URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)
22. Juni 2016 (*)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Sechste Richtlinie 77/388/EWG – Mehrwertsteuer – Art. 2 Nr. 1 – Dienstleistungen gegen Entgelt – Begriff – Öffentlicher Rundfunk – Finanzierung durch eine gesetzlich vorgesehene obligatorische Gebühr“
In der Rechtssache C-11/15
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 18. Dezember 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Januar 2015, in dem Verfahren
Odvolací finanční ředitelství
gegen
Český rozhlas
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter J.-C. Bonichot, C. G. Fernlund, S. Rodin und E. Regan,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– des Odvolací finanční ředitelství, vertreten durch E. Nedorostková als Bevollmächtigte,
– des Český rozhlas, vertreten durch P. Orct, advokát,
– der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil, Z. Petzl und T. Müller als Bevollmächtigte,
– der griechischen Regierung, vertreten durch G. Konstantinos und A. Dimitrakopoulou als Bevollmächtigte,
– der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
– der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch V. Kaye als Bevollmächtigte im Beistand von P. Mantle, Barrister,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und Z. Malůšková als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. März 2016
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Odvolací finanční ředitelství (Einspruchsfinanzdirektion, im Folgenden: Finanzdirektion), vormals Finanční ředitelství pro hlavní město Prahu (Steuerdirektion der Hauptstadt Prag, Tschechische Republik), und Český rozhlas (tschechischer Rundfunk) über die Mehrwertsteuer, die dieser im Rahmen seiner Tätigkeit des öffentlichen Rundfunks zu entrichten hatte.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen:
1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“.
4 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. q dieser Richtlinie sieht vor:
„A. Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten
(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
…
q) die Tätigkeiten der öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, ausgenommen Tätigkeiten mit gewerblichem Charakter.“
Tschechisches Recht
5 Gemäß Art. 1 des Gesetzes Nr. 484/1991 über den Český rozhlas in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung wird eine Rundfunkgesellschaft, Český rozhlas, errichtet, die ihren Sitz in Prag (Tschechische Republik) hat. Nach dieser Bestimmung ist Český rozhlas eine juristische Person, die ihr eigenes Vermögen verwaltet und durch ihre eigenen Handlungen selbst Rechte erwirbt und Verpflichtungen eingeht.
6 Art. 10 dieses Gesetzes sieht vor, dass die Finanzierung von Český rozhlas insbesondere durch die Erhebung von Rundfunkgebühren gemäß einer besonderen Rechtsvorschrift und die Einkünfte aus seinen eigenen wirtschaftlichen Tätigkeiten erfolgt.
7 Nach Art. 1 des Gesetzes Nr. 348/2005 über Rundfunk- und Fernsehgebühren in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung dient die Rundfunkgebühr dazu, den von Český rozhlas erbrachten öffentlichen Dienst zu finanzieren.
8 Nach Art. 2 dieses Gesetzes wird die Rundfunkgebühr für ein technisches Gerät gezahlt, das in der Lage ist, eine Rundfunksendung individuell nach Bedarf wiederzugeben, unabhängig von der Art des Empfangs, (im Folgenden: Rundfunkempfangsgerät) auch dann, wenn dieses Gerät einem anderen Zweck dient.
9 Gemäß Art. 3 dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die Eigentümer eines Rundfunkempfangsgeräts ist oder die, ohne Eigentümer eines solchen Empfangsgeräts zu sein, dieses besitzt oder dieses aus einem anderen Rechtsgrund mindestens einen Monat lang nutzt, zur Entrichtung der Rundfunkgebühr verpflichtet.
10 Art. 7 dieses Gesetzes sieht vor, dass der Gebührenpflichtige die Rundfunk- oder Fernsehgebühr entweder unmittelbar oder über eine bevollmächtigte Person an den gesetzlichen Rundfunkveranstalter zahlt.
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
11 Český rozhlas ist eine juristische Person, die durch Gesetz geschaffen wurde und deren Haupttätigkeit die öffentliche Ausstrahlung von Rundfunksendungen ist.
12 Mit ergänzenden Steuererklärungen für den Zeitraum von März bis Dezember 2006 nahm Český rozhlas eine zusätzliche Erhöhung seines Rechts auf Vorsteuerabzug vor, indem er von der Berechnung des für den Vorsteuerabzug verwendeten Koeffizienten Leistungen ausnahm, die den an ihn gezahlten Rundfunkgebühren entsprachen, die er ursprünglich als von der Mehrwertsteuer befreite Leistungen ohne Recht auf Vorsteuerabzug erklärt hatte. In diesem Zusammenhang machte Český rozhlas geltend, diese Gebühren stellten kein Entgelt für die erbrachte öffentliche Rundfunkdienstleistung dar.
13 Der Finanční úřad pro Prahu 10 (Finanzamt Nr. 10 für die Stadt Prag, Tschechische Republik) lehnte es mit zehn ergänzenden Steuerbescheiden über die von Český rozhlas für diesen Zeitraum geschuldete Mehrwertsteuer ab, diese Leistungen auszunehmen.
14 Gegen diese ergänzenden Steuerbescheide legte Český rozhlas Einspruch ein.
15 Die Finanzdirektion wies diesen Einspruch mit zehn Bescheiden zurück, gegen die Český rozhlas Klage beim Městský soud v Praze (Stadtgericht Prag, Tschechische Republik) erhob.
16 Mit Urteil vom 6. Juni 2014 hob der Městský soud v Praze (Stadtgericht Prag) diese Bescheide auf und verwies die Sache an die Finanzdirektion zur weiteren Entscheidung zurück.
17 Die Finanzdirektion erhob beim vorlegenden Gericht eine Kassationsbeschwerde gegen dieses Urteil.
18 Unter diesen Umständen hat der Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Kann der öffentliche Rundfunk, der durch Gebühren in gesetzlich festgesetzter Höhe finanziert wird, zu deren Entrichtung ein Gebührenpflichtiger, der ein Rundfunkempfangsgerät in seinem Eigentum hat, es besitzt oder aus einem anderen Rechtsgrund zu dessen Nutzung berechtigt ist, verpflichtet ist, als Erbringung von „Dienstleistungen gegen Entgelt“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie angesehen werden, die gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. q dieser Richtlinie von der Mehrwertsteuer zu befreien ist, oder handelt es sich um eine nicht wirtschaftliche Tätigkeit, die überhaupt nicht dem Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer gemäß Art. 2 der Sechsten Richtlinie unterliegt und auf die somit auch die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. q dieser Richtlinie nicht anzuwenden ist?
Zur Vorlagefrage
19 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Tätigkeit des öffentlichen Rundfunks wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die durch eine gesetzlich vorgesehene obligatorische Gebühr finanziert wird, die von Personen gezahlt wird, die Eigentümer oder Besitzer eines Rundfunkempfangsgeräts sind, und die durch eine durch Gesetz geschaffene Rundfunkgesellschaft ausgeübt wird, eine Dienstleistung „gegen Entgelt“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt, aber gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. q dieser Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit ist, oder dahin, dass eine solche Tätigkeit keinen steuerbaren Umsatz darstellt, der in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt.
20 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die steuerbaren Umsätze im Rahmen des Mehrwertsteuersystems das Vorliegen einer Vereinbarung zwischen den Parteien über einen Preis oder einen Gegenwert voraussetzen. Beschränkt sich die Tätigkeit eines Dienstleistenden ausschließlich darauf, Leistungen ohne unmittelbare Gegenleistung zu erbringen, fehlt es daher an einer Besteuerungsgrundlage, und diese Leistungen unterliegen nicht der Mehrwertsteuer (vgl. Urteile vom 3. März 1994, Tolsma, C-16/93, EU:C:1994:80, Rn. 12, vom 29. Oktober 2009, Kommission/Finnland, C-246/08, EU:C:2009:671, Rn. 43, und vom 27. Oktober 2011, GFKL Financial Services, C-93/10, EU:C:2011:700, Rn. 17).
21 Daraus folgt, dass eine Dienstleistung nur dann im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie „gegen Entgelt“ erbracht wird und somit steuerbar ist, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (vgl. Urteile vom 3. März 1994, Tolsma, C-16/93, EU:C:1994:80, Rn. 14, vom 29. Oktober 2009, Kommission/Finnland, C-246/08, EU:C:2009:671, Rn. 44, und vom 27. Oktober 2011, GFKL Financial Services, C-93/10, EU:C:2011:700, Rn. 18).
22 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass der Begriff „Dienstleistungen gegen Entgelt“ im Sinne des angeführten Art. 2 Nr. 1 voraussetzt, dass zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem empfangenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (vgl. Urteile vom 5. Februar 1981, Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats, 154/80, EU:C:1981:38, Rn. 12, vom 8. März 1988, Apple and Pear Development Council, 102/86, EU:C:1988:120, Rn. 12, vom 3. März 1994, Tolsma, C-16/93, EU:C:1994:80, Rn. 13, vom 29. Oktober 2009, Kommission/Finnland, C-246/08, EU:C:2009:671, Rn. 45, und vom 27. Oktober 2011, GFKL Financial Services, C-93/10, EU:C:2011:700, Rn. 19).
23 Was die im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehende öffentliche Rundfunkdienstleistung angeht, ist festzustellen, dass zwischen Český rozhlas und den Schuldnern der Rundfunkgebühr kein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, noch besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dieser öffentlichen Rundfunkdienstleistung und der Gebühr.
24 Im Rahmen der Erbringung dieser Dienstleistung sind Český rozhlas und diese Personen nämlich weder durch eine vertragliche Beziehung oder Vereinbarung über einen Preis oder einen Gegenwert, noch durch eine rechtliche Verpflichtung verbunden, die die eine mit der anderen Seite freiwillig eingegangen ist.
25 Im Übrigen ergibt sich die Verpflichtung zur Entrichtung der Rundfunkgebühr nicht aus der Erbringung einer Dienstleistung, deren unmittelbaren Gegenwert sie darstellte, da diese Verpflichtung nicht an die Nutzung der von Český rozhlas erbrachten öffentlichen Rundfunkdienstleistung durch die Personen, die dieser Verpflichtung unterliegen, gebunden ist, sondern allein an den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts, und das ungeachtet der Art und Weise, in der dieses genutzt wird.
26 Somit sind Personen, die ein Rundfunkempfangsgerät besitzen, verpflichtet, diese Gebühr zu entrichten, auch wenn sie dieses Empfangsgerät allein dazu nutzen, um von anderen Rundfunkveranstaltern als Český rozhlas ausgestrahlte Rundfunksendungen wie kommerzielle Rundfunksendungen, die aus anderen Quellen als dieser Gebühr finanziert werden, zu hören, um CDs oder andere digitale Datenträger zu lesen, oder auch für andere Funktionen nutzen, über die die Geräte, die Rundfunksendungen empfangen und wiedergeben können, im Allgemeinen verfügen.
27 Zudem ist festzustellen, dass der Zugang zu der von Český rozhlas erbrachten öffentlichen Rundfunkdienstleistung frei ist und sie in keiner Weise von der Entrichtung der Rundfunkgebühr abhängt.
28 Daraus folgt, dass die Erbringung einer öffentlichen Rundfunkdienstleistung, die die Merkmale der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden aufweist, keine Dienstleistung „gegen Entgelt“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie darstellt.
29 Das Vorbringen der tschechischen Regierung, wonach die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Situation durch das Vorliegen eines dreiseitigen Rechtsverhältnisses gekennzeichnet sei, in dessen Rahmen der tschechische Staat Český rozhlas mit einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe betraue, die in der Erbringung einer öffentlichen Rundfunkdienstleistung bestehe, und ihm hierfür ein Entgelt in Form einer den Empfängern dieser Dienstleistung gesetzlich auferlegten obligatorischen Gebühr zusichere, kann diese Auslegung nicht in Frage stellen.
30 Hierzu genügt die Feststellung, dass, selbst wenn man annimmt, dass ein solches dreiseitiges Rechtsverhältnis vorliegt, nicht nur, wie in Rn. 23 des vorliegenden Urteils ausgeführt, kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der von Český rozhlas erbrachten öffentlichen Rundfunkdienstleistung und dieser Gebühr besteht, sondern diese auch, wie sich aus deren in Rn. 25 des vorliegenden Urteils beschriebenen Merkmalen ergibt, keinen Preis oder Gegenwert für diese Dienstleistung darstellt.
31 Gleiches gilt für das Vorbringen der tschechischen Regierung, wonach die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. q der Sechsten Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung nur Sinn habe, wenn Tätigkeiten des öffentlichen Rundfunks wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden als in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallend angesehen würden.
32 Insoweit genügt zum einen der Hinweis, dass diese Bestimmung zwar die Steuerbefreiung von „Tätigkeiten der öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, ausgenommen Tätigkeiten mit gewerblichem Charakter“, vorsieht, jedoch nur unter der Bedingung anwendbar ist, dass diese Tätigkeiten im Sinne von Art. 2 der Sechsten Richtlinie „der Mehrwertsteuer unterliegen“, und zum anderen, dass sie nicht so ausgelegt werden kann, dass der Anwendungsbereich dieser Richtlinie, wie er in diesem Art. 2 definiert ist, erweitert würde.
33 Zu der Parallele, die das vorlegende Gericht zwischen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Situation und derjenigen in der Rechtssache, in der das Urteil vom 27. März 2014, Le Rayon d’Or (C-151/13, EU:C:2014:185), ergangen ist, zieht, ist schließlich festzustellen, dass diese Situationen nicht vergleichbar sind.
34 Insoweit ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof in diesem Urteil in einer Rechtssache über die Steuerbarkeit einer „Pflegepauschale“, die eine nationale Krankenversicherung an Beherbergungseinrichtungen für ältere hilfsbedürftige Menschen für die Erbringung von Pflegedienstleistungen an ihre Bewohner zahlt, entschieden hat, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den von diesen Einrichtungen an ihre Bewohner erbrachten Dienstleistungen und der empfangenen Gegenleistung, nämlich dieser „Pflegepauschale“, besteht, so dass eine solche Pauschalzahlung die Gegenleistung für die von einer dieser Einrichtungen ihren Bewohnern entgeltlich erbrachten Pflegeleistungen darstellt und daher in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fällt.
35 Im Ausgangsverfahren besteht jedoch nicht nur kein solcher Zusammenhang zwischen der Rundfunkgebühr und der von Český rozhlas erbrachten Rundfunkdienstleistung, vielmehr erfolgt die Entrichtung dieser Gebühr, wie bereits ausgeführt, nicht im Rahmen eines Rechtsverhältnisses, das einen Austausch gegenseitiger Leistungen zum Inhalt hat, sondern in Erfüllung einer gesetzlich auferlegten Verpflichtung.
36 Daher ist auf die Frage zu antworten, dass Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Tätigkeit des öffentlichen Rundfunks wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die durch eine gesetzlich vorgesehene obligatorische Gebühr finanziert wird, die von Personen gezahlt wird, die Eigentümer oder Besitzer eines Rundfunkempfangsgeräts sind, und die durch eine durch Gesetz geschaffene Rundfunkgesellschaft ausgeübt wird, keine Dienstleistung „gegen Entgelt“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt und somit nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt.
Kosten
37 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass eine Tätigkeit des öffentlichen Rundfunks wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die durch eine gesetzlich vorgesehene obligatorische Gebühr finanziert wird, die von Personen gezahlt wird, die Eigentümer oder Besitzer eines Rundfunkempfangsgeräts sind, und die durch eine durch Gesetz geschaffene Rundfunkgesellschaft ausgeübt wird, keine Dienstleistung „gegen Entgelt“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt und somit nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Tschechisch.