Rechtssache C-414/07
Magoora sp. zo. o.
gegen
Dyrektor Izby Skarbowej w Krakowie
(Vorabentscheidungsersuchen des
Wojewódzki Sąd Administracyjny w Krakowie)
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Art. 17 Abs. 2 und 6 – Nationale Regelung – Abzug der Mehrwertsteuer auf den Kauf von Kraftstoff für bestimmte Fahrzeuge unabhängig von deren Verwendungszweck – Effektive Beschränkung des Rechts zum Abzug der Steuer – Ausschlüsse, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind“
Leitsätze des Urteils
Steuerliche Vorschriften – Harmonisierung der Rechtsvorschriften – Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Vorsteuerabzug – Ausschluss vom Recht auf Vorsteuerabzug
(Richtlinie 77/388 des Rates, Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2)
Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern hindert einen Mitgliedstaat daran, bei der Umsetzung dieser Richtlinie in das nationale Recht die nationalen Vorschriften über die Beschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug beim Kauf von Kraftstoff für Fahrzeuge, die für eine steuerpflichtige Tätigkeit verwendet werden, in ihrer Gesamtheit aufzuheben, indem er sie im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie in seinem Gebiet durch solche ersetzt, in denen hierzu neue Kriterien festgesetzt werden, sofern – was vom nationalen Gericht zu beurteilen ist – die letztgenannten Vorschriften eine Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Beschränkungen bewirken. Der Begriff der „bestehenden Rechtsvorschriften“ im Sinne von Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehende und tatsächlich angewandte Vorsteuerabzugsregelung. Die in der genannten Vorschrift vorgesehene „Stand-still“-Klausel hat nicht zum Ziel, einem neuen Mitgliedstaat die Möglichkeit zu geben, seine nationalen Rechtsvorschriften anlässlich seines Beitritts zur Europäischen Union derart zu ändern, dass sich diese Vorschriften von den Zielen der Sechsten Richtlinie entfernen. Der betreffende Artikel hindert einen Mitgliedstaat auf jeden Fall daran, seine im genannten Zeitpunkt in Kraft getretenen Rechtsvorschriften später derartig zu ändern, dass der Anwendungsbereich dieser Beschränkungen gegenüber der Situation, die vor diesem Zeitpunkt bestand, erweitert wird.
(vgl. Randnrn. 38-39, 45 und Tenor)
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)
22. Dezember 2008(*)
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Art. 17 Abs. 2 und 6 – Nationale Regelung – Abzug der Mehrwertsteuer auf den Kauf von Kraftstoff für bestimmte Fahrzeuge unabhängig von deren Verwendungszweck – Effektive Beschränkung des Rechts zum Abzug der Steuer – Ausschlüsse, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind“
In der Rechtssache C-414/07
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Wojewódzki Sąd Administracyjny w Krakowie (Polen) mit Entscheidung vom 17. Mai 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 10. September 2007, in dem Verfahren
Magoora sp. z. o. o.
gegen
Dyrektor Izby Skarbowej w Krakowie
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász, G. Arestis (Berichterstatter) und J. Malenovský,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Magoora sp. z. o. o., vertreten durch Z. Liptak und J. Martini,
– der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz und H. Majszczyk als Bevollmächtigte,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und K. Herrmann als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 Abs. 2 und 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Magoora sp. z. o. o. (im Folgenden: Magoora) und dem Dyrektor Izby Skarbowej w Krakowie (im Folgenden: Direktor der Finanzkammer Krakau) über die Auslegung des Anwendungsbereichs und der Anwendungsmodalitäten des nationalen Steuerrechts betreffend das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer auf den Kauf von Kraftstoff für ein Fahrzeug, das von Magoora im Rahmen eines Leasing-Vertrags verwendet wurde.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Art. 17 Abs. 2 Buchst. a und 6 der Sechsten Richtlinie in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. L 102, S. 18) geänderten Fassung bestimmte zu dem im Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Zeitpunkt:
„(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden;
…
(6) Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission vor Ablauf eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie einstimmig fest, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist. Auf jeden Fall werden diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen.
Bis zum Inkrafttreten der vorstehend bezeichneten Bestimmungen können die Mitgliedstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die in den in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind.“
Nationales Recht
4 Art. 25 Abs. 1 Nr. 3a des Gesetzes vom 8. Januar 1993 über die Steuer auf Waren und Dienstleistungen und die Verbrauchsteuer (Dz. U Nr. 11, poz. 50) in der am 30. April 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: Gesetz vom 8. Januar 1993) sah vor:
„Eine Minderung des Betrags der geschuldeten Steuer oder eine Erstattung des Unterschiedsbetrags der Steuer ist nicht vorzunehmen auf … vom Steuerpflichtigen erworbene Produkte wie Benzin, Dieselkraftstoff und Gas, die zum Antrieb von Personenkraftwagen oder anderer Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Ladegewicht von bis zu 500 kg genutzt werden.“
5 In Polen wurde die Sechste Richtlinie durch das Gesetz vom 11. März 2004 über die Steuer auf Waren und Dienstleistungen (Dz. U Nr. 54, poz. 535, im Folgenden: Gesetz über die Mehrwertsteuer) umgesetzt.
6 Das Gesetz vom 8. Januar 1993 wurde gemäß Art. 175 des Gesetzes über die Mehrwertsteuer mit Wirkung vom 1. Mai 2004 aufgehoben.
7 In der ursprünglichen Fassung des Art. 86 Abs. 3 und 5 des Gesetzes über die Mehrwertsteuer hieß es:
„(3) Im Fall des Erwerbs von Personenkraftwagen oder anderer Kraftfahrzeuge mit zulässigem Ladegewicht unterhalb des nach der Formel
DŁ = 357 kg + n x 68 kg
(DŁ = zulässiges Ladegewicht
n = Zahl der Plätze [Sitze] einschließlich des Platzes für den Fahrer)
bestimmten Gewichts beträgt die Vorsteuer 50 % des in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrags oder des Betrags der Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb von Waren oder des Betrags der Steuer auf die Lieferung von Waren, bei denen Steuerpflichtiger ihr Erwerber ist, höchstens jedoch 5 000 PLN.
…
(5) Das zulässige Ladegewicht der Fahrzeuge und die Zahl der Plätze (Sitze) im Sinne von Abs. 3 wird aufgrund eines Auszugs aus dem nach nationalem Straßenverkehrsrecht ausgestellten Betriebserlaubnisbogen oder einer Abschrift der Entscheidung, mit der eine Befreiung von der Pflicht zur Erlangung eines Betriebserlaubnisbogens erteilt wird, bestimmt. Fahrzeuge, für die in dem Auszug aus dem Betriebserlaubnisbogen oder in der Abschrift der in Satz 1 genannten Entscheidung kein zulässiges Ladegewicht oder keine Zahl der Plätze festgelegt ist, gelten ebenfalls als Personenkraftwagen im Sinne von Abs. 3.“
8 In der ursprünglichen Fassung des Art. 88 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Mehrwertsteuer hieß es:
„Eine Minderung des Betrags der geschuldeten Steuer oder eine Erstattung des Unterschiedsbetrags der Steuer ist nicht vorzunehmen auf folgende vom Steuerpflichtigen erworbene Produkte: … Benzin, Dieselkraftstoff und Gas, die zum Antrieb von Personenkraftwagen oder anderer Kraftfahrzeuge im Sinne von Art. 86 Abs. 3 und 5 genutzt werden.“
9 Die Art. 86 und 88 des Gesetzes über die Mehrwertsteuer galten gemäß dessen Art. 176 Nr. 3 ab 1. Mai 2004, denn diese Vorschrift bestimmte:
„Das Gesetz tritt nach Ablauf einer Frist von 14 Tagen nach dem Tag seiner Bekanntmachung [20. April 2004] in Kraft, mit Ausnahme
3. der Art. 1 bis 14, 15 Abs. 1 bis 6, 16 bis 22 … und der Art. 42 bis 95, die ab 1. Mai 2004 gelten.“
10 Das Gesetz über die Mehrwertsteuer, insbesondere dessen Art. 86 und 88, wurde durch das Gesetz vom 21. April 2005 (Dz. U 2005, Nr. 90, poz. 756), in Kraft getreten am 22. August 2005, geändert.
11 Art. 86 Abs. 3 und 4 des Gesetzes über die Mehrwertsteuer in der seit dem 22. August 2005 geltenden Fassung bestimmt:
„(3) Im Fall des Erwerbs von Personenkraftwagen oder anderer Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu 3,5 t beträgt die Vorsteuer 60 % des in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrags oder des Betrags der Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb von Waren oder des Betrags der Steuer auf die Lieferung von Waren, bei denen Steuerpflichtiger ihr Erwerber ist, höchstens jedoch 6 000 PLN.
(4) Abs. 3 gilt nicht für
1. Kraftfahrzeuge, die nur eine Sitzreihe aufweisen, die von dem zur Beförderung von Lasten bestimmten Teil mit einer Wand oder einer dauerhaften Sperre abgetrennt ist, und die straßenverkehrsrechtlich der Kategorie ‚Mehrzweckfahrzeug, Van‘ zugeordnet sind;
2. Kraftfahrzeuge, die mehr als eine Sitzreihe aufweisen, die von dem zur Beförderung von Lasten bestimmten Teil mit einer Wand oder einer dauerhaften Sperre abgetrennt sind, und bei denen die Länge des zur Beförderung von Lasten bestimmten Teils, gemessen auf dem Boden von dem am weitesten vorgeschobenen Punkt des Bodens, an dem eine senkrechte Wand oder eine dauerhafte Sperre zwischen dem Boden und der Decke aufgestellt werden kann, bis zur Hinterkante des Bodens, 50 % der Länge des Fahrzeugs übersteigt; für die Berechnung des in Abs. 1 genannten Verhältnisses gilt als Länge des Fahrzeugs die Entfernung zwischen der Unterkante der Frontscheibe des Fahrzeugs und der Hinterkante des Bodens des zur Beförderung von Lasten bestimmten Teils, gemessen in waagerechter Linie entlang dem Fahrzeug zwischen der Unterkante der Frontscheibe und dem Punkt, an dem diese Linie auf eine senkrecht von der Hinterkante des Bodens des zur Beförderung von Lasten bestimmten Teils geführte Linie trifft;
3. Kraftfahrzeuge, die einen offenen zur Beförderung von Lasten bestimmten Teil besitzen;
4. Kraftfahrzeuge, die eine Fahrerkabine und einen zur Beförderung von Lasten bestimmten Teil als konstruktionsbedingt getrennte Bestandteile des Fahrzeugs besitzen;
5. Kraftfahrzeuge, bei denen es sich um Spezialfahrzeuge im Sinne der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften für die in Anhang 9 des Gesetzes aufgeführten Verwendungszwecke handelt;
6. Kraftfahrzeuge, die konstruktionsbedingt zur Beförderung von mindestens zehn Personen einschließlich des Fahrers bestimmt sind, sofern diese Bestimmung aus den im Einklang mit den Straßenverkehrsvorschriften ausgestellten Dokumenten hervorgeht;
7. Fälle, in denen die Tätigkeit des Steuerpflichtigen Folgendes zum Gegenstand hat:
a) den Weiterkauf dieser (Kraft-)Fahrzeuge oder
b) die Überlassung dieser (Kraft-)Fahrzeuge zur entgeltlichen Nutzung aufgrund eines Miet-, Pacht- oder Leasingvertrags oder anderer gleichartiger Verträge, wenn diese (Kraft-)Fahrzeuge dazu bestimmt sind, vom Steuerpflichtigen für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten ausschließlich für diese Zwecke genutzt zu werden.“
12 Art. 88 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Mehrwertsteuer in der seit dem 22. August 2005 geltenden Fassung bestimmt:
„Eine Minderung des Betrags der geschuldeten Steuer oder eine Erstattung des Unterschiedsbetrags der Steuer ist nicht vorzunehmen auf folgende vom Steuerpflichtigen erworbene Produkte: … Benzin, Dieselkraftstoff und Gas, die zum Antrieb von Personenkraftwagen und anderer Kraftfahrzeuge im Sinne von Art. 86 Abs. 3 genutzt werden.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
13 In dem beim Wojewódzki Sąd Administracyjny w Krakowie (Bezirksverwaltungsgericht Krakau) anhängigen Rechtsstreit geht es darum, ob Magoora für den Kauf von Kraftstoff für ein Fahrzeug, das sie im Rahmen eines Leasingvertrags geschäftlich nutzt, den Vorsteuerabzug geltend machen kann.
14 Am 25. März 2005 schloss Magoora einen Operate-Leasing-Vertrag für ein Kraftfahrzeug, der vom Urząd Skarbowy (Finanzamt) am 13. Juni 2005 registriert wurde. Das vorlegende Gericht macht zur Marke und den technischen Merkmalen dieses Fahrzeugs keine Angaben.
15 Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass die Beschränkungen für den Abzug der Vorsteuer, die beim Kauf von Kraftstoff nach einer mathematischen Formel berechnet wurde, die im Gesetz über die Mehrwertsteuer in seiner am Tag des Abschlusses des Leasingvertrags, dem 25. März 2005, geltenden Fassung enthalten war, auf Magoora keine Anwendung fanden. Nach dem Erlass der Neufassung des Art. 86 Abs. 3 des Gesetzes über die Mehrwertsteuer in der seit dem 22. August 2005 geltenden Fassung kamen jedoch die Beschränkungen für den Vorsteuerabzug beim Kauf von Kraftstoff auf dieses Unternehmen zur Anwendung, da die zulässige Masse des fraglichen Fahrzeugs 3,5 t nicht überstieg.
16 Am 30. August 2005 stellte Magoora beim Naczelnik Urzędu Skarbowego Kraków-Prądnik (im Folgenden: Leiter des Finanzamts Krakau-Prądnik) einen Antrag auf Auslegung der Bestimmungen des Gesetzes über die Mehrwertsteuer, und zwar in Bezug auf den Umfang und die Beschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug beim Kauf von Kraftstoff für das im Rahmen eines Leasingvertrags genutzte Fahrzeug. Magoora macht geltend, dass ihr gemäß Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie das Recht auf Vorsteuerabzug beim Kauf von Kraftstoff für das genannte Fahrzeug weiterhin gewährt werden müsse.
17 Mit Bescheid vom 3. November 2005 wies der Leiter des Finanzamts Krakau-Prądnik das Vorbringen der Klägerin mit der Begründung als rechtsfehlerhaft zurück, dass Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie nicht Quelle des nationalen Rechts in Polen sein könne.
18 Am 15. Februar 2006 wies der Direktor der Finanzkammer Krakau den Einspruch von Magoora zurück und erhielt den genannten Bescheid mit der Begründung aufrecht, dass die Republik Polen berechtigt sei, die in diesem Mitgliedstaat am Tag des Inkrafttretens der Sechsten Richtlinie bestehenden Beschränkungen des Vorsteuerabzugs aufrechtzuerhalten. Außerdem seien durch die seit dem 22. August 2005 geltenden Vorschriften nur die Fahrzeugkategorien neu definiert worden, bei denen das Recht auf Abzug der beim Kauf von Kraftstoff berechneten Steuer ausgeschlossen sei.
19 Magoora legte daraufhin gegen die Entscheidung des Direktors der Finanzkammer Krakau beim Wojewódzki Sąd Administracyjny w Krakowie Rechtsmittel ein.
20 Da das Wojewódzki Sąd Administracyjny w Krakowie Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Art. 17 der Sechsten Richtlinie hat, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Verstößt es gegen Art. 17 Abs. 2 und 6 der Sechsten Richtlinie, dass die Republik Polen zum 1. Mai 2004 die bis dahin geltenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die Beschränkungen des Vorsteuerabzugs beim Kauf von Kraftstoff für Kraftfahrzeuge, die für eine steuerpflichtige Tätigkeit verwendet werden, in vollem Umfang aufgehoben und an deren Stelle ebenfalls Beschränkungen des Vorsteuerabzugs beim Kauf von Kraftstoff für Kraftfahrzeuge, die für eine steuerpflichtige Tätigkeit verwendet werden, eingeführt hat, die aber in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften anhand anderer Kriterien definiert werden, als es vor dem 1. Mai 2004 der Fall war, und dass sie danach mit Wirkung vom 22. August 2005 die betreffenden Kriterien erneut geändert hat?
2. Wenn die erste Frage bejaht wird: Verstößt es gegen Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie, dass die Republik Polen auf diese Art und Weise die oben genannten Kriterien geändert hat, um de facto den Anwendungsbereich des Vorsteuerabzugs im Vergleich zu den am 30. April 2004 geltenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder zu den vor der mit Wirkung vom 22. August 2005 durchgeführten Änderung geltenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu beschränken? Falls die Republik Polen dadurch gegen Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie verstoßen hat, ist dann der Steuerpflichtige zwar zur Vornahme des Abzugs berechtigt, aber nur, soweit mit den Änderungen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Beschränkungen des Vorsteuerabzugs erweitert worden sind, die in den am 30. April 2004 geltenden und an dem betreffenden Tag aufgehobenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen waren?
3. Verstößt es gegen Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie, dass die Republik Polen unter Berufung auf die dort vorgesehene Befugnis der Mitgliedstaaten, den Vorsteuerabzug für Ausgaben, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen, zu beschränken, den Vorsteuerabzug im Vergleich zu der am 30. April 2004 geltenden Rechtslage in der Weise beschränkt hat, dass sie den Vorsteuerabzug beim Kauf von Kraftstoff für Personenkraftwagen oder andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 3,5 t mit Ausnahme der Fahrzeuge im Sinne von Art. 86 Abs. 4 des Gesetzes vom 11. März 2004 über die Steuer auf Waren und Dienstleistungen in der seit dem 22. August 2005 geltenden Fassung ausgeschlossen hat?
Zu den Vorlagefragen
Zur Zulässigkeit der Fragen
21 Nach Ansicht der polnischen Regierung ist das Vorabentscheidungsersuchen als unzulässig anzusehen, da es in keinem Zusammenhang mit der Realität des Ausgangsrechtsstreits stehe. Das vorlegende Gericht habe den Sachverhalt, der zu dieser Vorlage geführt habe, nicht untersucht. Deshalb bezögen sich die Vorlagefragen auf hypothetische Fälle.
22 Insoweit ist daran zu erinnern, dass in einem Verfahren nach Art. 234 EG nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen hat. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Gemeinschaftsrechts betreffen (vgl. u. a. Urteile vom 18. Juli 2007, Lucchini, C-119/05, Slg. 2007, I-6199, Randnr. 43, vom 15. November 2007, International Mail Spain, C-162/06, Slg. 2007, I-9911, Randnr. 23, und vom 4. Dezember 2008, Zablocka-Weyhermüller, C-221/07, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 20).
23 Die Zurückweisung des Ersuchens eines nationalen Gerichts ist dem Gerichtshof nur möglich, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. u. a. Urteile vom 13. März 2001, PreussenElektra, C-379/98, Slg. 2001, I-2099, Randnr. 39, vom 5. Dezember 2006, Cipolla u. a., C-94/04 und C-202/04, Slg. 2006, I-11421, Randnr. 25, vom 7. Juni 2007, van der Weerd u. a., C-222/05 bis C-225/05, Slg. 2007, I-4233, Randnr. 22, vom 8. November 2007, Amurta, C-379/05, Slg. 2007, I-9569, Randnr. 64, und Zablocka-Weyhermüller, Randnr. 21).
24 Im vorliegenden Fall ist dem Vorlagebeschluss zu entnehmen, dass das nationale Gericht dem Gerichtshof den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen des Ausgangsrechtsstreits und die Gründe, weshalb es eine Antwort auf die Vorlagefragen für seine Entscheidung für erforderlich hält, ausführlich beschrieben hat.
25 Deshalb ist das Vorabentscheidungsersuchen zulässig.
Zur Begründetheit
26 Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 17 Abs. 2 und 6 der Sechsten Richtlinie einen Mitgliedstaat daran hindert, von dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie in seinem Gebiet an die nationalen Vorschriften über die Beschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug beim Kauf von Kraftstoff für Fahrzeuge, die für eine steuerpflichtige Tätigkeit verwendet werden, in ihrer Gesamtheit aufzuheben, indem er sie durch solche ersetzt, in denen hierzu neue Kriterien festgesetzt werden, und dass der betreffende Mitgliedstaat diese Kriterien in der Folge erneut ändert, und zwar so, dass die erwähnten Beschränkungen ausgeweitet werden. Falls die Frage zu bejahen ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob ein Steuerpflichtiger berechtigt ist, sich auf die nationalen Vorschriften zu berufen, die vor dem genannten Zeitpunkt galten.
27 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Sechste Richtlinie in Polen am Tag des Beitritts der Republik Polen zur Europäischen Union in Kraft getreten ist, d. h. am 1. Mai 2004. Dieser Zeitpunkt ist also in Bezug auf diesen Mitgliedstaat für die Anwendung von Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie einschlägig (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Januar 2002, Metropol und Stadler, C-409/99, Slg. 2002, I-81, Randnr. 41).
28 Nach dem Grundprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, das sich aus Art. 2 der Ersten Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (ABl. 1967, Nr. 71, S. 1301) und Art. 2 der Sechsten Richtlinie ergibt, wird die Mehrwertsteuer auf jeden Produktions- oder Vertriebsvorgang erhoben, wobei die Mehrwertsteuer abgezogen wird, mit der die zuvor getätigten Umsätze unmittelbar belastet worden sind. Nach ständiger Rechtsprechung ist das in den Art. 17 ff. der Sechsten Richtlinie geregelte Recht auf Vorsteuerabzug integrierender Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer und kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Dieses Recht kann für die gesamte Steuerbelastung der vorausgehenden Umsatzstufen sofort ausgeübt werden. Eine Einschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug wirkt sich auf die Höhe der steuerlichen Belastung aus und muss in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten. Ausnahmen sind daher nur in den in der Sechsten Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig (vgl. Urteile vom 19. September 2000, Ampafrance und Sanofi, C-177/99 und C-181/99, Slg. 2000, I-7013, Randnr. 34, und Metropol und Stadler, Randnr. 42, sowie Urteil vom 11. Dezember 2008, Danfoss und AstraZeneca, C-371/07, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 26). Außerdem sind Bestimmungen, die Ausnahmen vom Grundsatz des Rechts auf Vorsteuerabzug vorsehen, der die Neutralität dieser Steuer garantiert, eng auszulegen (Urteil Metropol und Stadler, Randnr. 59).
29 Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie enthält eindeutig den Grundsatz der Abziehbarkeit der Beträge, die dem Steuerpflichtigen für die ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen als Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt worden sind, soweit diese Gegenstände oder Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden. Der Grundsatz des Rechts auf Vorsteuerabzug gilt jedoch vorbehaltlich der Ausnahmebestimmung des Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie, insbesondere Unterabs. 2 (vgl. Urteile Metropol und Stadler, Randnrn. 43 und 44, und Danfoss und AstraZeneca, Randnrn. 27 und 28).
30 Nach Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie sind die Mitgliedstaaten berechtigt, ihre zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der genannten Richtlinie bestehenden Rechtsvorschriften über den Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts beizubehalten, bis der Rat die in dieser Vorschrift vorgesehenen Bestimmungen erlässt.
31 Es ist nämlich Sache des Gemeinschaftsgesetzgebers, eine Gemeinschaftsregelung der Ausschlusstatbestände vom Vorsteuerabzugsrecht zu erlassen und so die schrittweise Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften im Bereich der Mehrwertsteuer zu verwirklichen. Das Gemeinschaftsrecht enthält bislang keine Vorschrift, die die vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossenen Ausgaben aufzählt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Juni 2001, Kommission/Frankreich, C-345/99, Slg. 2001, I-4493, Randnr. 20, Metropol und Stadler, Randnr. 44, und vom 8. Dezember 2005, Jyske Finans, C-280/04, Slg. 2005, I-10683, Randnr. 23).
32 Für die Auslegung des nationalen Rechts zum Zweck der Bestimmung seines Inhalts zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Sechsten Richtlinie und für die Feststellung, ob diese Rechtsvorschrift nach dem Inkrafttreten der Sechsten Richtlinie die vorhandenen Ausschlusstatbestände erweitert hat, ist grundsätzlich das vorlegende Gericht zuständig (vgl. Urteil Metropol und Stadler, Randnr. 47).
33 Außerdem ist daran zu erinnern, dass in einem Verfahren nach Art. 234 EG, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, jede Beurteilung des Sachverhalts in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts fällt (vgl. u. a. Urteil vom 14. Februar 2008, Varec, C-450/06, Slg. 2008, I-581, Randnr. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung). Um diesem eine sachdienliche Antwort zu geben, kann ihm der Gerichtshof jedoch im Geist der Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten alle Hinweise geben, die er für erforderlich hält (vgl. u. a. Urteil vom 1. Juli 2008, MOTOE, C-49/07, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 30).
34 Es ist Aufgabe des Gerichtshofs, dem vorlegenden Gericht die Hinweise zur Auslegung des gemeinschaftsrechtlichen Begriffs der „bestehenden Rechtsvorschriften“ im Sinne von Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie zu geben, um ihm die Feststellung des Inhalts dieser Rechtsvorschriften zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der betreffenden Richtlinie zu ermöglichen (vgl. Urteil Metropol und Stadler, Randnr. 47).
35 Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie enthält nämlich eine „Stand-still“-Klausel, die die Beibehaltung der innerstaatlichen Ausnahmen vom Vorsteuerabzugsrecht vorsieht, die vor dem Inkrafttreten der Sechsten Richtlinie galten (Urteil Ampafrance und Sanofi, Randnr. 5). Mit dieser Bestimmung sollten die Mitgliedstaaten ermächtigt werden, bis zum Erlass der gemeinschaftlichen Regelung der Ausnahmen vom Vorsteuerabzugsrecht durch den Rat alle nationalen Regelungen über den Ausschluss des Vorsteuerabzugs beizubehalten, die ihre Behörden zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Sechsten Richtlinie tatsächlich anwandten (vgl. Urteile Metropol und Stadler, Randnr. 48, sowie Danfoss und AstraZeneca, Randnrn. 30 und 31).
36 Die Regelung eines Mitgliedstaats, die bestehende Ausschlusstatbestände nach dem Inkrafttreten der Sechsten Richtlinie ändert, indem sie diese Tatbestände einschränkt, und dadurch dem Ziel der Sechsten Richtlinie näherkommt, ist durch die Ausnahmevorschrift des Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie gedeckt und verstößt nicht gegen Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie (vgl. Urteile Kommission/Frankreich [C-345/99], Randnr. 22, Metropol und Stadler, Randnr. 45, sowie Danfoss und AstraZeneca, Randnr. 32).
37 Allerdings ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine nationale Regelung keine nach Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie zulässige Ausnahme darstellt, wenn sie nach deren Inkrafttreten die bestehenden Ausschlusstatbestände erweitert und sich damit vom Ziel dieser Richtlinie entfernt (vgl. Urteile vom 14. Juni 2001, Kommission/Frankreich, C-40/00, Slg. 2001, I-4539, Randnr. 17, vom 11. September 2003, Cookies World, C-155/01, Slg. 2003, I-8785, Randnr. 66, sowie Danfoss und AstraZeneca, Randnr. 33).
38 Daraus folgt, dass sich der Begriff der „bestehenden Rechtsvorschriften“ im Sinne von Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie in Anbetracht des Ziels dieser Vorschrift auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehende und tatsächlich angewandte Vorsteuerabzugsregelung bezieht.
39 Außerdem weist die Kommission zu Recht darauf hin, dass die in Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie vorgesehene „Stand-still“-Klausel nicht zum Ziel hat, einem neuen Mitgliedstaat die Möglichkeit zu geben, seine nationalen Rechtsvorschriften anlässlich seines Beitritts zur Europäischen Union derart zu ändern, dass sich diese Vorschriften von den Zielen der Sechsten Richtlinie entfernen. Eine solche Änderung liefe dem Geist dieser Klausel zuwider.
40 Das vorlegende Gericht möchte in diesem Zusammenhang wissen, ob die Tatsache, dass die Republik Polen das Gesetz vom 8. Januar 1993 am Tag ihres Beitritts zur Europäischen Union aufgehoben hat, die Einführung neuer Vorschriften am selben Tag ausschließt, die für das Vorsteuerabzugsrecht beim Kauf von Kraftstoff für Fahrzeuge, die für eine steuerpflichtige Tätigkeit verwendet werden, Beschränkungen vorsehen.
41 Die Aufhebung innerstaatlicher Vorschriften in der betroffenen nationalen Rechtsordnung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Sechsten Richtlinie und ihre Ersetzung zum selben Zeitpunkt durch andere innerstaatliche Vorschriften lässt als solche nicht darauf schließen, dass der betroffene Mitgliedstaat davon Abstand genommen hätte, Ausnahmeregelungen vom Vorsteuerabzugsrecht anzuwenden. Ebenso lässt eine solche Rechtsänderung als solche, soweit sie nicht zu einer Erweiterung der früheren nationalen Ausnahmen ab dem genannten Zeitpunkt geführt hat, nicht auf einen Verstoß gegen Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie schließen.
42 Im Ausgangsverfahren obliegt es dem vorlegenden Gericht, das – wie in Randnr. 32 dieses Urteils erwähnt – allein für die Auslegung des nationalen Rechts zuständig ist, zu beurteilen, ob bei der Umsetzung der Sechsten Richtlinie in das polnische Recht die durch das Gesetz über die Mehrwertsteuer eingeführten Änderungen zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs der Beschränkungen des Vorsteuerabzugsrechts beim Kauf von Kraftstoff für Fahrzeuge, die für eine steuerpflichtige Tätigkeit verwendet werden, gegenüber den früheren nationalen Vorschriften geführt haben.
43 Andererseits ist festzustellen, dass dem Vorabentscheidungsersuchen zufolge die Änderung des Gesetzes über die Mehrwertsteuer, die mit dem am 22. August 2005 in Kraft getretenen Gesetz vom 21. April 2005 eingeführt wurde, eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs dieser Beschränkungen gegenüber der Situation bewirkt hat, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Sechsten Richtlinie für die Republik Polen bestand. Das ist angesichts der in Randnr. 36 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung ein Verstoß gegen Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie.
44 Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, sein innerstaatliches Recht so weit wie möglich im Licht des Wortlauts und des Zwecks der Sechsten Richtlinie auszulegen, um die mit ihr angestrebten Ergebnisse zu erreichen, indem es die diesem Zweck am besten entsprechende Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften wählt und damit zu einer mit den Bestimmungen dieser Richtlinie vereinbaren Lösung gelangt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juli 2006, Adeneler u. a., C-212/04, Slg. 2006, I-6057, Randnr. 124) und indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lässt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. November 2005, Mangold, C-144/04, Slg. 2005, I-9981, Randnr. 77).
45 Unter diesen Umständen ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie einen Mitgliedstaat daran hindert, bei der Umsetzung dieser Richtlinie in das nationale Recht die nationalen Vorschriften über die Beschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug beim Kauf von Kraftstoff für Fahrzeuge, die für eine steuerpflichtige Tätigkeit verwendet werden, in ihrer Gesamtheit aufzuheben, indem er sie im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie in seinem Gebiet durch solche ersetzt, in denen hierzu neue Kriterien festgesetzt werden, sofern – was vom vorlegenden Gericht zu beurteilen ist – die letztgenannten Vorschriften eine Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Beschränkungen bewirken. Der betreffende Artikel hindert einen Mitgliedstaat auf jeden Fall daran, seine im genannten Zeitpunkt in Kraft getretenen Rechtsvorschriften später derartig zu ändern, dass der Anwendungsbereich dieser Beschränkungen gegenüber der Situation, die vor diesem Zeitpunkt bestand, erweitert wird.
Kosten
46 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage hindert einen Mitgliedstaat daran, bei der Umsetzung dieser Richtlinie in das nationale Recht die nationalen Vorschriften über die Beschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug beim Kauf von Kraftstoff für Fahrzeuge, die für eine steuerpflichtige Tätigkeit verwendet werden, in ihrer Gesamtheit aufzuheben, indem er sie im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie in seinem Gebiet durch solche ersetzt, in denen hierzu neue Kriterien festgesetzt werden, sofern – was vom vorlegenden Gericht zu beurteilen ist – die letztgenannten Vorschriften eine Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Beschränkungen bewirken. Der betreffende Artikel hindert einen Mitgliedstaat auf jeden Fall daran, seine im genannten Zeitpunkt in Kraft getretenen Rechtsvorschriften später derartig zu ändern, dass der Anwendungsbereich dieser Beschränkungen gegenüber der Situation, die vor diesem Zeitpunkt bestand, erweitert wird.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Polnisch.