      Staatliche Beihilfen – Begriff – Selektiver Charakter der Maßnahme – Steuervergünstigung für neu zur Notierung an der Börse zugelassene Unternehmen – Einbeziehung – Rechtfertigung mit der Natur und der Struktur des nationalen Steuersystems – Dem betroffenen Mitgliedstaat obliegender Nachweis

(Art. 87 Abs. 1 EG)

6.      Staatliche Beihilfen – Beeinträchtigung des Handelsverkehrs zwischen Mitgliedstaaten – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beihilfe geringen Umfangs in einem Sektor mit lebhaftem Wettbewerb

(Art. 87 Abs. 1 EG)

7.      Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Beihilfen, die unter die Ausnahmeregelung des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG fallen können

(Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG)

1.      Im Rahmen des in Art. 88 EG vorgesehenen Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen ist zu unterscheiden zwischen der Phase der Vorprüfung der Beihilfen nach Art. 88 Abs. 3 EG, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu ermöglichen, und der in Art. 88 Abs. 2 EG geregelten förmlichen Prüfungsphase. Nur in dieser Phase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gegebenheiten des Falles zu verschaffen, sieht der EG-Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Nach Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] ist die Kommission verpflichtet, das Verfahren des Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten, wenn sie bei einer ersten Prüfung nicht alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Frage ausräumen konnte, ob eine ihrer Kontrolle unterliegende staatliche Maßnahme eine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG darstellt; dies gilt zumindest dann, wenn sie bei dieser ersten Prüfung nicht die Überzeugung gewinnen konnte, dass die betreffende Maßnahme, wenn sie denn eine Beihilfe sein sollte, auf jeden Fall mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

In Anbetracht der rechtlichen Folgen einer Entscheidung, das Verfahren des Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen, indem Maßnahmen vorläufig als neue Beihilfen eingestuft werden, obwohl der betroffene Mitgliedstaat mit dieser Einstufung womöglich nicht einverstanden ist, muss die Kommission die fraglichen Maßnahmen zunächst mit dem betroffenen Mitgliedstaat erörtern, damit dieser ihr gegebenenfalls mitteilen kann, dass diese Maßnahmen seiner Auffassung nach keine Beihilfen oder dass sie bestehende Beihilfen darstellen.

(vgl. Randnrn. 35-37)

2.      Im Rahmen eines Vorprüfungsverfahrens gebietet es die Wahrung der Verteidigungsrechte, dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit zu geben, zu den Aspekten Stellung zu nehmen, auf die die Kommission ihre Beurteilung gestützt hat. Eine Verletzung dieser Rechte in dieser Phase führt aber nur dann zu einer Nichtigerklärung der endgültigen Entscheidung, wenn das Verfahren ohne diese Verletzung zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Die Beweislast hierfür trägt der betroffene Mitgliedstaat, da eine Verletzung der Verteidigungsrechte einen Formfehler darstellt, der es verlangt, dass der Betroffene die spezielle negative Auswirkung des Verstoßes auf seine subjektiven Rechte geltend macht.

(vgl. Randnr. 45)

3.      Der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens, der einen fundamentalen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts darstellt und insbesondere Bestandteil der Verteidigungsrechte ist, erfordert es, dem Betroffenen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen, Rügen und Umstände, auf die diese ihre Behauptung stützt, dass eine Zuwiderhandlung gegen den EG-Vertrag vorliege, sachgerecht Stellung zu nehmen. Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] enthält die „Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens … eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt“. Der Einleitungsbeschluss muss die Betroffenen in die Lage versetzen, sich in wirksamer Weise am förmlichen Prüfverfahren zu beteiligen, in dem sie ihre Argumente geltend machen können. Hierfür genügt es, dass die Beteiligten erfahren, welche Überlegungen die Kommission zu der vorläufigen Ansicht veranlasst haben, dass die in Rede stehende Maßnahme eine neue, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Maßnahme darstellen könnte.

Die Kommission ist nicht verpflichtet, den betroffenen Mitgliedstaat vor Erlass ihrer Entscheidung über ihren Standpunkt zu informieren, wenn dem Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.

(vgl. Randnrn. 53-54, 58)

4.      Der Umfang der Begründungspflicht hängt nach ständiger Rechtsprechung von der Art des in Rede stehenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen wurde, ab. Die Begründung muss die Überlegungen des Organs, das den Akt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass zum einen der Gemeinschaftsrichter die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle wahrnehmen kann und es zum anderen den Betroffenen möglich ist, die Gründe für die getroffene Maßnahme zu erkennen, damit sie ihre Rechte verteidigen und prüfen können, ob die Entscheidung in der Sache begründet ist. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Aspekte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Insbesondere braucht die Kommission nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben. Es reicht aus, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen in der Systematik der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt.

Im Fall einer Beihilferegelung kann sich die Kommission darauf beschränken, deren allgemeine Merkmale zu untersuchen, ohne dass sie verpflichtet wäre, jeden einzelnen Anwendungsfall zu prüfen, um festzustellen, ob die Regelung Beihilfeelemente enthält.

Die Kommission muss zwar in der Begründung ihrer Entscheidung zumindest die Umstände aufführen, unter denen eine Beihilfe gewährt worden ist, wenn sie den Nachweis ermöglichen, dass die Beihilfe geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb aktuell oder potenziell zu verfälschen, braucht aber nicht die tatsächliche Situation auf den betroffenen Märkten, den Marktanteil der durch die Beihilfe begünstigten Unternehmen, die Stellung der konkurrierenden Unternehmen und die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten wirtschaftlich zu analysieren. Ferner ist sie bei rechtswidrig gewährten Beihilfen nicht verpflichtet, die tatsächlichen Auswirkungen darzutun, die diese Beihilfen auf den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten gehabt haben. Ein solches Erfordernis würde darauf hinauslaufen, dass die Mitgliedstaaten, die rechtswidrige Beihilfen zahlen, zulasten derjenigen Staaten begünstigt würden, die die Beihilfen in der Planungsphase anmelden.

(vgl. Randnrn. 68-69, 87, 158)

5.      Art. 87 Abs. 1 EG verlangt die Feststellung, ob eine nationale Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, bestimmte Unternehmen gegenüber anderen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden.

Das ist der Fall bei einer Steuervergünstigung, die nur Unternehmen zugestanden wird, die in dem kurzen Zeitraum von fünfzehn Monaten für die Anwendung einer Beihilferegelung an der Börse zugelassen worden sind, während jedes andere Unternehmen, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich um bereits an der Börse notierte Unternehmen handelt oder um solche, die die Voraussetzungen für die Notierung an der Börse in dem von der Beihilferegelung erfassten Zeitraum nicht erfüllen und dies auch nicht können, von den Vorteilen dieser Regelung ausgeschlossen ist.

Was eine eventuelle Rechtfertigung der streitigen Maßnahmen mit der Natur und der Struktur des nationalen Steuersystems angeht, ist, wenn eine Differenzierung, wie sie hier in Rede steht, anderen Zielen dient als denen, die mit dem allgemeinen System verfolgt werden, grundsätzlich anzunehmen, dass die fragliche Maßnahme die in Art. 87 Abs. 1 EG vorgesehene Bedingung der Selektivität erfüllt. Es obliegt dem Mitgliedstaat, der eine derartige Differenzierung zwischen Unternehmen im Bereich von Belastungen vorgenommen hat, darzutun, dass sie tatsächlich durch die Natur und die Struktur des fraglichen Systems gerechtfertigt ist.

(vgl. Randnrn. 119-120, 125)

6.      Art. 87 Abs. 1 EG verbietet Beihilfen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen. Im Rahmen ihrer Beurteilung dieser beiden Voraussetzungen ist die Kommission nicht verpflichtet, eine tatsächliche Auswirkung der Beihilfen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und eine tatsächliche Wettbewerbsverzerrung nachzuweisen, sondern hat nur zu prüfen, ob die Beihilfen geeignet sind, diesen Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen.

Auch eine relativ geringfügige Beihilfe kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, wenn in den Sektoren, in denen die begünstigten Unternehmen tätig sind, ein lebhafter Wettbewerb herrscht.

Begünstigt eine staatliche Stelle ein Unternehmen, das in einer durch intensiven Wettbewerb gekennzeichneten Branche tätig ist, durch die Einräumung eines Vorteils, so liegt außerdem eine Verzerrung des Wettbewerbs oder die Gefahr einer solchen Verzerrung vor. Ist der Vorteil geringer, wird der Wettbewerb zwar weniger stark, aber dennoch verfälscht. Das Verbot in Art. 87 Abs. 1 EG gilt für jede Beihilfe, die den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht, unabhängig von ihrer Höhe, sofern sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt.

(vgl. Randnrn. 151-152, 154-155)

7.      Die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, mit der die Kommission feststellt, dass eine neue Beihilfe die Tatbestandsmerkmale dieser Ausnahme nicht verwirklicht, ist allein im Rahmen des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG zu prüfen, und nicht im Hinblick auf eine frühere Entscheidungspraxis der Kommission.

Betriebsbeihilfen fallen grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Art. 87 Abs. 3 EG, da sie die Wettbewerbsbedingungen in den Sektoren, in denen sie gewährt werden, verfälschen, ohne insoweit ihrer Natur nach geeignet zu sein, einen der in dieser Bestimmung festgelegten Zwecke zu erreichen.

(vgl. Randnrn. 170, 173)







URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

4. September 2009(*)

„Staatliche Beihilfen – Beihilferegelung der italienischen Behörden zugunsten von Unternehmen, die neu zur Notierung an der Börse zugelassen werden – Entscheidung, mit der die Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Begründungspflicht – Selektiver Charakter – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Beeinträchtigung des Wettbewerbs“

In der Rechtssache T-211/05

Italienische Republik, zunächst vertreten durch I. Braguglia, dann durch R. Adam und schließlich durch I. Bruni als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci und E. Righini als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2006/261/EG der Kommission vom 16. März 2005 über die Beihilferegelung C 8/2004 (ex NN 164/2003) – Italien – zugunsten von Unternehmen, die zur Notierung an der Börse zugelassen wurden (ABl. 2006, L 94, S. 42),

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi sowie der Richterin E. Cremona (Berichterstatterin) und des Richters S. Frimodt Nielsen,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 2008

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1.     Streitige nationale Maßnahmen

1        Die Beihilferegelung der Italienischen Republik zugunsten von Unternehmen, die zur Notierung an der Börse zugelassen wurden, wurde mit Art. 1 Abs. 1 Buchst. d und Art. 11 des Decreto legge n° 269 (su) disposizioni urgenti per favorire lo sviluppo e per la correzione dell’andamento dei conti pubblici (Gesetzesdekret mit Dringlichkeitsmaßnahmen zur Förderung und Korrektur der Entwicklung der öffentlichen Finanzen, im Folgenden: DL 269/2003) vom 30. September 2003 erlassen, das in das Gesetz Nr. 326 vom 24. November 2003 umgewandelt wurde. Die Beihilferegelung trat am 2. Oktober 2003, dem Tag der Veröffentlichung des DL 269/2003 in der Gazzetta ufficiale della Repubblica italiana (GURI, Amtsblatt der Italienischen Republik), in Kraft, ohne dass sie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften mitgeteilt worden war.

2        Art. 1 Abs. 1 Buchst. d des DL 269/2003 sieht vor:

„Im Rahmen der Erhebung der Körperschaftsteuer sind für Unternehmen, die am Tag des Inkrafttretens des [DL 269/2003] tätig sind, unbeschadet der ordentlichen Abzugsfähigkeit folgende Aufwendungen von der Steuer befreit:

d)       die Aufwendungen für die Zulassung zur Notierung an einem geregelten Wertpapiermarkt im Sinne von Art. 11 des [DL 269/2003].“

3        Art. 11 des DL 269/2003 sieht vor:

„(1)  Unternehmen, deren Aktien nach Inkrafttreten des [DL 269/2003] und bis spätestens 31. Dezember 2004 an einer ordentlichen Börse eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zugelassen werden, werden in dem Besteuerungszeitraum, in dem sie an der Börse notiert werden, und den beiden folgenden Besteuerungszeiträumen mit einem ermäßigten Körperschaftsteuersatz von 20 % besteuert, sofern ihre Aktien nicht zuvor an einer ordentlichen Börse eines Mitgliedstaats der Europäischen Union gehandelt wurden … und sie zum Zweck ihrer Börsennotierung ein Angebot zur Zeichnung ihrer Aktien veröffentlicht haben, das zu einer Erhöhung des Nettokapitals, das sich aus der Bilanz des der Abgabe des Angebots vorausgehenden Finanzjahrs nach Abzug des Jahresüberschusses ergibt, um mindestens 15 % führt.

(2)       Der Höchstbetrag, bis zu dem der Nettoertrag zum ermäßigten Steuersatz im Sinne von Abs. 1 versteuert werden kann, beläuft sich auf 30 Mio. Euro.

(3)      Werden die Aktien im Sinne von Abs. 1 von der Börsenzulassung ausgeschlossen und liegt kein Fall des Art. 133 des Legislativdekrets Nr. 58 vom 24. Februar 1998 vor [d. h. der Fall eines Unternehmens, das später an einer anderen europäischen Wertpapierbörse notiert wird, die einen der italienischen Wertpapierbörse gleichwertigen Anlegerschutz bietet], wird die Ermäßigung im Sinne von Abs. 1 nur für die vor dem Widerruf abgeschlossenen Besteuerungszeiträume gewährt.

(4)       In den Besteuerungszeiträumen, in denen die Ermäßigung im Sinne von Abs. 1 auf die von dieser Vorschrift erfassten Unternehmen anwendbar ist, wird die Ermäßigung im Sinne von Art. 1 ff. des Legislativdekrets Nr. 466 vom 18. Dezember 1997 nicht angewandt. Die betreffenden Unternehmen können jedoch anstelle der Ermäßigung im Sinne von Abs. 1 für die zuletzt genannte Ermäßigung optieren.“

4        Mit dem Decreto legislativo n. 466 (sul) riordino delle imposte personali sul reddito al fine di favorire la capitalizzazione delle imprese, a norma dell’art. 3, comma 162, lettere a), b), c), d) ed f), della legge 23 dicembre 1996, n° 662 (Legislativdekret zur Neuordnung der Personensteuern auf das Einkommen zur Verbesserung der Kapitalausstattung der Unternehmen aufgrund von Art. 3 Abs. 162 Buchst. a, b, c, d und f des Gesetzes Nr. 662 vom 23. Dezember 2003) vom 18. Dezember 1997, veröffentlicht im Supplemento ordinario alla GURI Nr. 3 vom 5. Januar 1998, war eine „Super DIT“ genannte Ermäßigungsregelung geschaffen worden. Die Super DIT sieht für Unternehmen, deren Anteile an einer ordentlichen Börse zugelassen sind, für die drei Besteuerungszeiträume, die auf den Besteuerungszeitraum der erstmaligen Zulassung folgen, eine zusätzliche Ermäßigung des Steuersatzes für den gewöhnlichen Ertrag der Erhöhung des investierten Kapitals auf 7 % vor (soweit der mittlere Steuersatz dadurch nicht unter 20 % sinkt). Die Super DIT wurde mit der Legge no 383 (su) primi interventi per il rilancio dell’economia (Gesetz über die ersten Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft) vom 18. Oktober 2001, veröffentlicht in der GURI Nr. 248 vom 24. Oktober 2001, aufgehoben. Unternehmen, die bis zum 30. Juni 2001 Maßnahmen der Kapitalerhöhung im Sinne der genannten Regelung durchgeführt hatten, kamen jedoch weiterhin in den Genuss dieser Ermäßigungen.

5        Nach Art. 11 Abs. 4 des DL 269/2003 können die betroffenen Unternehmen zwischen den in diesem Artikel gewährten Steueranreizen und der durch die Super DIT vorgesehenen Ermäßigung wählen.

2.     Verwaltungsverfahren und angefochtene Entscheidung

6        Mit Schreiben vom 22. Oktober 2003 forderte die Kommission die italienischen Behörden unter Verweis auf ihre Mitteilungspflichten aus Art. 88 Abs. 3 EG auf, ihr Auskunft über die im DL 269/2003 getroffenen Maßnahmen und deren Inkrafttreten zu geben.

7        Die italienischen Behörden lieferten mit Schreiben vom 5. November 2003 die verlangten Angaben und führten hierzu aus, dass das DL 269/2003 noch in ein Gesetz umgewandelt werden müsse und dessen Bestimmungen keine Auswirkung auf die Festsetzung der Vorauszahlung für die Steuer auf die Einkünfte des Finanzjahrs 2003 hätten.

8        Mit Schreiben vom 19. Dezember 2003 erinnerte die Kommission die italienischen Behörden erneut an ihre Verpflichtungen aus Art. 88 Abs. 3 EG und forderte sie auf, die eventuellen Begünstigten über die Folgen zu unterrichten, die im EG-Vertrag und in Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) für den Fall der Feststellung vorgesehen seien, dass es sich bei den streitigen Maßnahmen um eine rechtswidrig durchgeführte Beihilfe handele. Die italienischen Behörden reagierten nicht auf dieses Schreiben.

9        Die Kommission setzte die Italienische Republik mit Schreiben vom 18. Februar 2004 von ihrem Beschluss in Kenntnis, wegen der gemäß Art. 1 Abs. 1 Buchst. d und Art. 11 des DL 269/2003 gewährten Steuervergünstigungen das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten. Die italienischen Behörden nahmen am 21. April 2004 hierzu Stellung.

10      Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens wurde am 3. September 2004 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. C 221, S. 7) veröffentlicht.

11      Am 16. und 27. September 2004 trafen sich Vertreter der Dienststellen der Kommission und der italienischen Behörden, um einige Aspekte der streitigen Maßnahmen zu klären.

12      Am 4. Oktober 2004 erhielt die Kommission Erklärungen der Borsa Italiana SpA. Die Kommission leitete diese Erklärungen an die italienischen Behörden weiter, die mit Schreiben vom 30. November 2004 hierauf antworteten.

13      Am 16. März 2005 erließ die Kommission die Entscheidung 2006/261/EG über die Beihilferegelung C 8/2004 (ex NN 164/2003) – Italien – zugunsten von Unternehmen, die zur Notierung an der Börse zugelassen wurden (ABl. 2006, L 94, S. 42, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

14      In der angefochtenen Entscheidung beschreibt die Kommission zunächst das Verfahren, das dem Erlass dieser Entscheidung vorausging (I), und die streitige Maßnahme (II). Sodann legt sie dar, aus welchen Gründen sie das förmliche Prüfverfahren eingeleitet hat (III), wie sich die italienischen Behörden und sonstige Beteiligte geäußert haben (IV) und wie sie die streitige Beihilfe gewürdigt hat (V).

15      Zur Würdigung führt die Kommission erstens aus, dass die geprüfte Beihilferegelung eindeutige selektive Vorteile gewähre, da sie von der normalen Funktionsweise des Steuersystems abweiche und bestimmte Unternehmen begünstige (Erwägungsgründe 26 bis 32 der angefochtenen Entscheidung).

16      Zweitens bemerkt sie, dass diese Vorteile in Form eines Verzichts auf Steuereinnahmen, die eigentlich dem italienischen Staatshaushalt zuflössen, vom Staat gewährt würden (33. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

17      Drittens drohten die streitigen Maßnahmen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zwischen den Unternehmen zu verfälschen, da die begünstigten Unternehmen auf internationalen Märkten tätig seien und Handelsgeschäften und anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten auf Märkten nachgehen könnten, die von einem intensiven Wettbewerb geprägt seien (Erwägungsgründe 34 bis 37 der angefochtenen Entscheidung).

18      Viertens hätten die italienischen Behörden die streitigen Maßnahmen ohne vorherige Unterrichtung durchgeführt, so dass es sich um eine rechtswidrige Beihilfe handele (38. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

19      Fünftens prüft die Kommission in den Erwägungsgründen 39 bis 45 der angefochtenen Entscheidung die Vereinbarkeit der Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt und kommt zu dem Ergebnis, dass keine der in Art. 87 Abs. 2 und 3 EG vorgesehenen Ausnahmen anwendbar sei.

20      Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung hat folgenden Wortlaut:

Artikel 1

Die Beihilferegelung in Form von Steueranreizen zugunsten von Unternehmen, die zur Notierung an einem geregelten europäischen Wertpapiermarkt zugelassen werden, die [die Italienische Republik] gemäß Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b) und Artikel 11 des Gesetzesdekrets DL 269/2003 vom 30. September 2003 gewährt hat, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Artikel 2

[Die Italienische Republik] wird aufgefordert, die in Artikel 1 genannte Beihilferegelung mit Wirkung ab dem Finanzjahr aufzuheben, in das das Datum der Bekanntgabe dieser Entscheidung fällt.

Artikel 3

1.       [Die Italienische Republik] ergreift alle notwendigen Maßnahmen, um die in Artikel 1 genannte, rechtswidrig zur Verfügung [gestellte Beihilfe] von den Empfängern zurückzufordern.

2.       Die Rückforderung der Beihilfe erfolgt unverzüglich nach den Bestimmungen des nationalen Rechts, sofern diese die sofortige, tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung ermöglichen.

3.       Die Rückforderung ist so schnell wie möglich vorzunehmen. Insbesondere für den Fall, dass die Beihilfe bereits in Form von verringerten Steuerzahlungen für das laufende Finanzjahr gewährt wurde, erhebt [die Italienische Republik] den gesamten fälligen Steuerbetrag mit der Abschlusszahlung für das Jahr 2004. In allen anderen Fällen erhebt [die Italienische Republik] die fälligen Steuern spätestens am Ende des ersten Finanzjahrs, in das das Datum der Bekanntgabe dieser Entscheidung fällt.

4.       Die zurückzufordernden Beihilfen umfassen Zinsen von dem Zeitpunkt an, ab dem die rechtswidrige Beihilfe den Empfängern zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung.

5.       Die Zinsen sind in Einklang mit den Bestimmungen des Kapitels V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 zu berechnen.

6.       [Die Italienische Republik] fordert die Empfänger der in Artikel 1 genannten Beihilfen innerhalb von zwei Monaten nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung zur Rückzahlung der rechtswidrig zur Verfügung gestellten Beihilfen einschließlich Zinsen auf.

Artikel 4

[Die Italienische Republik] teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die getroffen wurden bzw. geplant sind, um der Entscheidung nachzukommen. ... Ferner legt [die Italienische Republik] innerhalb derselben Frist sämtliche Unterlagen vor, aus denen hervorgeht, dass das Verfahren zur Rückforderung der rechtswidrig gewährten Beihilfen gegenüber den Begünstigten eingeleitet wurde.

…“

 Verfahren und Anträge der Parteien

21      Die Italienische Republik hat mit Klageschrift, die am 26. Mai 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

22      Das Gericht (Dritte Kammer) hat auf Bericht der Berichterstatterin beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 seiner Verfahrensordnung Fragen an die Parteien gestellt und sie aufgefordert, diese schriftlich zu beantworten. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen.

23      Die Parteien haben in der Sitzung vom 9. September 2008 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

24      Die Italienische Republik beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

25      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Italienischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

26      Die Italienische Republik bringt fünf Klagegründe vor. Mit dem ersten Klagegrund macht sie im Wesentlichen einen Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens geltend, was die Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens gemäß Art. 88 Abs. 2 EG angeht. Mit dem zweiten Klagegrund wird gerügt, die Kommission habe wesentliche Formvorschriften und Art. 235 EG verletzt, indem sie nicht berücksichtigt habe, dass es in der italienischen Rechtsordnung eine Maßnahme gebe, deren Merkmale denen der streitigen Maßnahmen entsprächen. Der dritte, der vierte und der fünfte Klagegrund betreffen einen Verstoß gegen Art. 87 EG sowie eine unzureichende Begründung. Im Rahmen des dritten Klagegrundes beanstandet die Italienische Republik außerdem einen Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens in Bezug auf eine bestimmte Rüge der Kommission in der angefochtenen Entscheidung. Das Gericht wird zunächst den im Rahmen des ersten und des dritten Klagegrundes geltend gemachten Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens, dann die unzureichende Begründung unter Zusammenfassung sämtlicher Ausführungen der Italienischen Republik, die sich hierauf beziehen, und schließlich die Verletzung von Art. 87 EG prüfen.

1.     Zum Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens

27      Die Italienische Republik macht sowohl mit ihrem ersten Klagegrund als auch, in Verbindung mit einer Verletzung von Art. 87 Abs. 1 EG, im Rahmen ihres dritten Klagegrundes einen Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens geltend.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens in Bezug auf die Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens

 Vorbringen der Parteien

28      Die Italienische Republik wirft der Kommission vor, sie habe das förmliche Prüfverfahren im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG eröffnet, ohne sie aufgefordert zu haben, sich zu Art und Wirkungen der streitigen Maßnahmen zu äußern. Sie beruft sich hierzu auf das Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2005, Italien/Kommission (C-400/99, Slg. 2005, I-3657, Randnrn. 29 bis 31). Danach müsse die Kommission die streitigen Maßnahmen vor Einleitung des Verfahrens im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG mit dem Mitgliedstaat erörtern, damit dieser geltend machen könne, dass die betreffenden Maßnahmen keine Beihilfen seien oder bestehende Beihilfen darstellten.

29      Im Kern trägt die Italienische Republik vor, dass sich die Kommission in ihrem Schreiben vom 22. Oktober 2003 auf ein allgemeines Auskunftsersuchen hinsichtlich eines ganzen Bündels von Maßnahmen beschränkt habe, ohne auf die Art. 1 und 11 des DL 269/2003 Bezug zu nehmen, was eine frühe Erörterung der spezifischen Merkmale der streitigen Maßnahmen verhindert habe. Zudem habe die Kommission in ihrem Schreiben vom 19. Dezember 2003 angegeben, dass sie nicht über Angaben verfüge, anhand deren ausgeschlossen werden könne, dass die im DL 269/2003 vorgesehenen Maßnahmen eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe seien. So, wie das Schreiben formuliert gewesen sei, seien die italienischen Behörden außerstande gewesen, die Zweifel der Kommission im Hinblick auf die streitigen Maßnahmen nachzuvollziehen. Indem die Kommission in demselben Schreiben erklärt habe, nach ihrem Kenntnisstand könne nicht ausgeschlossen werden, dass zwei der potenziellen Begünstigten die Steuerermäßigung gemäß DL 269/2003 erhalten hätten, habe sie ferner nicht die Angaben berücksichtigt, die die italienischen Behörden geliefert hätten, um zu belegen, dass die betreffenden Maßnahmen keine Auswirkung auf die Vorauszahlung für die im Jahr 2003 geschuldete Steuer hätten.

30      Außerdem ergebe sich aus dem dritten Absatz des erwähnten Schreibens, dass die Kommission nicht habe ausschließen können, dass es sich bei den Steueranreizen gemäß Art. 11 des DL 269/2003 um eine Betriebsbeihilfe handele. Die Kommission habe jedoch nicht angegeben, warum sie meine oder wenigstens vermute, dass es sich zum einen um staatliche Beihilfen und zum anderen um Betriebsbeihilfen handele und dass diese „in der Regel“ nicht unter die Ausnahmeregelung des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG fallen könnten. Da in diesem Absatz des Schreibens nicht auf die Maßnahme im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. d des DL 269/2003 Bezug genommen werde, sei ferner die Annahme berechtigt gewesen, dass es sich bei der streitigen Maßnahme nach Ansicht der Kommission um eine nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG genehmigungsfähige Investitionsbeihilfe handele.

31      Da unter diesen Umständen jedwede Erörterung im Vorstadium unmöglich gewesen sei, habe die Italienische Republik davon abgesehen, dem Schreiben der Kommission vom 19. Dezember 2003 nachzukommen, da bereits ihr Schreiben vom 5. November 2003 alle sachdienlichen Angaben enthalten habe.

32      Die Italienische Republik wendet sich außerdem gegen die These der Kommission, dass es nicht nötig gewesen sei, bereits im Vorstadium die mögliche Einstufung der streitigen Maßnahmen als bestehende Beihilfe zu erörtern, weil die durch sie geschaffenen Steuervergünstigungen in Kontinuität mit den Vergünstigungen hätten gewürdigt werden müssen, die zuvor mit dem Decreto legislativo Nr. 466, durch das die Super DIT eingeführt worden sei, gewährt worden seien.

33      Jedenfalls sei es technisch unmöglich, die streitigen Maßnahmen auszusetzen, und die Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens habe im Hinblick auf die Frist für die Anwendung der betreffenden Maßnahmen keine aufschiebende Wirkung. Es habe ihr daher freigestanden, nicht gegen diese Entscheidung vorzugehen und sich gleichwohl vorzubehalten, mögliche Fehler, mit denen sie behaftet sei, im Rahmen der gegen die endgültige Entscheidung erhobenen Klage zu rügen.

34      Die Kommission weist das Vorbringen der Italienischen Republik zurück.

 Würdigung durch das Gericht

35      Im Rahmen des in Art. 88 EG vorgesehenen Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen ist zu unterscheiden zwischen der Phase der Vorprüfung der Beihilfen nach Art. 88 Abs. 3 EG, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über den Beihilfecharakter der betreffenden Maßnahme sowie über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu ermöglichen, und der in Art. 88 Abs. 2 EG geregelten förmlichen Prüfphase. Nur in dieser Phase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gegebenheiten des Falles zu verschaffen, sieht der EG-Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2006, Asociación de Estaciones de Servicio de Madrid und Federación Catalana de Estaciones de Servicio/Kommission, T-95/03, Slg. 2006, II-4739, Randnr. 133).

36      Nach Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 ist die Kommission verpflichtet, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten, wenn sie bei einer ersten Prüfung nicht alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Frage ausräumen konnte, ob eine ihrer Kontrolle unterliegende staatliche Maßnahme eine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG darstellt; dies gilt zumindest dann, wenn sie bei dieser ersten Prüfung nicht die Überzeugung gewinnen konnte, dass die betreffende Maßnahme, wenn sie denn eine Beihilfe sein sollte, auf jeden Fall mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist (Urteil Asociación de Estaciones de Servicio de Madrid und Federación Catalana de Estaciones de Servicio/Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 134).

37      In Anbetracht der rechtlichen Folgen einer Entscheidung, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen, indem die betreffenden Maßnahmen vorläufig als neue Beihilfen eingestuft werden, obwohl der betroffene Mitgliedstaat mit dieser Einstufung womöglich nicht einverstanden ist, muss die Kommission die fraglichen Maßnahmen zunächst mit dem betroffenen Mitgliedstaat erörtern, damit dieser ihr gegebenenfalls mitteilen kann, dass diese Maßnahmen seiner Auffassung nach keine Beihilfen oder bestehende Beihilfen darstellen (Urteil Italien/Kommission, oben in Randnr. 28 angeführt, Randnr. 29).

38      Die Prüfung des Schriftwechsels zwischen den italienischen Behörden und den Dienststellen der Kommission lässt insoweit keinen Pflichtverstoß der Kommission erkennen.

39      Erstens umfasste das Schreiben der Kommission vom 22. Oktober 2003, bei dem es sich um ein allgemeines Auskunftsersuchen in Bezug auf ein ganzes Bündel von Maßnahmen handelte, die im DL 269/2003 enthalten waren, in dem Abschnitt mit der Überschrift „Maßnahme 4“ die streitigen Maßnahmen.

40      In diesem Schreiben, in dem es hieß, dass bestimmte steuerliche Maßnahmen „offenbar Steuererleichterungen für bestimmte Kategorien von Unternehmen, ja sogar Ad-hoc-Beihilfen für einige Unternehmen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 [EG] vorsehen“, forderte die Kommission die italienischen Behörden auf, ihr die genaue Art der vorgesehenen Steuervergünstigungen, die Identität und die (gegebenenfalls geschätzte) Zahl der Begünstigten, die (gegebenenfalls geschätzten) finanziellen Folgen ihrer Gewährung, ihre eventuelle Rechtfertigung im Rahmen des Steuersystems sowie jeden anderen Gesichtspunkt mitzuteilen, der es ihr erlaube, sich eine Meinung zu bilden.

41      Die italienischen Behörden beantworteten dieses Schreiben mit einem Schreiben vom 5. November 2003, in dem sie betonten, dass die streitigen Maßnahmen allgemeiner Art seien, und ihre Einstufung als staatliche Beihilfe deshalb zurückwiesen.

42      Zweitens stellte die Kommission in ihrem Schreiben vom 19. Dezember 2003 fest, dass sie nicht über Angaben verfüge, anhand deren ausgeschlossen werden könne, dass es sich bei den geprüften Steueranreizen um eine Steuervergünstigung handele, die nur bestimmten, im Zeitraum der Anwendung der Beihilferegelung an einer ordentlichen Börse notierten Unternehmen zugutekomme, und dass diese Vergünstigung zu einer Verfälschung des Wettbewerbs und des innergemeinschaftlichen Handels führe. Außerdem wies sie darauf hin, dass sie nach ihrem Kenntnisstand nicht ausschließen könne, dass die in Art. 11 des DL 269/2003 vorgesehenen Steueranreize eine in der Regel mit dem Binnenmarkt unvereinbare Betriebsbeihilfe seien, da sie nicht auf Investitionen oder Ziele im Sinne von Art. 87 Abs. 3 EG gerichtet seien. Schließlich forderte die Kommission die italienischen Behörden auf, die potenziell durch diese Steueranreize Begünstigten davon in Kenntnis zu setzen, dass die Beihilfe von ihnen zurückgefordert werden könne, wenn sie für rechtswidrig befunden werde.

43      In diesem Schreiben teilte die Kommission den italienischen Behörden ihre Vorprüfung mit und ermöglichte es ihnen damit, gegebenenfalls Einwände zu erheben. Die italienischen Behörden reagierten hierauf jedoch nicht.

44      Nach alledem ist festzustellen, dass die streitigen Maßnahmen entgegen dem Vorbringen der Italienischen Republik sehr wohl mit ihr erörtert wurden, bevor die Kommission die Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EG erließ.

45      Selbst wenn die Wahrung der Verteidigungsrechte es gebietet, dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit zu geben, sachgerecht zu den Aspekten Stellung zu nehmen, auf die die Kommission ihre Beurteilung gestützt hat (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, C-142/87, Slg. 1990, I-959, Randnr. 47), führt jedenfalls eine Verletzung dieser Rechte in der Vorprüfungsphase nur dann zu einer Nichtigerklärung der Endentscheidung, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile des Gerichtshofs Belgien/Kommission, soeben angeführt, Randnr. 48, und vom 5. Oktober 2000, Deutschland/Kommission, C-288/96, Slg. 2000, I-8237, Randnr. 101, sowie Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, T-198/01, Slg. 2004, II-2717, Randnr. 201 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Beweislast hierfür trägt der betroffene Mitgliedstaat, da eine Verletzung der Verteidigungsrechte einen Formfehler darstellt, der es erfordert, dass der Betroffene die spezielle negative Auswirkung des Verstoßes auf seine subjektiven Rechte geltend macht (vgl. in diesem Sinne Urteil Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, Randnr. 203).

46      Insoweit ist festzustellen, dass die Italienische Republik nichts vorgetragen hat, was belegen könnte, dass das Verfahren ohne die behauptete Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, sondern lediglich erklärt hat, dass „niemand imstande ist, zu ‚raten‘, welche Folgen eine vorherige – niemals erfolgte – Erörterung auf den späteren Verlauf des Verfahrens gehabt hätte“.

47      Insbesondere hat die Italienische Republik nicht die negative Auswirkung der Fehler nachgewiesen, mit denen die Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EG behaftet sein soll.

48      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die streitigen Maßnahmen sehr wohl mit den italienischen Behörden erörtert wurden, bevor die Kommission ihre Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens erließ, und dass die Italienische Republik jedenfalls weder eine Regelwidrigkeit noch einen Fehler in Bezug auf die Eröffnungsentscheidung nachgewiesen hat, ohne die bzw. den das Verfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.

49      Der erste Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zu dem Teil des dritten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens gerügt wird

 Vorbringen der Parteien

50      Die Italienische Republik trägt vor, in der angefochtenen Entscheidung, insbesondere ihrer Randnr. 30, habe die Kommission erstmals gerügt, dass die italienischen Unternehmen einen Vorteil daraus zögen, dass die fraglichen Steuererleichterungen auf ihre weltweit erzielten Gewinne angewandt würden, und dass sie ausländischen Unternehmen nur für ihre Gewinne in Italien zugutekämen. Dadurch habe die Kommission gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens verstoßen.

51      In der Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens und während dessen gesamter Dauer habe die Kommission ausschließlich die Frage einer Ungleichbehandlung zwischen italienischen und ausländischen Unternehmen aufgeworfen, die darin bestehen solle, dass Erstere die betreffende Begünstigung erhielten, während Letztere davon ausgeschlossen seien. Demgegenüber habe die Kommission zu keinem Zeitpunkt die Frage der Ungleichbehandlung italienischer und ausländischer Unternehmen angesprochen, die allesamt in die streitige Beihilferegelung einbezogen seien.

52      Die Kommission weist das Vorbringen der Italienischen Republik zurück.

 Würdigung durch das Gericht

53      Nach gefestigter Rechtsprechung erfordert es der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens, der einen fundamentalen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts darstellt und insbesondere Bestandteil der Verteidigungsrechte ist, dem Betroffenen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen, Rügen und Umstände, auf die diese ihre Behauptung stützt, dass eine Zuwiderhandlung gegen den EG-Vertrag vorliege, sachgerecht Stellung zu nehmen (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C-413/06 P, Slg. 2008, I-4951, Randnr. 61; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2008, Alitalia/Kommission, T-301/01, Slg. 2008, II-1753, Randnr. 169 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54      Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 enthält die „Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens … eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt“. Der Einleitungsbeschluss muss die Betroffenen in die Lage versetzen, sich in wirksamer Weise am förmlichen Prüfverfahren zu beteiligen, in dem sie ihre Argumente geltend machen können. Hierfür genügt es, dass die Beteiligten erfahren, welche Überlegungen die Kommission zu der vorläufigen Ansicht veranlasst haben, dass die in Rede stehende Maßnahme eine neue, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe darstellen könnte (Urteil des Gerichts vom 30. April 2002, Government of Gibraltar/Kommission, T-195/01 und T-207/01, Slg. 2002, II-2309, Randnr. 138).

55      Außerdem ermöglicht es das förmliche Prüfverfahren, die in der Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens aufgeworfenen Fragen zu vertiefen und zu klären, so dass eine eventuelle Abweichung zwischen ihr und der Endentscheidung für sich genommen nicht als Fehler angesehen werden kann, der deren Rechtmäßigkeit in Frage stellt.

56      Im vorliegenden Fall ist daran zu erinnern, dass die Kommission in der Enscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens, und zwar in ihrer Randnr. 19, ausgeführt hat, dass die streitigen Maßnahmen offenbar Unternehmen mit Sitz in Italien einen Vorteil gegenüber dort tätigen ausländischen Unternehmen verschafften, soweit Letztere die mit diesen Maßnahmen gewährten Steuererleichterungen nicht in Anspruch nehmen könnten. Mit Schreiben vom 21. April 2004 erklärten die italienischen Behörden, dass gemäß Art. 11 des DL 269/2003 ausländischen Unternehmen, die über eine Betriebsstätte in Italien tätig und an einer ordentlichen Börse in der Europäischen Union notiert seien, die streitigen Maßnahmen ebenfalls zugutekämen. Im Anschluss an dieses Schreiben hat die Kommission in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung klargestellt, dass dennoch eine Ungleichbehandlung italienischer und ausländischer Unternehmen bestehen bleibe, da sich die durch die streitige Beihilferegelung gewährten Steuererleichterungen für die einen auf die weltweit erzielten Gewinne und für die anderen auf die in Italien erzielten und besteuerten Gewinne bezögen.

57      Wie die Kommission zu Recht ausführt, hat sich somit zwar ihr Standpunkt gegenüber den in der Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens geäußerten Zweifeln verfeinert, doch ergab sich dies gerade aus dem kontradiktorischen Dialog mit den italienischen Behörden, die während der gesamten Dauer des förmlichen Prüfverfahrens Gelegenheit hatten, ihren Standpunkt gegenüber den Rügen der Kommission zu erläutern. Tatsächlich weicht die Rüge der Kommission in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung, anders als die Italienische Republik meint, in Bezug auf ihren Gegenstand nicht von derjenigen ab, die sie in der Eröffnungsentscheidung erhoben hatte, insbesondere in deren Randnr. 19. Sie unterscheidet sich von dieser nur im Hinblick auf die Beurteilung des Umfangs der Ungleichbehandlung von in Italien und von dort nicht ansässigen Unternehmen und dementsprechend auch des Umfangs des selektiven Charakters des Vorteils für Unternehmen mit Sitz in Italien.

58      Im Übrigen ist die Kommission weder nach einer Vorschrift über die Kontrolle staatlicher Beihilfen noch nach der Rechtsprechung verpflichtet, den betroffenen Mitgliedstaat vor Erlass ihrer Entscheidung über ihren Standpunkt zu informieren, wenn, was hier der Fall war, dem Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 198).

59      Wie oben in Randnr. 45 festgestellt, stellt jedenfalls jede Verletzung der Verteidigungsrechte einen Formfehler dar, der es erfordert, dass der betroffene Mitgliedstaat die spezielle negative Auswirkung des Verstoßes auf seine subjektiven Rechte geltend macht. Insoweit genügt die Feststellung, dass die Italienische Republik nicht nachgewiesen hat, dass das Verfahren ohne die behauptete Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.

60      Folglich ist der Teil des dritten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens gerügt wird, zurückzuweisen.

2.     Zur unzureichenden Begründung

61      Die Italienische Republik macht sowohl im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes als auch, in Verbindung mit einem Verstoß gegen Art. 87 EG, im Rahmen ihrer Klagegründe 3, 4 und 5 eine Verletzung von Art. 253 EG geltend.

 Vorbringen der Parteien

62      Im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes wirft die Italienische Republik der Kommission vor, sie habe nicht ausdrücklich auf die in ihrem Schreiben vom 30. November 2004 zur Entgegnung auf die Stellungnahme von Borsa italiana vorgebrachte Bemerkung geantwortet, der zufolge es in der italienischen Rechtsordnung schon eine Maßnahme namens Super DIT gebe, deren Merkmale denen der streitigen Maßnahmen entsprächen. Diese Maßnahme, die mit den in Art. 11 Abs. 4 des DL 269/2003 vorgesehenen Steueranreizen verknüpft sei, sei bereits Gegenstand eines Auskunftsersuchens der Kommission gewesen, das sich auf möglicherweise diskriminierende Aspekte bezogen habe, die daraufhin von den italienischen Behörden beseitigt worden seien. Zudem sei diese Maßnahme förmlich dem Rat „Wirtschaft und Finanzen“ vorgelegt worden, der sie als unschädliche Maßnahme im Sinne der Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1. Dezember 1997 über einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung (ABl. 1998, C 2, S. 2) angesehen habe.

63      Gestützt auf das Urteil des Gerichts vom 6. März 2003, Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission (T-228/99 und T-233/99, Slg. 2003, II-435, im Folgenden: Urteil WestLB, Randnrn. 279 bis 281), und die dort angeführte Rechtsprechung macht die Italienische Republik insbesondere geltend, dass die Kommission hätte darlegen müssen, warum sie der Ansicht sei, dass sie nicht denselben Standpunkt einnehmen müsse, den sie in Bezug auf die Super DIT vertreten habe. So hätte die Kommission erläutern müssen, warum sie in der angefochtenen Entscheidung eine Maßnahme für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt habe, die einer anderen, kurz zuvor ergangenen entspreche, hier der Super DIT, und gegen die sie keinen Einwand erhoben habe.

64      Im Rahmen ihres dritten Klagegrundes rügt die Italienische Republik, die Kommission habe Art. 253 EG dadurch verletzt, dass sie in der angefochtenen Entscheidung erkläre, die im Anwendungszeitraum der Beihilferegelung an der Börse notierten Unternehmen erhielten einen selektiven Vorteil. Die Kommission habe schlicht behauptet, dass der Ungleichbehandlung keine unterschiedliche Situation von börsennotierten und nicht börsennotierten Unternehmen zugrunde liege, und nicht zu dem einschlägigen Vorbringen von Borsa italiana und der italienischen Behörden Stellung genommen.

65      Im Rahmen ihres vierten Klagegrundes trägt die Italienische Republik vor, dass die angefochtene Entscheidung unzureichend begründet sei, soweit die Kommission eine Auswirkung der streitigen Maßnahme auf den innergemeinschaftlichen Wettbewerb annehme. Die Kommission hätte zumindest die einzelnen Punkte angeben müssen, aus denen sie schließe, dass der Wettbewerb verändert und der Handel zwischen den Mitgliedstaaten potenziell beeinträchtigt werde. Das gelte umso mehr im vorliegenden Fall, da die betroffenen Unternehmen in verschiedenen Wirtschaftszweigen tätig und die Beihilfen sehr niedrig seien. Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass es sich bei den streitigen Maßnahmen um eine Betriebsbeihilfe handele, und sich auf allgemeine und im Ungefähren bleibende Ausführungen beschränkt. Zudem prüfe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nur eine der streitigen Maßnahmen, nämlich die in Art. 11 des DL 269/2003 vorgesehene Ermäßigung des Steuersatzes, nicht aber die in Art. 1 Abs. 1 Buchst. d des DL 269/2003 vorgesehene Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für den Börsengang von dem zu versteuernden Betrag.

66      Schließlich wirft die Italienische Republik im Rahmen ihres fünften Klagegrundes der Kommission vor, sie habe die Unvereinbarkeit der streitigen Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt allein darauf gestützt, dass mit ihnen Betriebsbeihilfen eingeführt würden, und sie habe jedenfalls ihre Feststellung, dass die betreffenden Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar seien, rechtlich nicht hinreichend begründet.

67      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Italienischen Republik entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

68      Zunächst ist daran zu erinnern, dass der Umfang der Begründungspflicht nach ständiger Rechtsprechung von der Art des in Rede stehenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen wurde, abhängt. Die Begründung muss die Überlegungen des Organs, das den Akt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass zum einen der Gemeinschaftsrichter die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle wahrnehmen kann und es zum anderen den Betroffenen möglich ist, die Gründe für die getroffene Maßnahme zu erkennen, damit sie ihre Rechte verteidigen und prüfen können, ob die Entscheidung in der Sache begründet ist. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Aspekte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C-367/95 P, Slg. 1998, I-1719, Randnr. 63, Urteil WestLB, oben in Randnr. 63 angeführt, Randnrn. 278 und 279 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere braucht die Kommission nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben. Es reicht aus, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen in der Systematik der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil WestLB, oben in Randnr. 63 angeführt, Randnr. 280 und die dort angeführte Rechtsprechung).

69      Im Fall einer Beihilferegelung kann sich die Kommission darauf beschränken, deren allgemeine Merkmale zu untersuchen, ohne dass sie verpflichtet wäre, jeden einzelnen Anwendungsfall zu prüfen (Urteile des Gerichtshofs vom 19. Oktober 2000, Italien und Sardegna Lines/Kommission, C-15/98 und C-105/99, Slg. 2000, I-8855, Randnr. 51, und vom 29. April 2004, Griechenland/Kommission, C-278/00, Slg. 2004, I-3997, Randnr. 24), um festzustellen, ob die Regelung Beihilfeelemente enthält (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, C-66/02, Slg. 2005, I-10901, Randnr. 91).

70      Im Licht dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die von der Italienischen Republik beanstandeten Aspekte der von der Kommission vorgenommenen Würdigung hinreichend begründet ist.

 Zu der Rüge, dass die Begründung insofern unzureichend sein soll, als die Kommission nicht berücksichtigt habe, dass es in der italienischen Rechtsordnung eine Maßnahme gebe, deren Merkmale denen der streitigen Maßnahmen entsprächen

71      Im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes wirft die Italienische Republik der Kommission im Wesentlichen vor, sie habe nicht zur Kontinuität Stellung genommen, die zwischen einer der beiden fraglichen Maßnahmen, nämlich der in Art. 11 des DL 269/2003 vorgesehenen Steuerermäßigung, und der Super DIT bestehe.

72      Vorab ist festzustellen, dass auf die Super DIT, die in zeitlichem und rechtlichem Zusammenhang mit den streitigen Maßnahmen stehen soll, erstmals in der Stellungnahme von Borsa italiana vom 4. Oktober 2004, die von den italienischen Behörden im Schreiben vom 30. November 2004 kommentiert wurde, ausdrücklich verwiesen wurde. Borsa italiana und den italienischen Behörden zufolge sind die fraglichen Maßnahmen letztlich durch allgemeine Grundsätze des italienischen Steuersystems gerechtfertigt, da es zuvor die Super DIT in der italienischen Rechtsordnung gegeben habe.

73      Wie die Italienische Republik geltend macht, hat die Kommission außerdem in der angefochtenen Entscheidung dargelegt, warum die Steueranreize gemäß dem DL 269/2003 einen selektiven Vorteil im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG verschafften, ohne dabei auf die Super DIT einzugehen.

74      Dem Vorbringen der Italienischen Republik kann dennoch nicht gefolgt werden.

75      Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass sich die Kommission, wie sie in ihren Schriftsätzen geltend gemacht hat, niemals zur Frage der Einstufung der Super DIT als staatliche Beihilfe geäußert hat, denn diese wurde der Kommission nicht nach Art. 88 Abs. 3 EG mitgeteilt und gehörte, da sie – wie die Italienische Republik nicht bestreitet – 2001 abgeschafft worden war, nicht zu der fraglichen Beihilferegelung. Die Super DIT wird in Art. 11 des DL 269/2003 lediglich erwähnt, um zu verhindern, dass die betroffenen Unternehmen zweimal Steuervergünstigungen erhalten.

76      Was sodann die behauptete Kenntnis der Kommission von der Super DIT im Rahmen ihrer Tätigkeit zur Überwachung der Anwendung der Regelungen über den Binnenmarkt und die Prüfung der Super DIT durch den Rat „Wirtschaft und Finanzen“ angeht, ist zum einen festzustellen, dass diese beiden Aspekte nicht unter die Kontrolle der staatlichen Beihilfen fallen, und zum anderen, dass die scheinbare Untätigkeit der Kommission in Bezug auf eine Maßnahme, die eine staatliche Beihilfe darstellen könnte, irrelevant ist, wenn ihr, wie es hier der Fall ist, eine Beihilferegelung nicht gemeldet wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 2004, Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, C-183/02 P und C-187/02 P, Slg. 2004, I-10609, Randnr. 52).

77      Ferner wirkt sich der Umstand, dass die Kommission von der Super DIT detaillierte Kenntnisse gehabt haben und sich, obwohl sie ein förmliches Prüfverfahren hätte einleiten können, nie dazu geäußert haben soll, ob es sich bei der Super DIT um eine staatliche Beihilfe handelt, weder auf den Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG noch auf die Einstufung als neue oder bestehende Beihilfe im Sinne der Verordnung Nr. 659/1999 aus.

78      Jedenfalls ist, selbst wenn die Super DIT und die fragliche Beihilferegelung in einem Zusammenhang von Kontinuität und Erweiterung stehen sollten, die Tatsache, dass die Kommission nicht gegen die Super DIT vorgegangen ist, unerheblich, da die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende Beihilferegelung, unabhängig von der Super DIT geprüft, eine staatliche Beihilfe darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1988, Griechenland/Kommission, 57/86, Slg. 1988, 2855, Randnr. 10, und vom 15. Dezember 2005, Unicredito Italiano, C-148/04, Slg. 2005, I-11137, Randnr. 105).

79      Schließlich ist daran zu erinnern, dass die Kommission nach der oben in Randnr. 69 angeführten Rechtsprechung nicht auf alle Argumente einzugehen brauchte, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht hatten. Es reichte aus, dass sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Zweck der angefochtenen Entscheidung wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. in diesem Sinne auch Urteil Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). Darüber hinaus war die Kommission auch nicht gehalten, die angefochtene Entscheidung eingehend zu begründen, um auf Argumente zu antworten, die sie für nicht oder nur wenig relevant hielt (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 29. April 2005, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, C-404/04 P-R, Slg. 2005, I-3539, Randnr. 37). Da die Super DIT nicht Bestandteil der in Rede stehenden Beihilferegelung ist und ihre Vereinbarkeit mit den Regeln für staatliche Beihilfen von der Kommission nicht geprüft wurde, kam ihr in der Systematik der angefochtenen Entscheidung keine wesentliche Bedeutung zu.

80      Daher ist nicht zu beanstanden, dass die Kommission nicht eigens auf die Behauptung eingegangen ist, dass die fraglichen Maßnahmen als Fortführung der Super DIT betrachtet und deshalb mit allgemeinen Grundsätzen des italienischen Steuersystems gerechtfertigt werden könnten.

81      Folglich ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zur unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf den selektiven Charakter der streitigen Maßnahmen

82      Die Kommission widmet die Randnrn. 26 bis 32 der angefochtenen Entscheidung dem Nachweis eines selektiven Vorteils.

83      Erstens vertritt sie in Randnr. 26 der angefochtenen Entscheidung die Ansicht, dass mit den fraglichen Maßnahmen eine Ausnahme von der normalen Funktionsweise des Steuersystems eingeführt und Unternehmen, die im kurzen Zeitraum der Anwendung der Beihilferegelung in der Lage seien, an einer Börse notiert zu werden, ein exklusiver Vorteil verschafft werde, von dem diejenigen Unternehmen ausgeschlossen seien, die bereits an der Börse notiert seien, die die Voraussetzungen für einen Börsengang nicht erfüllten oder die sich entschieden, keinen Börsengang in diesem Zeitraum zu unternehmen.

84      In den Randnrn. 27 bis 29 erläutert sie, dass diese Ausnahme nicht durch die Natur des Steuersystems gerechtfertigt sei, weil sie nicht auf einer unterschiedlichen Situation von Unternehmen, die an einer ordentlichen Börse notiert seien, und nicht börsennotierten Unternehmen beruhe. Zum einen sei die in Art. 11 des DL 269/2003 vorgesehene Ermäßigung des Steuersatzes auf die zukünftigen Gewinne der Begünstigten nicht verhältnismäßig, da die Gewinne weder mit ihrer Börsennotierung noch mit ihrer Kapitalstruktur oder den anderen mit der Börsennotierung verbundenen Merkmalen in Zusammenhang stünden, und zum anderen stelle die in Art. 1 Abs. 1 Buchst. d des DL 269/2003 vorgesehene Abzugsfähigkeit vom zu versteuernden Einkommen einen außergewöhnlichen Vorteil dar, da sie zur normalen Absetzbarkeit von Aufwendungen hinzukomme. Außerdem heißt es in der angefochtenen Entscheidung, die kurze Bestandsdauer der Beihilferegelung, aufgrund deren viele potenzielle Begünstigte faktisch ausgeschlossen seien, stehe im Widerspruch zu dem spezifischen Ziel der Förderung von Börsengängen von Unternehmen.

85      Zweitens führt die Kommission in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung aus, dass die streitigen Maßnahmen maßgebliche Auswirkungen auf Unternehmen einer bestimmten Größenordnung hätten und den Wettbewerb dadurch verfälschen könnten, dass sie die Position dieser Unternehmen gegenüber derjenigen der nicht in Italien an der Börse zugelassenen Unternehmen verbesserten. Da die fraglichen Anreize über das Steuersystem gewährt würden, kämen sie darüber hinaus in höherem Maße italienischen Unternehmen zugute, bei denen sich die geringere Besteuerung auf die weltweit erzielten Gewinne erstrecke, als ausländischen Unternehmen, bei denen sie nur die in Italien erzielten Gewinne erfasse. Die Kommission schließt außerdem jede Rechtfertigung durch die Natur des Steuersystems mit der Begründung aus, dass die Beihilferegelung einen außergewöhnlichen Vorteil darstelle, der sich im Rahmen der normalen Handhabung des Steuersystems nicht rechtfertigen lasse.

86      Die Kommission hat somit in der angefochtenen Entscheidung klar zum Ausdruck gebracht, inwiefern die durch die streitigen Maßnahmen begünstigten Unternehmen von einem selektiven Vorteil profitieren. Daher ist der Teil des dritten Klagegrundes, mit dem eine unzureichende Begründung gerügt wird, zurückzuweisen.

 Zur unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Auswirkung der streitigen Maßnahmen auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel

87      Die Kommission muss zwar in der Begründung ihrer Entscheidung zumindest die Umstände aufführen, unter denen eine Beihilfe gewährt worden ist, wenn sie den Nachweis ermöglichen, dass die Beihilfe geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb aktuell oder potenziell zu verfälschen; sie braucht aber nicht die tatsächliche Situation auf den betroffenen Märkten, den Marktanteil der durch die Beihilfe begünstigten Unternehmen, die Stellung der konkurrierenden Unternehmen und die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten wirtschaftlich zu analysieren. Ferner ist sie bei rechtswidrig gewährten Beihilfen nicht verpflichtet, die tatsächlichen Auswirkungen darzutun, die diese Beihilfen auf den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten gehabt haben. Ein solches Erfordernis würde nämlich darauf hinauslaufen, dass die Mitgliedstaaten, die rechtswidrige Beihilfen zahlen, zulasten derjenigen Staaten begünstigt würden, die die Beihilfen in der Planungsphase anmelden (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 29. September 2000, CETM/Kommission, T-55/99, Slg. 2000, II-3207, Randnrn. 100 bis 103, und Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 215).

88      In Anbetracht dieser Rechtsprechung ist nicht ersichtlich, dass die Kommission im vorliegenden Fall ihre Verpflichtung verletzt hätte, den Teil der angefochtenen Entscheidung, der die Auswirkung der streitigen Maßnahmen auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel betrifft, hinreichend zu begründen.

89      Insoweit prüft die Kommission in den Randnrn. 34 bis 37 der angefochtenen Entscheidung, wie sich die fraglichen Maßnahmen auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel auswirken.

90      Zunächst führt sie aus, dass die fraglichen Maßnahmen „den Wettbewerb zwischen Unternehmen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten verfälschen [können], da die begünstigten Unternehmen auf internationalen Märkten tätig sein und Handelsgeschäften und anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten auf Märkten nachgehen können, die von einem intensiven Wettbewerb geprägt sind“ (Randnr. 34 der angefochtenen Entscheidung).

91      Anschließend zählt sie die finanziellen Ziele auf, die die Unternehmen mit der Beantragung der Notierung an der Börse verfolgen, wie etwa die Erweiterung und Diversifizierung der Finanzierungsquellen, die Stärkung ihrer Finanzkraft oder die Erlangung eines Marktwerts, und stellt fest: „Mit der Gewährung eines außerordentlichen Steuervorteils für Unternehmen, die sich für eine Börsenzulassung entscheiden, verschafft die Regelung diesen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil und stärkt ihre Finanzkraft gegenüber anderen Wettbewerbern“. Hierzu erläutert sie, dass die beschriebenen Wirkungen „italienischen Begünstigten zugutekommen können, die auf Märkten tätig sind, auf denen innergemeinschaftlicher Handel stattfindet“, weshalb „die Regelung … Auswirkungen auf den Handel hat und den Wettbewerb verfälscht“ (Randnr. 35 der angefochtenen Entscheidung).

92      Schließlich stellt die Kommission klar, dass die zehn „börsennotierten Unternehmen … verschiedenen Wirtschaftssektoren an[gehören], von der Fertigungsindustrie bis zur öffentlichen Versorgung, die für den internationalen Wettbewerb geöffnet sind“, und führt aus, dass die gewährten Steuererleichterungen beträchtlich seien, da sie sich im dreijährigen Anwendungszeitraum der Beihilferegelung auf bis zu 11,7 Mio. Euro je Begünstigten beliefen (Randnr. 36 der angefochtenen Entscheidung).

93      Die Kommission schließt daraus in Randnr. 37 der angefochtenen Entscheidung, dass „die Regelung in den verschiedenen Wirtschaftssektoren, in denen die Begünstigten ihre Wirtschaftstätigkeit ausüben, eine erhebliche Verfälschung des Wettbewerbs verursacht, da diese Unternehmen auf diesen Gebieten in Italien häufig eine maßgebliche Rolle spielen, wodurch die negative Beurteilung der Regelung gerechtfertigt ist“.

94      Die Begründung der angefochtenen Entscheidung gestattet es somit der Italienischen Republik und dem Gemeinschaftsrichter, die Gründe zu erkennen, aus denen die Kommission die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 87 Abs. 1 EG, die sich auf die Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und die Wettbewerbsverzerrung beziehen, im vorliegenden Fall als erfüllt ansah.

95      Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen der Italienischen Republik, dass bei der Prüfung der Wettbewerbsverzerrung und der Auswirkung der streitigen Maßnahmen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht auf die Maßnahme im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. d des DL 269/2003 eingegangen worden sei, nicht in Frage gestellt. Hierzu genügt der Hinweis, dass die Randnrn. 34 bis 37 der angefochtenen Entscheidung dadurch, dass sie die Wirkungen der „Regelung“ erwähnen, klar und eindeutig erkennen lassen, dass die Begründung der Kommission für die Beihilferegelung in ihrer Gesamtheit und damit für die beiden fraglichen Maßnahmen gilt.

96      Folglich ist der Teil des vierten Klagegrundes, mit dem eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Auswirkung der streitigen Maßnahmen auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel gerügt wird, ebenfalls zurückzuweisen.

 Zur unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Unvereinbarkeit der streitigen Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt

97      Die Kommission analysiert in den Randnrn. 39 bis 45 der angefochtenen Entscheidung die Vereinbarkeit der streitigen Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt.

98      Zunächst führt die Kommission aus, dass diese Vereinbarkeit anhand der Ausnahmeregelungen in Art. 87 Abs. 2 und 3 EG zu prüfen sei (Randnr. 39 der angefochtenen Entscheidung) und dass die italienischen Behörden ihre in der Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens dargelegte Beurteilung, wonach im vorliegenden Fall keine dieser Ausnahmeregelungen zur Anwendung komme, nicht ausdrücklich beanstandet hätten (Randnr. 40 der angefochtenen Entscheidung). Anschließend legt sie dar, dass sich die „Vorteile … nicht nach tatsächlich entstandenen Ausgaben [richten] oder … für Ausgaben gewährt [werden], für die aufgrund der Gruppenfreistellungsverordnungen oder anderer Rahmenbestimmungen der Gemeinschaft keine Beihilfen gewährt werden dürfen“ (Randnr. 41 der angefochtenen Entscheidung). Auch die Ausnahmeregelungen in Art. 87 Abs. 2 und Abs. 3 Buchst. a, b und d EG kämen hier nicht in Betracht (Randnrn. 42 bis 44 der angefochtenen Entscheidung). Speziell zu Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG führt sie aus, dass die „mit dieser Regelung gewährten Steuererleichterungen … nicht im Zusammenhang mit bestimmten Investitionen[, der] Schaffung von Arbeitsplätzen oder bestimmten Vorhaben [stehen]“, sondern „lediglich eine Verringerung der Belastungen dar[stellen], die die beteiligten Unternehmen im Laufe ihrer normalen Geschäftstätigkeit zu tragen haben, und … daher als staatliche Betriebsbeihilfen und damit als nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu betrachten [sind]“ (Randnr. 45 der angefochtenen Entscheidung).

99      Was insbesondere die Verpflichtung der Kommission betrifft, die darin bestehen soll, ihre Folgerung, dass die fraglichen Maßnahmen nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien, obwohl die Beihilfen möglicherweise als Betriebsbeihilfen gerechtfertigt werden könnten, gesondert zu begründen, ist daran zu erinnern, dass die Kommission nach der oben in Randnr. 68 angeführten Rechtsprechung nicht auf alle Argumente einzugehen braucht, die die Betroffenen geltend gemacht haben. Es reicht aus, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen in der Systematik der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt. Ferner ist sie nach der oben in Randnr. 79 angeführten Rechtsprechung auch nicht gehalten, ihre Entscheidung eingehend zu begründen, um auf Argumente zu antworten, die sie für nicht oder nur wenig relevant hält.

100    Insoweit genügt die Feststellung, dass die Kommission in den Randnrn. 39 bis 45 der angefochtenen Entscheidung rechtlich hinreichend die Gründe angegeben hat, die für ihre Feststellung ausschlaggebend waren, dass die Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, und in Randnr. 46 der angefochtenen Entscheidung erklärt hat, dass keine der für Betriebsbeihilfen vorgesehenen Ausnahmen auf diese Beihilfen anwendbar sei.

101    Somit lässt sich anhand der Begründung der angefochtenen Entscheidung nachvollziehen, warum die Kommission die Anwendung der Ausnahmeregelungen in Art. 87 Abs. 2 und 3 EG ausgeschlossen hat und inbesondere warum sie die streitigen Maßnahmen als vom Anwendungsbereich des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG ausgeschlossene Betriebsbeihilfen und nicht als Investitionsbeihilfen angesehen hat.

102    Nach alledem ist der Teil des fünften Klagegrundes, mit dem eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Unvereinbarkeit der streitigen Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt beanstandet wird, zurückzuweisen.

3.     Zum Verstoß gegen Art. 87 EG

103    Die Italienische Republik macht im Rahmen ihrer Klagegründe 3, 4 und 5 in Bezug auf verschiedene Aspekte der Beurteilung der streitigen Maßnahmen durch die Kommission einen Verstoß gegen Art. 87 EG geltend. Sie bestreitet im Rahmen des dritten Klagegrundes die Existenz eines Vorteils für neu an der Börse notierte Unternehmen wie auch den selektiven Charakter dieses Vorteils, im Rahmen des vierten Klagegrundes die Auswirkung der streitigen Maßnahmen auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel und im Rahmen des fünften Klagegrundes die Unvereinbarkeit der betreffenden Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt.

 Zur Selektivität des Vorteils für neu an der Börse notierte Unternehmen

 Vorbringen der Parteien

104    Im Rahmen des vierten Klagegrundes macht die Italienische Republik geltend, dass die geprüften Maßnahmen keinen selektiven Charakter hätten oder die mit ihnen vorgenommene Differenzierung durch die Natur oder die Struktur des Steuersystems gerechtfertigt sei.

105    Die Italienische Republik bestreitet, dass, wie es in Randnr. 26 der angefochtenen Entscheidung heißt, der selektive Charakter des Vorteils darin liegt, dass die streitigen Maßnahmen „eine Ausnahme von der normalen Funktionsweise des Steuersystems bilde[n] und bestimmte Unternehmen oder Produktionsformen insofern begünstige[n], als sie eine spezifische Regelung darstell[en], von der nur die Unternehmen profitieren können, die in dem von der Regelung vorgesehenen Zeitraum in der Lage sind, zu einer Börse zugelassen zu werden“. Da die betreffende Beihilferegelung alle Aktiengesellschaften erfasse, die potenziell in der Lage seien, sich an der Börse notieren zu lassen, sei sie nicht selektiv. Denn eine neue Beihilferegelung wende sich zwangsläufig an diejenigen, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens die darin vorgesehenen Voraussetzungen erfüllten, nicht aber an diejenigen, bei denen diese Voraussetzungen nicht vorlägen oder früher vorgelegen hätten.

106    Die Italienische Republik wendet sich auch gegen die Aussage in Randnr. 27 der angefochtenen Entscheidung, dass die fragliche Beihilferegelung nicht mit der Natur des italienischen Steuersystems gerechtfertigt werden könne, dass sie nicht verhältnismäßig sei, weil die Ermäßigung des Steuersatzes für zukünftige Gewinne der Begünstigten gelte, die weder mit ihrer Börsennotierung noch mit ihrer Kapitalstruktur oder den anderen mit der Börsennotierung verbundenen Merkmalen im Zusammenhang stünden, und dass sie auch nicht aufgrund ihrer spezifischen Zielsetzung zu rechtfertigen sei, da sie wegen ihrer kurzen Bestandsdauer von vielen potenziellen Begünstigten faktisch nicht in Anspruch genommen werden könne. Die Italienische Republik ist der Ansicht, dass mit den fraglichen Maßnahmen eine Differenzierung eingeführt werde, die in der Logik des Steuersystems liege, da sie einer Situation – der der börsennotierten Unternehmen – entspreche, die objektiv eine andere sei als die Situation der nicht börsennotierten Unternehmen. Auf die börsennotierten Unternehmen kämen erhebliche Kosten zu, die teilweise bei ihnen verblieben, da es vorkommen könne, dass sie nicht ab dem Besteuerungsjahr, in dem sie angefallen seien, abzugsfähig seien, oder, selbst wenn dies der Fall sei, ihre Abzugsfähigkeit zu einer Steuerersparnis führe, die den auf die zu versteuernden Einkünfte anwendbaren Steuersatz nicht übersteige.

107    Die Urteile des Gerichtshofs vom 8. November 2001, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C-143/99, Slg. 2001, I-8365, Randnrn. 41 und 42), und vom 13. Februar 2003, Spanien/Kommission (C-409/00, Slg. 2003, I-1487, Randnr. 52), bestätigten, dass die abweichende steuerliche Behandlung börsennotierter Unternehmen in der Logik des Systems liege und kein selektiver Schritt sei.

108    Zum Vorbringen der Kommission, dass die Ermäßigung des Steuersatzes gemäß Art. 11 des DL 269/2003 nicht an die Aufwendungen für den Börsengang anknüpfe, sondern an die Gewinne der Unternehmen, macht die Italienische Republik geltend, dass es möglicherweise keine Gewinne gegeben habe, so dass die Ermäßigung des Satzes keine reale Auswirkung habe; selbst wenn Gewinne erzielt worden seien, handele es sich mit Sicherheit um Gewinne, die aufgrund der durch den Börsengang selbst verursachten Aufwendungen erheblich vermindert seien.

109    Deshalb sei die Behauptung der Kommission, dass die unterschiedliche Behandlung keiner „unterschiedliche[n] Situation von börsennotierten und nicht börsennotierten Unternehmen“ entspreche (Randnr. 27 der angefochtenen Entscheidung), rechtlich fehlerhaft.

110    Zudem sei für die Beurteilung der Selektivität der fraglichen Maßnahmen nicht die Situation aller Aktiengesellschaften zu vergleichen, sondern allein die Situation der Aktiengesellschaften, die für die Notierung an der Börse überhaupt in Betracht kämen. In diesem Fall sei offensichtlich, dass mit den streitigen Maßnahmen dadurch, dass sie unterschiedslos an alle Aktiengesellschaften gerichtet seien, die für die Notierung an der Börse in Frage kämen, keine „subjektive“ Selektion vorgenommen werde.

111    Ferner habe die Kommission nicht die Kohärenz der beiden fraglichen Maßnahmen berücksichtigt, mit denen eine frühere Steuererleichterung zugunsten neu an der Börse notierter Unternehmen, nämlich die Super DIT, fortgeführt worden sei.

112    Am nicht selektiven Charakter der Maßnahmen ändere sich auch dadurch nichts, dass sie vorübergehend seien, zumal die zeitliche Begrenzung es ermögliche, die fragliche Beihilferegelung mit den budgetären Erfordernissen des Staates in Einklang zu bringen, und sich auch mit dem experimentellen Charakter der Maßnahme erklären lasse.

113    Randnr. 28 der angefochtenen Entscheidung, wonach auch die in Art. 1 Abs. 1 Buchst. d des DL 269/2003 vorgesehene Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für den Börsengang einen außergewöhnlichen Vorteil darstelle, da sie zur normalen Absetzbarkeit von Aufwendungen hinzukomme, sei insofern widersprüchlich, als die Kommission einerseits erkläre, dass die betreffende Maßnahme als durch das spezifische Ziel der Beihilferegelung gerechtfertigt angesehen werden könnte, und andererseits diese Rechtfertigung hinsichtlich der anderen fraglichen Maßnahme, nämlich der Steuerermäßigung nach Art. 11 des DL 269/2003, nicht gelten lasse.

114    Zu Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung, wonach die fraglichen Maßnahmen wegen der geringeren Besteuerung der weltweit erzielten Gewinne vor allem italienischen Unternehmen zugutekämen, sei festzustellen, dass der selektive Charakter einer Maßnahme ausschließlich durch einen Vergleich der Fälle, auf die sie sich beziehe, mit den Fällen, die sie ausschließe, beurteilt werden müsse, wohingegen ein Vergleich der von der untersuchten Maßnahme erfassten Fälle untereinander, um zu ermitteln, ob in diesen Fällen Vorteile in gleicher oder verschiedener Höhe gezogen würden, für die Feststellung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe unerheblich sei.

115    Schließlich könne nicht jede unterschiedliche Auswirkung der streitigen Maßnahmen auf begünstigte italienische Unternehmen einerseits und begünstigte ausländische Unternehmen andererseits verboten sein, da es normal sei, dass ein Steuersystem auf dem Grundsatz der Unbeschränktheit der Steuern und Gewinne in Bezug auf Gebietsansässige und dem Grundsatz der beschränkten Steuerpflicht für Gebietsfremde beruhe (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 14. Februar 1995, Schumacker, C-279/93, Slg. 1995, I-225, Randnrn. 31, 32 und 34, und vom 14. September 1999, Gschwind, C-391/97, Slg. 1999, I-5451, Randnrn. 21 bis 24).

116    Die Kommission weist das Vorbringen der Italienischen Republik zurück.

 Würdigung durch das Gericht

117    Art. 87 Abs. 1 EG verbietet staatliche Beihilfen zur „Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige“, d. h. selektive Beihilfen (Urteil vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 94). Nach ständiger Rechtsprechung umfasst der Begriff der staatlichen Beihilfe jedoch staatliche Maßnahmen, die eine Differenzierung zwischen Unternehmen vornehmen und damit a priori selektiv sind, dann nicht, wenn diese Differenzierung aus der Natur oder der Struktur der Lastenregelung folgt, mit der sie in Zusammenhang stehen (Urteile des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Niederlande/Kommission, C-159/01, Slg. 2004, I-4461, Randnr. 42, und vom 6. September 2006, Portugal/Kommission, C-88/03, Slg. 2006, I-7115, Randnr. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

118    Daher ist zunächst zu prüfen, ob die streitigen Maßnahmen zur Ermäßigung der Steuersätze a priori selektiven Charakter haben und, wenn ja, ob diese Maßnahmen, wie die Italienische Republik vorträgt, durch die Natur und die Struktur des italienischen Steuersystems gerechtfertigt sind.

–       Zum a priori selektiven Charakter der streitigen Maßnahmen

119    Zur Beurteilung des Merkmals der Selektivität, das zum Begriff der staatlichen Beihilfe gehört, verlangt Art. 87 Abs. 1 EG nach der Rechtsprechung die Feststellung, ob eine nationale Maßnahme im Rahmen einer konkreten rechtlichen Regelung geeignet ist, bestimmte Unternehmen gegenüber anderen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden (vgl. Urteile Spanien/Kommission, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 47, und Portugal/Kommission, oben in Randnr. 117 angeführt, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

120    Im vorliegenden Fall ergibt sich die Selektivität der mit Art. 1 Abs. 1 Buchst. d und Art. 11 des DL 269/2003 geschaffenen Steuervergünstigung aus verschiedenen Elementen. Zunächst werden das Recht auf Ermäßigung des Einkommensteuersatzes in den drei auf die Notierung an der Börse folgenden Jahren wie auch das Recht auf Abzug eines Betrags in Höhe der Aufwendungen für den Börsengang von dem zu versteuernden Einkommen nur Unternehmen zugestanden, die neu an einer ordentlichen Börse notiert werden. Sodann müssen diese Unternehmen, d. h. neu an der Börse notierte Aktiengesellschaften, zwischen dem 2. Oktober 2003, dem Tag des Inkrafttretens des DL 269/2003, und dem 31. Dezember 2004, dem letzten Tag für die erstmalige Notierung gemäß Art. 11 des DL 269/2003, die Notierung an einer ordentlichen Börse erwirken. Die fraglichen Maßnahmen begünstigen also nur diejenigen Unternehmen, die die genannten Schritte vornehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 97), und zwar in dem kurzen Zeitraum von fünfzehn Monaten, in dem die Beihilferegelung Anwendung findet (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichts vom 6. März 2002, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, T-92/00 und T-103/00, Slg. 2002, II-1385, Randnr. 49). Jedes andere Unternehmen ist nämlich von den Vorteilen der Beihilferegelung ausgeschlossen, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich um bereits an der Börse notierte Unternehmen handelt oder um solche, die die Voraussetzungen für die Notierung an der Börse in dem von der Beihilferegelung erfassten Zeitraum nicht erfüllen und dies auch nicht können. Zu ergänzen ist insoweit, dass, wie aus Randnr. 18 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht und wie die Kommission in ihren Schriftsätzen – von der Italienischen Republik unbestritten – mehrfach geltend gemacht hat, der in der Beihilferegelung vorgesehene kurze Zeitraum im Grunde mit der Zeit vergleichbar war, die benötigt wird, um die Notierung an der Börse zu planen, in die Wege zu leiten und zu Ende zu führen, wenn man die hierfür geltenden Vorschriften berücksichtigt, die strenge Anforderungen an die Unternehmen stellen, die an der Börse notiert werden wollen. Die mit den streitigen Maßnahmen gewährten Vergünstigungen waren daher, wie die Italienische Republik in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, faktisch nur denjenigen Unternehmen zugänglich, die bereits die Börsennotierung beantragt hatten, dies wenigstens beabsichtigt hatten oder bereit waren, sehr bald ein solches Vorhaben in Angriff zu nehmen.

121    Soweit die Unternehmen, die in dem von der Beihilferegelung umfassten Zeitraum an der Börse notiert worden sind, Steuererleichterungen – nämlich die Ermäßigung des Einkommensteuersatzes und die zur normalen Absetzbarkeit hinzukommende Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für den Börsengang vom zu versteuernden Einkommen – erhalten, die Unternehmen, die keine der von den betreffenden Maßnahmen erfassten Schritte ergreifen, nicht zugänglich sind, erhalten sie Vergünstigungen, auf die sie im Rahmen der normalen Anwendung des Steuerrechts keinen Anspruch gehabt hätten. Demgemäß sind die streitigen Maßnahmen selektiv.

122    Die streitigen Maßnahmen sind auch deshalb selektiv, weil sie faktisch die in Italien an der Börse notierten Unternehmen gegenüber denjenigen begünstigen, die nicht dort notiert sind (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1983, Kommission/Italien, 203/82, Slg. 1983, 2525). Wie nämlich die Kommission in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt hat, kommt die Steuerbegünstigung, die in Abweichung von der normalen steuerlichen Behandlung allen in Italien steuerpflichtigen Unternehmen, die ihre Notierung an einer ordentlichen Börse erhalten, gewährt wird, vor allem Unternehmen mit Sitz in Italien zugute. Zudem gelten die Steuererleichterungen bei diesen Unternehmen für die weltweit erzielten Gewinne, wohingegen sie bei ausländischen Unternehmen nur für die in Italien erzielten Gewinne gelten.

123    Daran ändert auch das Vorbringen der Italienischen Republik nichts, wonach der selektive Charakter einer Maßnahme ausschließlich durch einen Vergleich der Fälle, auf die sie sich beziehe, mit den Fällen, die sie ausschließe, und nicht durch einen Vergleich der von der untersuchten Maßnahme erfassten Fälle untereinander beurteilt werden müsse. Insoweit ist daran zu erinnern, dass Art. 87 Abs. 1 EG jede Beihilfe verbieten soll, die zur Begünstigung „bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige“ geeignet ist, und eine Beihilfemaßnahme anhand ihrer Wirkungen definiert. Wie die Kommission zu Recht vorträgt, ist durch nichts ausgeschlossen, dass eine Maßnahme, die bereits auf bestimmte Subjekte – hier die börsennotierten Unternehmen – beschränkt ist, bestimmten Begünstigten – hier den italienischen Unternehmen, bei denen die Steuererleichterungen für die weltweit erzielten Gewinne gelten – einen größeren Vorteil verschafft als anderen Unternehmen, die ebenfalls Begünstigte der Beihilferegelung sind, nämlich den ausländischen Unternehmen, bei denen die Steuererleichterungen nur für die in Italien erzielten Gewinne gelten.

124    Aus alledem folgt, dass die fraglichen Maßnahmen „bestimmte Unternehmen“ im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG begünstigen. Daher ist zu prüfen, ob die mit diesen Maßnahmen eingeführte Differenzierung mit der Natur oder der allgemeinen Struktur des Steuersystems gerechtfertigt werden kann, mit der sie in Zusammenhang stehen.

–       Zur Rechtfertigung der streitigen Maßnahmen mit der Natur und der Struktur des italienischen Steuersystems

125    Dient eine Differenzierung, wie sie hier in Rede steht, anderen Zielen als denen, die mit dem allgemeinen System verfolgt werden, ist grundsätzlich anzunehmen, dass die fragliche Maßnahme die in Art. 87 Abs. 1 EG vorgesehene Bedingung der Selektivität erfüllt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission, 173/73, Slg. 1974, 709, Randnr. 33, und Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 49). Außerdem obliegt es dem Mitgliedstaat, der eine derartige Differenzierung zwischen Unternehmen im Bereich von Belastungen vorgenommen hat, darzutun, dass sie tatsächlich durch die Natur und die Struktur des fraglichen Systems gerechtfertigt ist (Urteil Niederlande/Kommission, oben in Randnr. 117 angeführt, Randnr. 43).

126    Die Italienische Republik ist der Ansicht, dass die Steuerermäßigung ein Steueranreiz für den Börsengang der durch die fragliche Beihilferegelung erfassten Unternehmen gewesen sei, da auf jedes Unternehmen, das an der Börse oder einem anderen geregelten Markt zugelassen werden wolle, hohe Kosten zukämen. Die betreffenden Maßnahmen trügen daher einer besonderen Situation der die Zulassung anstrebenden Unternehmen Rechnung, die sich objektiv von der Situation der anderen Unternehmen unterscheide.

127    Die Kommission führt hierzu in Randnr. 27 der angefochtenen Entscheidung aus, dass mit den streitigen Maßnahmen nicht auf einen steuerlich relevanten Unterschied zwischen Unternehmen, die an der Börse oder auf einem anderen geregelten Markt zugelassen seien, und nicht zugelassenen Unternehmen eingegangen werde.

128    Daher ist zu prüfen, ob die Kommission zu Recht jeden Zusammenhang zwischen den streitigen Maßnahmen und einer objektiv besonderen Situation der durch sie Begünstigten verneint hat.

129    Dabei sind beide Maßnahmen gesondert zu untersuchen.

130    Zum einen gelten – wie die Kommission in Randnr. 27 der angefochtenen Entscheidung zu Recht feststellt – die Steuererleichterungen gemäß Art. 11 des DL 269/2003, da sie bei der Notierung an der Börse gewährt werden, für die zukünftigen Gewinne der begünstigten Unternehmen, die weder mit der Börsennotierung der Begünstigten noch mit den Aufwendungen für den Börsengang oder irgendeinem anderen Nachteil, der sich aus dieser besonderen Situation ergeben soll, in Zusammenhang stehen. Zudem ist die Beihilferegelung im Hinblick auf ihre kurze Bestandsdauer auch nicht aufgrund ihrer spezifischen Zielsetzung, nämlich der Förderung der Börsennotierung von Unternehmen, zu rechtfertigen, da sie faktisch zahlreiche potenzielle Begünstigte ausschließt.

131    Die Italienische Republik hat im Übrigen keinen Zusammenhang zwischen den besonderen Merkmalen der börsennotierten Unternehmen – und insbesondere den Nachteilen, die mit der Börsennotierung hinsichtlich des Zugangs zum Kapitalmarkt und der Organisationskosten verbunden sein sollen – und den betreffenden Maßnahmen dargetan.

132    Selbst wenn man unterstellt, dass die börsennotierten Unternehmen Merkmale aufweisen könnten, die von denen der nicht börsennotierten Unternehmen abweichen, insbesondere in Bezug auf den Zugang zum Kapitalmarkt und die Organisationskosten, ist deshalb davon auszugehen, dass die Steuererleichterungen gemäß Art. 11 des DL 269/2003 nicht mit diesen Merkmalen in Zusammenhang stehen.

133    Zum anderen handelt es sich, wie die Kommission in Randnr. 28 der angefochtenen Entscheidung zu Recht feststellt, auch bei der in Art. 1 Abs. 1 Buchst. d des DL 269/2003 vorgesehenen Abzugsfähigkeit vom zu versteuernden Einkommen, die zur normalen Absetzbarkeit von Aufwendungen hinzukommt, um einen außergewöhnlichen Vorteil. Selbst wenn sie sich aufgrund der spezifischen Zielsetzung der Beihilferegelung, die Börsennotierung von Unternehmen zu fördern, rechtfertigen ließe, ist wiederum festzustellen, dass sie, wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, wegen ihrer kurzen Bestandsdauer im Widerspruch zu diesem Ziel steht, da sie faktisch zahlreiche potenzielle Begünstigte ausschließt.

134    Anders als die Italienische Republik meint, ist die angefochtene Entscheidung ferner nicht deshalb widersprüchlich, weil die Kommission scheinbar die Rechtfertigung der in Art. 11 des DL 269/2003 aufgeführten Steueranreize durch die Natur oder die Struktur des Systems kategorisch ausgeschlossen (Randnr. 27 der angefochtenen Entscheidung), aber gleichzeitig eine Rechtfertigung der Steueranreize im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. d des DL 269/2003 für möglich gehalten hat (Randnr. 28 der angefochtenen Entscheidung).

135    Insoweit schließt die Kommission in Bezug auf die erste Maßnahme zu Recht jede Möglichkeit der Rechtfertigung von vornherein aus, da die betreffende Maßnahme nicht mit einer besonderen Situation der börsennotierten Unternehmen in Zusammenhang steht, und verneint in Bezug auf die zweite Maßnahme zu Recht jede Rechtfertigung im konkreten Fall, nachdem sie festgestellt hat, dass sich eine solche Maßnahme, da sie sich auf Ausgaben für den Börsengang bezieht, eventuell hätte rechtfertigen lassen.

136    Daraus folgt, dass die Kommission nicht gegen Art. 87 Abs. 1 EG verstoßen hat, als sie die Auffassung vertreten hat, dass die fraglichen Maßnahmen „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ begünstigten, und dass die betreffenden Maßnahmen in Ermangelung eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen ihnen und der Zielsetzung der Beihilferegelung sich nicht in die Natur und die Struktur des italienischen Steuersystems einfügen.

137    Daran ändert auch der von der Italienischen Republik behauptete Zusammenhang zwischen den streitigen Maßnahmen und entsprechenden früheren Maßnahmen, nämlich der Super DIT, nichts.

138    Die Italienische Republik hat nämlich einen solchen Zusammenhang nicht nachgewiesen.

139    Zunächst ist festzustellen, dass es einen Bruch der Kontinuität zwischen den beiden Regelungen gibt, da die Super DIT im Jahr 2001 abgeschafft worden war, auch wenn sie vorübergehend auf Unternehmen weiter angewandt wurde, die bis zum 30. Juni 2001 Kapitalerhöhungen vorgenommen hatten, und die fraglichen Maßnahmen im Oktober 2003 eingeführt wurden.

140    Außerdem haben die beiden Regelungen einen völlig anderen Anwendungsbereich. Die Super DIT sah für die drei auf die erste Börsenzulassung folgenden Besteuerungszeiträume Ermäßigungen des Steuersatzes nur für den gewöhnlichen Ertrag der Erhöhung des investierten Kapitals bei Unternehmen vor, deren Anteile an einer ordentlichen Börse notiert sind. Wie die Kommission erläutert, sollte mit der Super DIT die Benachteiligung der Zuflüsse neuen Risikokapitals bei Börsengängen, deren steuerliche Behandlung ungünstiger ist als die Finanzierung über Kredit, gemildert werden. Demgegenüber sehen die streitigen Maßnahmen zum einen Ermäßigungen des Steuersatzes für das Welteinkommen und zum anderen eine zur normalen Absetzbarkeit hinzukommende Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für den Börsengang vor.

141    Selbst wenn die beiden aufeinanderfolgenden Maßnahmen in einem Zusammenhang von Kontinuität und Erweiterung stehen sollten, genügte dieser Aspekt allein nicht für den Nachweis, dass sich die streitigen Maßnahmen in die Natur und die Struktur des Systems einfügen, da sich die Kommission, wie oben in Randnr. 75 festgestellt, nicht dazu geäußert hat, ob es sich bei der Super DIT möglicherweise um eine staatliche Beihilfe handelt.

142    Soweit sich die Italienische Republik schließlich darauf beruft, dass die unterschiedliche Behandlung Gebietsansässiger und Gebietsfremder letztlich in der Logik des nationalen Steuersystems liege, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Wirkungen der streitigen Maßnahmen hier nicht aus der Festsetzung der Bemessungsgrundlage als solcher und damit aus den unterschiedlichen Besteuerungsmodalitäten ergeben, deren Kohärenz die Italienische Republik betont. Diese Wirkungen folgen vielmehr, wie die Kommission zu Recht geltend macht, aus der Entscheidung, die fraglichen Vergünstigungen mit der Bemessungsgrundlage zu verbinden, und somit einer Entscheidung, die der Logik des Steuersystems fremd ist. Die Vergünstigungen, die grundsätzlich die Notierung an einer ordentlichen Börse fördern sollen, gelten mit anderen Worten für die Bemessungsgrundlage, die in keinerlei Zusammenhang mit der Börsennotierung steht. Obwohl die Vergünstigung ihren Ursprung in der Börsennotierung hat, führt die Beihilferegelung folglich in der Praxis dazu, dass je nachdem, ob der Empfänger seine Hauptniederlassung in Italien oder anderswo hat, eine andere Vergünstigung gewährt wird.

143    Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen, soweit er auf einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG gestützt wird.

 Zur Auswirkung der streitigen Maßnahmen auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb

 Vorbringen der Parteien

144    Im Rahmen des vierten Klagegrundes beanstandet die Italienische Republik die Analyse der Kommission in Bezug auf die zwei Tatbestandsmerkmale der Beeinträchtigung des Wettbewerbs und der Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels.

145    Ihrer Auffassung nach handelt es sich bei einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs per definitionem um eine Veränderung des bestehenden Wettbewerbsgleichgewichts und damit eine Wirkung, die nur über einen gewissen Zeitraum beurteilt werden könne. Die Kommission habe nicht angegeben, warum die streitigen Maßnahmen ungeachtet ihrer kurzen Dauer und ihres geringen Betrags für sich genommen das Potenzial haben sollten, das Wettbewerbsgleichgewicht dauerhaft zu verändern. Die Italienische Republik beruft sich hierzu auf die Rechtsprechung, nach der „eine relativ geringfügige Beihilfe den Handel … beeinträchtigen kann, wenn in dem Sektor, in dem das dadurch begünstigte Unternehmen tätig ist, ein lebhafter Wettbewerb herrscht“, und zieht daraus den Schluss, dass die Kommission gehalten sei, wenigstens eine knappe Analyse der Sektoren, in denen die von den streitigen Maßnahmen jeweils Begünstigten tätig sein könnten, und der Wettbewerbssituation in diesen Sektoren vorzunehmen; daran fehle es im vorliegenden Fall.

146    Obwohl eine ökonomische Analyse geboten sei, habe sich die Kommission mit allgemeinen Ausführungen begnügt, ohne zwischen den Sektoren auf Gemeinschaftsebene und denen von bloß nationaler Bedeutung zu unterscheiden, wenngleich sie eingeräumt habe, dass einige Begünstigte möglicherweise nur in Letzteren tätig seien.

147    Die Kommission habe ferner nicht nachgewiesen, dass die streitigen Maßnahmen Betriebsbeihilfen seien. Diese Maßnahmen hätten vielmehr zum Zweck, die mit der Notierung von Unternehmen an der Börse verbundene Stärkung ihrer Kapitalausstattung zu fördern. Da es sich also um Maßnahmen mit struktureller Wirkung handele und nicht um Hilfen für den laufenden Geschäftsbetrieb, hätte ihre angenommene Wirkung auf den Wettbewerb von der Kommission eingehend analysiert werden müssen.

148    Was insbesondere die Wettbewerbsverzerrung angeht, macht die Italienische Republik geltend, in Bezug auf die in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigten Begünstigten der Beihilferegelung, d. h. die wichtigsten Marktteilnehmer, sei die steuerliche Vergünstigung, die sich auf eine Gesamtersparnis von 11,7 Mio. Euro für die drei Jahre der Anwendung des ermäßigten Satzes belaufe, als solche nicht geeignet, eine wesentliche Auswirkung auf ihre Wettbewerbsstellung, gemessen am Umsatz dieser Unternehmen, zu haben, vorbehaltlich einer eingehenderen Prüfung, die hier nicht erfolgt sei.

149    Da die Ermäßigung des Steuersatzes bezwecke, die Unternehmen, die gerade an der Börse notiert worden seien und deshalb hohe Kosten trügen, und die Unternehmen, die weder an der Börse notiert worden seien noch dies beabsichtigten, auf die gleiche Stufe zu stellen, verschaffe sie den börsennotierten Unternehmen keinen Vorteil und führe deshalb nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung.

150    Die Kommission weist das Vorbringen der Italienischen Republik zurück.

 Würdigung durch das Gericht

151    Art. 87 Abs. 1 EG verbietet Beihilfen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.

152    Im Rahmen ihrer Beurteilung dieser beiden Voraussetzungen ist die Kommission nicht verpflichtet, eine tatsächliche Auswirkung der Beihilfen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und eine tatsächliche Wettbewerbsverzerrung nachzuweisen, sondern hat nur zu prüfen, ob die Beihilfen geeignet sind, diesen Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen (vgl. Urteil vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 111 und die dort angeführte Rechtsprechung).

153    Insbesondere ist, wenn eine von einem Mitgliedstaat gewährte Beihilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen, mit ihm konkurrierenden Unternehmen im innergemeinschaftlichen Handel stärkt, dieser als durch die Beihilfe beeinflusst anzusehen. Die begünstigten Unternehmen brauchen daher nicht selbst am innergemeinschaftlichen Handel teilzunehmen. Wenn nämlich ein Mitgliedstaat einem Unternehmen eine Beihilfe gewährt, kann die inländische Tätigkeit dadurch aufrechterhalten oder verstärkt werden, so dass sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, den Markt dieses Mitgliedstaats zu durchdringen, verringern. Zudem kann die Stärkung eines Unternehmens, das bis dahin nicht am innergemeinschaftlichen Handel teilgenommen hat, dieses in die Lage versetzen, den Markt eines anderen Mitgliedstaats zu durchdringen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnrn. 115 und 117 und die dort angeführte Rechtsprechung).

154    Auch eine relativ geringfügige Beihilfe kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, wenn in den Sektoren, in denen die begünstigten Unternehmen tätig sind, ein lebhafter Wettbewerb herrscht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 30. April 1998, Vlaams Gewest/Kommission, T-214/95, Slg. 1998, II-717, Randnr. 49).

155    Begünstigt eine staatliche Stelle ein Unternehmen, das in einer durch intensiven Wettbewerb gekennzeichneten Branche tätig ist, durch die Einräumung eines Vorteils, so liegt außerdem nach ständiger Rechtsprechung eine Verzerrung des Wettbewerbs oder die Gefahr einer solchen Verzerrung vor. Ist der Vorteil geringer, wird der Wettbewerb zwar weniger stark, aber dennoch verfälscht. Das Verbot in Art. 87 Abs. 1 EG gilt für jede Beihilfe, die den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht, unabhängig von ihrer Höhe, sofern sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt (Urteil Vlaams Gewest/Kommission, oben in Randnr. 154 angeführt, Randnr. 46).

156    Den Randnrn. 34 bis 36 der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass die Kommission im Einklang mit der oben angeführten Rechtsprechung geprüft hat, ob die streitigen Maßnahmen den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen können. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die betreffenden Maßnahmen den begünstigten Unternehmen, die auf internationalen Märkten und auf Märkten, die von einem intensiven Wettbewerb geprägt seien, operierten, einen Wettbewerbsvorteil verschafften und ihre Finanzkraft stärkten, was zudem italienischen Begünstigten zugutekommen könne, die auf Märkten tätig seien, auf denen innergemeinschaftlicher Handel stattfinde. Sie fügt hinzu, dass die begünstigten Unternehmen verschiedenen Sektoren – von der verarbeitenden Industrie bis zur öffentlichen Versorgung – angehörten, die alle für den internationalen Wettbewerb geöffnet seien, und dass die erhaltenen Steuererleichterungen beträchtlich seien, da sie sich auf bis zu 11,7 Mio. Euro je Begünstigten in den drei Jahren der Anwendung der Beihilferegelung beliefen.

157    Entgegen dem Vorbringen der Italienischen Republik war die Kommission weder verpflichtet, eine „dauerhafte“ Beeinträchtigung des Wettbewerbs nachzuweisen, noch musste sie sich eingehender mit der Frage befassen, ob die streitigen Maßnahmen eine beträchtliche Auswirkung auf die Wettbewerbsstellung der Begünstigten oder gar gemessen an deren Umsatz hatten. Nach der Rechtsprechung ist es nämlich nicht erforderlich, dass die Verfälschung des Wettbewerbs oder die Gefahr einer solchen Verfälschung und die Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels spürbar oder erheblich sind (Urteil Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, oben in Randnr. 120 angeführt, Randnr. 78). Wie oben in den Randnrn. 155 und 156 dargelegt, ist außerdem der von der Italienischen Republik angeführte Umstand, dass die Beihilfe geringfügig sei, hier nicht von Bedeutung, da die begünstigten Unternehmen in Sektoren tätig sind, die dem Wettbewerb offenstehen.

158    Da es sich um eine Beihilfe handelt, die der Kommission nicht gemeldet worden ist, braucht zudem, wie bereits oben in Randnr. 87 ausgeführt, die Entscheidung, mit der die Unvereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird, nicht zwingend auf die Darlegung ihrer tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb oder den Handel zwischen Mitgliedstaaten gestützt zu werden.

159    Anders als die Italienische Republik meint, war die Kommission auch nicht deswegen zu einer eingehenden Analyse verpflichtet, weil einige begünstigte Unternehmen möglicherweise auf Märkten von bloß nationaler Bedeutung tätig waren.

160    Jedenfalls kann sich die Kommission, wie oben in Randnr. 69 dargelegt, im Fall einer Beihilferegelung darauf beschränken, deren allgemeine Merkmale zu untersuchen, ohne dass sie verpflichtet wäre, jeden einzelnen Anwendungsfall zu prüfen, um festzustellen, ob die Regelung Beihilfeelemente enthält. Dass sie gegebenenfalls auch Begünstigten zugutekommt, die nur auf Märkten von nationaler Bedeutung tätig sind, entkräftet diese Feststellung nicht, die für die Anwendung des Art. 87 Abs. 1 EG auf eine Beihilferegelung genügt (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnrn. 91 und 92 und die dort angeführte Rechtsprechung).

161    Soweit die Italienische Republik vorträgt, dass mit der Ermäßigung des Steuersatzes letztlich der Nachteil ausgeglichen werden solle, den die begünstigten Unternehmen aufgrund ihrer Börsennotierung erlitten, ist festzustellen, dass der Umstand, dass die staatlichen Maßnahmen zusätzliche Kosten der begünstigten Unternehmen infolge ihrer Börsennotierung ausgleichen sollen, nichts daran ändert, dass sie als Beihilfe im Sinne von Art. 87 EG anzusehen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 5. Oktober 1999, Frankreich/Kommission, C-251/97, Slg. 1999, I-6639, Randnr. 47).

162    Was schließlich den Unterschied betrifft, den die Italienische Republik zwischen Betriebsbeihilfen und Strukturbeihilfen zu machen versucht, ist zu bemerken, dass er nach der oben in den Randnrn. 152 bis 155 angeführten Rechtsprechung für die Prüfung des vorliegenden Klagegrundes ohne Belang ist. Denn jede Gewährung von Beihilfen an ein Unternehmen, das auf dem Markt der Gemeinschaft tätig ist, kann Verfälschungen des Wettbewerbs hervorrufen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen (Urteil Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, oben in Randnr. 120 angeführt, Randnr. 72).

163    Daher ist auch der vierte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, soweit mit ihm ein Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG gerügt wird.

 Zur Einstufung der streitigen Maßnahmen als Betriebsbeihilfen und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

 Vorbringen der Parteien

164    Die Italienische Republik wendet sich gegen die Würdigung durch die Kommission in Bezug auf die Unvereinbarkeit der Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt.

165    Erstens macht sie geltend, selbst wenn die streitigen Maßnahmen Betriebsbeihilfen wären, schlösse dies nicht aus, dass sie in den Anwendungsbereich von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG fielen. Insoweit beruft sich die Italienische Republik auch auf die Entscheidung 2000/410/EG der Kommission vom 22. Dezember 1999 zur geplanten Beihilferegelung Frankreichs zugunsten des französischen Hafensektors (ABl. 2000, L 155, S. 52), in der die Kommission eine Betriebsbeihilfe auf der Grundlage einer Reihe von Umständen – wie der wirtschaftlichen Auswirkungen der Beihilfe, des Umstands, dass die Empfänger kleine und mittlere Unternehmen gewesen seien, und des Fehlens von Einwänden betroffener Dritter –, die hier ebenfalls vorlägen, als rechtmäßig anerkannt habe. Die Kommission hätte daher die fragliche Beihilferegelung für rechtmäßig erklären oder wenigstens ihre Schlussfolgerung in Bezug auf deren Unvereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt, die sich nur auf deren Einstufung als Betriebsbeihilfe stützen könne, speziell begründen müssen.

166    Zweitens seien die streitigen Maßnahmen jedenfalls Investitionsbeihilfen gewesen, da die Notierung an der Börse Kosten verursache, die mit einer Maßnahme zur Stärkung der Kapitalausstattung und der Struktur des begünstigten Unternehmens verbunden und daher Kosten mit dauerhafter Wirkung, d. h. Investitionen, seien.

167    Drittens handele es sich bei der Zielsetzung der fraglichen Maßnahmen, nämlich für mehr Börsengänge zu sorgen und diese zu fördern, um ein spezifisches wirtschaftspolitisches Ziel, das unter Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG fallen könne.

168    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Italienischen Republik entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

169    Die Kommission verfügt bei der Anwendung von Art. 87 Abs. 3 EG über ein weites Ermessen, das sie nach Maßgabe wirtschaftlicher und sozialer Wertungen ausübt, die auf die Gemeinschaft als Ganzes zu beziehen sind. Die gerichtliche Nachprüfung der Ausübung dieses Ermessens ist auf die Überprüfung der Beachtung der Verfahrens- und Begründungsvorschriften sowie auf die Kontrolle der sachlichen Richtigkeit der festgestellten Tatsachen und des Fehlens von Rechtsfehlern, von offensichtlichen Fehlern bei der Würdigung der Tatsachen und von Ermessensmissbrauch beschränkt (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Italien/Kommission, C-372/97, Slg. 2004, I-3679, Randnr. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung).

170    Ferner ist nach der Rechtsprechung die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, mit der die Kommission feststellt, dass eine neue Beihilfe die Tatbestandsmerkmale dieser Ausnahme nicht verwirklicht, allein im Rahmen des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG zu prüfen und nicht im Hinblick auf eine frühere – als gegeben unterstellte – Entscheidungspraxis der Kommission (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 30. September 2003, Freistaat Sachsen u. a./Kommission, C-57/00 P und C-61/00 P, Slg. 2003, I-9975, Randnrn. 52 und 53, und Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Regione autonoma della Sardegna/Kommission, T-171/02, Slg. 2005, II-2123, Randnr. 177).

171    Im vorliegenden Fall ist die Kommission in Randnr. 45 der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei den streitigen Maßnahmen um Betriebsbeihilfen handele, die nicht unter die in Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG vorgesehene Ausnahme für die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete fielen und daher mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar seien, und hat erläutert, dass die „mit dieser Regelung gewährten Steuererleichterungen … nicht im Zusammenhang mit bestimmten Investitionen[, der] Schaffung von Arbeitsplätzen oder bestimmten Vorhaben“ stünden.

172    Diese Feststellung enthält keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler. In der Tat sind die streitigen Maßnahmen nicht auf die Förderung der Entwicklung eines Wirtschaftszweigs oder eines Wirtschaftsgebiets, sondern auf die bloße Verringerung der Belastungen gerichtet, die die betroffenen Unternehmen normalerweise im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit zu tragen haben.

173    Was zunächst die Möglichkeit angeht, dass die Beihilferegelung, wie die Italienische Republik vorträgt, selbst als Betriebsbeihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könnte, ist daran zu erinnern, dass Betriebsbeihilfen grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Art. 87 Abs. 3 EG fallen, da sie die Wettbewerbsbedingungen in den Sektoren, in denen sie gewährt werden, verfälschen, ohne insoweit ihrer Natur nach geeignet zu sein, eines der in dieser Bestimmung festgelegten Ziele zu erreichen (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juni 1995, Siemens/Kommission, T-459/93, Slg. 1995, II-1675, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

174    Diese Beihilfen können nur in Ausnahmefällen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar betrachtet werden. Wie jedoch aus den Akten und der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, kamen derartige Ausnahmefälle hier aber nicht in Betracht, was von den italienischen Behörden, denen es oblag, alle Angaben zu machen, die der Kommission die Prüfung erlauben, ob die Voraussetzungen für die beantragte Ausnahmeermächtigung vorliegen, auch nicht behauptet wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil Regione autonoma della Sardegna/Kommission, oben in Randnr. 170 angeführt, Randnr. 129 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Feststellung wird auch nicht durch die – als gegeben unterstellte – frühere Entscheidungspraxis der Kommission in Frage gestellt, wie der oben in Randnr. 170 angeführten Rechtsprechung zu entnehmen ist.

175    Was sodann die Behauptung angeht, dass es sich bei den streitigen Maßnahmen um Investitionsbeihilfen handele, hat die Kommission dies, wie oben in Randnr. 171 dargelegt, im Hinblick darauf, dass die gewährten Steuererleichterungen nicht im Zusammenhang mit bestimmten Investitionen, der Schaffung von Arbeitsplätzen oder bestimmten Vorhaben stehen, zu Recht ausgeschlossen. Im Übrigen hat die Italienische Republik nichts zur Stützung der betreffenden Einstufung vorgetragen.

176    Soweit schließlich vorgetragen wird, die Maßnahmen könnten damit gerechtfertigt werden, dass sie bezweckten, für mehr Börsengänge zu sorgen und diese zu fördern, ist zwischen der Würdigung hinsichtlich der in Art. 11 des DL 269/2003 vorgesehenen Steuerermäßigung und derjenigen in Bezug auf die zur normalen Absetzbarkeit der Aufwendungen für den Börsengang hinzukommende Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen vom zu versteuernden Einkommen gemäß Art. 1 Abs. 1 Buchst. d des DL 269/2003 zu unterscheiden.

177    Da die Steuerermäßigung an das Welteinkommen der Begünstigten anknüpft, steht sie nicht unmittelbar im Zusammenhang mit den Aufwendungen für den Börsengang oder anderen Nachteilen, die sich aus der Notierung an der Börse ergeben sollen. Folglich kann sie mitnichten als Maßnahme zur Förderung der Börsennotierung betrachtet werden. Die Kommission hat daher insoweit keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen.

178    Demgegenüber könnte die in Art. 1 Abs. 1 Buchst. d des DL 269/2003 vorgesehene Abzugsfähigkeit vom zu versteuernden Einkommen, soweit sie mit Aufwendungen für den Börsengang in Zusammenhang steht, grundsätzlich dahin verstanden werden, dass sie die Förderung der Börsennotierung bezweckt. Deshalb ist zu prüfen, ob die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie erklärt hat, dass mit der betreffenden Maßnahme kein Ziel verfolgt werde, das unter Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG fallen könne.

179    Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Kommission bei der Anwendung von Art. 87 Abs. 3 EG über ein weites Ermessen verfügt, das sie nach Maßgabe wirtschaftlicher und sozialer Wertungen ausübt, die auf die Gemeinschaft als Ganzes zu beziehen sind (siehe oben, Randnr. 169).

180    Außerdem tragen Betriebsbeihilfen nicht zur Verwirklichung eines der in Art. 87 Abs. 3 EG genannten Ziele bei und können, wie oben in Randnr. 174 erläutert, nur in Ausnahmefällen genehmigt werden.

181    Im vorliegenden Fall hat die Kommission ausgeschlossen, dass die fraglichen Maßnahmen im Rahmen von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG gerechtfertigt werden können, weil sie Betriebsbeihilfen darstellten. Insbesondere führt die Kommission aus, dass die „mit dieser Regelung gewährten Steuererleichterungen … lediglich eine Verringerung der Belastungen dar[stellen], die die beteiligten Unternehmen im Laufe ihrer normalen Geschäftstätigkeit zu tragen haben, und … daher als staatliche Betriebsbeihilfen und damit als nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu betrachten [sind]“ (Randnr. 45 der angefochtenen Entscheidung).

182    Anders als die Italienische Republik meint, ist die Notierung an der Börse als solche nämlich keine spezifische Investition, da sie weder eine Ausgabe für materielle oder immaterielle Investitionen noch eine Ausgabe für die Einstellung neuer Mitarbeiter in Verbindung mit einer neuen Investition darstellt. Es handelt sich vielmehr um einen komplexen Vorgang, mit dem die Unternehmen, die sich an der Börse notieren lassen, finanzielle Zwecke verfolgen, die mit dem Zugang zu bestimmten Kapitalquellen in Zusammenhang stehen.

183    Die Tatsache allein, dass die streitigen Maßnahmen darauf abzielen, die Zahl der börsennotierten Unternehmen zu erhöhen – was der Italienischen Republik zufolge ein Ziel der nationalen Wirtschaftspolitik darstellt – reicht außerdem nicht aus, um auf sie die in Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG vorgesehene Ausnahme anzuwenden. Wie das Gericht festgestellt hat, erfüllen die fraglichen Beihilfen nämlich nicht die beiden Voraussetzungen, die darin bestehen, dass sie der Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete dienen müssen und die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern dürfen, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

184    Daher ist festzustellen, dass die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie die Ansicht vertreten hat, dass die streitigen Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Betriebsbeihilfen seien und nicht unter die Ausnahme des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG fielen.

185    Folglich ist auch der fünfte Klagegrund zurückzuweisen, soweit mit ihm ein Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG gerügt wird.

186    Da nach alledem keiner der von der Italienischen Republik angeführten Klagegründe begründet ist, ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

187    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Italienische Republik unterlegen ist, sind ihr, wie von der Kommission beantragt, die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Italienische Republik trägt die Kosten.

Azizi

Cremona

Frimodt Nielsen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 4. September 2009.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

1.  Streitige nationale Maßnahmen

2.  Verwaltungsverfahren und angefochtene Entscheidung

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

1.  Zum Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens in Bezug auf die Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zu dem Teil des dritten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens gerügt wird

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

2.  Zur unzureichenden Begründung

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zu der Rüge, dass die Begründung insofern unzureichend sein soll, als die Kommission nicht berücksichtigt habe, dass es in der italienischen Rechtsordnung eine Maßnahme gebe, deren Merkmale denen der streitigen Maßnahmen entsprächen

Zur unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf den selektiven Charakter der streitigen Maßnahmen

Zur unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Auswirkung der streitigen Maßnahmen auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel

Zur unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Unvereinbarkeit der streitigen Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt

3.  Zum Verstoß gegen Art. 87 EG

Zur Selektivität des Vorteils für neu an der Börse notierte Unternehmen

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

–  Zum a priori selektiven Charakter der streitigen Maßnahmen

–  Zur Rechtfertigung der streitigen Maßnahmen mit der Natur und der Struktur des italienischen Steuersystems

Zur Auswirkung der streitigen Maßnahmen auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zur Einstufung der streitigen Maßnahmen als Betriebsbeihilfen und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Kosten


* Verfahrenssprache: Italienisch.