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Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

13. Juli 2017(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuerwesen – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Steuerbefreiungen für Dienstleistungen, die in engem Zusammenhang mit Sport stehen – Art. 133 – Ausnahme von der Befreiung bei Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen – Dienstleistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts ohne Gewinnstreben“

In der Rechtssache C-633/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Kammer für Steuersachen], Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 30. November 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 30. November 2015, in dem Verfahren

London Borough of Ealing

gegen

Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz (Berichterstatter), der Richter E. Juhász und C. Vajda, der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters C. Lycourgos,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        des London Borough of Ealing, vertreten durch F. Mitchell, Barrister, beauftragt durch H. Grantham, Solicitor,

–        der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brandon als Bevollmächtigten im Beistand von R. Hill und P. Mantle, Barristers,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal und L. Lozano Palacios als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Dezember 2016

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 133 Abs. 1 Buchst. d und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, und Berichtigung ABl. 2007, L 335, S. 60).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem London Borough of Ealing (Londoner Bezirk Ealing, Vereinigtes Königreich) und den Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs (Steuer- und Zollbehörde des Vereinigten Königreichs, im Folgenden: Steuerbehörde) über die Mehrwertsteuerpflichtigkeit von Eintrittsgeldern für Sportanlagen.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Nach Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) in Verbindung mit Anhang E Nr. 4 dieser Richtlinie konnten die Mitgliedstaaten während der in Art. 28 Abs. 4 der Richtlinie genannten Übergangszeit die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie aufgeführten Umsätze weiterhin besteuern.

4        Die Richtlinie 2006/112 hat gemäß ihren Art. 411 und 413 die Mehrwertsteuervorschriften der Europäischen Union, u. a. die Sechste Richtlinie, mit Wirkung vom 1. Januar 2007 aufgehoben und ersetzt.

5        Art. 132 Abs. 1 Buchst. m in Kapitel 2 („Steuerbefreiungen für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“) von Titel IX der Richtlinie 2006/112 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten folgende Umsätze von der Steuer befreien:

„bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben“.

6        Art. 133 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten können die Gewährung der Befreiungen nach Artikel 132 Absatz 1 Buchstaben b, g, h, i, l, m und n für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, im Einzelfall von der Erfüllung einer oder mehrerer der folgenden Bedingungen abhängig machen:

d)      Die Befreiungen dürfen nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung zum Nachteil von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen führen.

Die Mitgliedstaaten, die am 1. Januar 1989 gemäß Anhang E der [Sechsten Richtlinie] die Mehrwertsteuer auf die in Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe m … genannten Umsätze erhoben, können die unter Absatz 1 Buchstabe d des vorliegenden Artikels genannten Bedingungen auch anwenden, wenn für diese Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts eine Befreiung gewährt wird.“

 Recht des Vereinigten Königreichs

7        Während der Übergangszeit, auf die Art. 28 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie Bezug nimmt, wurden in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m dieser Richtlinie – mit Ausnahme von zwei Dienstleistungen betreffend die Teilnahme an einem Sportwettbewerb, die in Gruppe 10 von Anhang 6 des Value Added Tax Act 1983 (Mehrwertsteuergesetz 1983) aufgeführt waren – vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland weiterhin besteuert.

8        Gruppe 10 von Anhang 9 des Value Added Tax Act 1994 (Mehrwertsteuergesetz 1994) sieht für folgende Dienstleistungen eine Mehrwertsteuerbefreiung vor:

„1.      Die Zulassung zur Teilnahme an einem Wettbewerb im Bereich des Sports oder der körperlichen Erholung, wenn die Gegenleistung für die Zulassung in einem Geldbetrag besteht, der vollständig der Bereitstellung eines oder mehrerer in diesem Wettbewerb verliehener Preise zufließt.

2.      Die Zulassung durch eine qualifizierte Einrichtung, die zu Zwecken des Sports oder der körperlichen Erholung errichtet worden ist, zur Teilnahme an einem eine solche Aktivität betreffenden Wettbewerb.

3.      Durch eine qualifizierte Einrichtung für eine Einzelperson erbrachte Dienstleistungen, die mit Sport oder Körperertüchtigung, an dem/der die Einzelperson teilnimmt, in engem Zusammenhang stehen und dafür unerlässlich sind; dies gilt nicht, wenn die Einrichtung mitgliedschaftlich verfasst ist und die Einzelperson kein Mitglied ist“.

9        In Anmerkung 2A zu der genannten Gruppe 10 ist eine „qualifizierte Einrichtung“ definiert als eine Einrichtung ohne Gewinnstreben, die bestimmte Voraussetzungen erfüllt.

10      In Anmerkung 3 zu dieser Gruppe heißt es:

„Folgende Einrichtungen sind keine ‚qualifizierte Einrichtung‘ im Sinne von Nr. 3 [der Gruppe 10 von Anhang 9]:

a)      lokale Gebietskörperschaften,

b)      Dienststellen der Ministerien … und

c)      [bestimmte öffentliche Einrichtungen, die keinem Ministerium unterstehen].“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

11      Der Londoner Bezirk Ealing ist eine lokale Gebietskörperschaft, die mehrere Sportanlagen wie Sporthallen und Schwimmbäder betreibt. Im Zeitraum vom 1. Juni 2009 bis zum 31. August 2012 führte sie die auf die Eintrittsgelder für diese Anlagen erhobene Mehrwertsteuer ab.

12      Im Jahr 2013 beantragte dieser Bezirk bei der Steuerbehörde die Erstattung dieser Steuer, wobei er geltend machte, dass die Eintrittsgelder gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112 steuerbefreit hätten sein müssen. Der Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass das nationale Recht Sportdienstleistungen im Sinne dieser Vorschrift gemäß Art. 133 Abs. 1 Buchst. d und Abs. 2 der genannten Richtlinie von der Steuerbefreiung ausnehme, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, etwa einer lokalen Gebietskörperschaft, erbracht würden.

13      Der Londoner Bezirk Ealing erhob gegen diese Entscheidung Klage beim First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Kammer für Steuersachen], Vereinigtes Königreich). Er machte geltend, das Vereinigte Königreich könne sich nicht auf Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 berufen, da es am 1. Januar 1989 nicht alle Sportdienstleistungen besteuert habe; insbesondere sei die Zulassung zu Sportwettbewerben von der Mehrwertsteuer befreit gewesen. Außerdem könnten Einrichtungen des öffentlichen Rechts ohne Gewinnstreben, was in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen anbelange, nicht nach dem genannten Art. 133 Abs. 2 von der Mehrwertsteuerbefreiung ausgenommen werden, ohne auch Einrichtungen ohne Gewinnstreben davon auszunehmen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind. Schließlich erlaube es Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 den Mitgliedstaaten nicht, pauschal alle lokalen Gebietskörperschaften von dieser Befreiung auszunehmen, da er verlange, dass „im Einzelfall“ zu prüfen sei, ob die Befreiung zu einer Wettbewerbsverzerrung führen könne. Die Steuerbehörde trat diesem Vorbringen entgegen.

14      Nach den Angaben in der Vorlageentscheidung ist der Londoner Bezirk Ealing als eine Einrichtung ohne Gewinnstreben, deren Dienstleistungen in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehen und sich an Personen richten, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben, im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112 anzusehen.

15      Unter diesen Umständen hat das First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Kammer für Steuersachen]) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Kann das Vereinigte Königreich nach Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 für Einrichtungen des öffentlichen Rechts die in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d dieser Richtlinie genannte Bedingung vorsehen, wenn zum einen das Vereinigte Königreich die betreffenden Umsätze am 1. Januar 1989 als steuerpflichtig behandelte, andere Sportdienstleistungen zu diesem Zeitpunkt jedoch befreit waren, und zum anderen die betreffenden Umsätze nach nationalem Recht nicht befreit waren, bevor das Vereinigte Königreich die in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d dieser Richtlinie genannte Bedingung vorsah?

2.      Wenn Frage 1 bejaht wird: Kann das Vereinigte Königreich für Einrichtungen ohne Gewinnstreben, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, die in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112 genannte Bedingung vorsehen, ohne diese Bedingung auch in Bezug auf Einrichtungen ohne Gewinnstreben anzuwenden, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind?

3.      Wenn Frage 2 bejaht wird: Kann das Vereinigte Königreich alle öffentlichen Einrichtungen ohne Gewinnstreben von der Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112 ausnehmen, ohne im Einzelfall geprüft zu haben, ob die Gewährung der Befreiung zu einer Wettbewerbsverzerrung zum Nachteil von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen führen würde?

 Zu den Vorlagefragen

16      Zunächst ist festzustellen, dass nach den Angaben in der Vorlageentscheidung die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistungen in den zeitlichen Geltungsbereich der Richtlinie 2006/112 fallen, dass davon auszugehen ist, dass sie die Bedingungen für eine Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m dieser Richtlinie erfüllen und dass sie von einer Einrichtung des öffentlichen Rechts ohne Gewinnstreben im Sinne dieser Vorschrift erbracht wurden. Da diese Dienstleistungen nach der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung mehrwertsteuerpflichtig sind, betreffen die Fragen des vorlegenden Gerichts nur die Auslegung von Art. 133 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Buchst. d der genannten Richtlinie, wonach diese Dienstleistungen unter bestimmten Bedingungen von der Befreiung ausgenommen werden können, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden.

  Zur ersten Frage

17      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach die Gewährung einer Mehrwertsteuerbefreiung für Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m dieser Richtlinie erbringen, von der Erfüllung der in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d der genannten Richtlinie vorgesehenen Bedingung abhängig ist, obwohl zum einen dieser Mitgliedstaat am 1. Januar 1989 nicht auf alle diese Dienstleistungen Mehrwertsteuer erhob und zum anderen die in Rede stehenden Dienstleistungen nicht bereits von der Mehrwertsteuer befreit waren, bevor die Erfüllung dieser Bedingung vorgeschrieben wurde.

18      Zu der Frage, ob alle in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehenden Dienstleistungen am 1. Januar 1989 mehrwertsteuerpflichtig sein mussten, damit sich ein Mitgliedstaat auf Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 berufen kann, ist festzustellen, dass diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach keine solche Bedingung enthält. Diese Vorschrift ist nämlich auf Mitgliedstaaten anwendbar, die die in Art. 132 Abs. 1 Buchst. m dieser Richtlinie genannten Umsätze besteuerten, verlangt jedoch nicht die Steuerpflichtigkeit aller dieser Dienstleistungen.

19      Ein solches Erfordernis würde auch gegen Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112 verstoßen, auf den Art. 133 Abs. 2 dieser Richtlinie verweist und der sich auf „bestimmte“ in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen bezieht.

20      Somit kann sich ein Mitgliedstaat, der wie das Vereinigte Königreich am 1. Januar 1989 nicht auf alle, sondern nur auf bestimmte Dienstleistungen in diesem Bereich Mehrwertsteuer erhob, auf die den Mitgliedstaaten nach Art. 133 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112 eingeräumte Möglichkeit berufen.

21      Der zweite Teil der ersten Frage betrifft die Auslegung des letzten Halbsatzes von Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112, d. h., „wenn für diese Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts eine Befreiung gewährt wird“.

22      Das vorlegende Gericht fragt sich insoweit, ob diese Formulierung, wie es der Londoner Bezirk Ealing vorträgt, bedeutet, dass das Vereinigte Königreich für in engem Zusammenhang mit Sport oder Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts ohne Gewinnstreben erbracht werden, zunächst eine Befreiung gewähren musste, bevor es für diese Dienstleistungen sodann die in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112 genannte Bedingung vorsehen konnte.

23      Ein solches Erfordernis lässt sich aus Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 nicht herleiten. Wie der Generalanwalt in Nr. 44 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, steht der Ausdruck „eine Befreiung gewähren“ in dieser Vorschrift im Präsens, nämlich „eine Befreiung gewährt wird“, und nicht in der Vergangenheit, also „eine Befreiung gewährt wurde“. Diese Vorschrift verlangt demnach nicht, dass die genannten Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer befreit waren, bevor die in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112 genannte Bedingung angewendet wird.

24      Für diese Auslegung spricht auch das mit Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 verfolgte Ziel. Diese Vorschrift bezweckt nämlich nicht, für in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen eine Befreiung zu gewähren, sondern vielmehr, wie sich aus dem Wortlaut dieses Art. 133 Abs. 2 in Verbindung mit seinem Abs. 1 Buchst. d ergibt, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu eröffnen, auf durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbrachte und am 1. Januar 1989 mehrwertsteuerpflichtige Dienstleistungen der genannten Art Mehrwertsteuer zu erheben.

25      Die Steuerbefreiung für in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden, kann nach Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 folglich von der in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d dieser Richtlinie genannten Bedingung abhängig gemacht werden, auch wenn diese Dienstleistungen in dem betreffenden Mitgliedstaat nicht schon zuvor von der Steuer befreit waren.

26      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, wonach die Gewährung einer Mehrwertsteuerbefreiung für Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m dieser Richtlinie erbringen, von der Erfüllung der in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d der genannten Richtlinie vorgesehenen Bedingung abhängig ist, obwohl zum einen dieser Mitgliedstaat am 1. Januar 1989 nicht auf alle diese Dienstleistungen Mehrwertsteuer erhob und zum anderen die in Rede stehenden Dienstleistungen nicht bereits von der Mehrwertsteuer befreit waren, bevor die Erfüllung dieser Bedingung vorgeschrieben wurde.

 Zur zweiten Frage

27      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach die Gewährung einer Mehrwertsteuerbefreiung für Einrichtungen des öffentlichen Rechts ohne Gewinnstreben, die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der genannten Richtlinie erbringen, von der Erfüllung der in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d dieser Richtlinie genannten Bedingung abhängig ist, diese Bedingung aber in Bezug auf Einrichtungen ohne Gewinnstreben, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind und solche Dienstleistungen erbringen, nicht angewandt wird.

28      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass sich Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112, wonach die Mitgliedstaaten bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende, von Einrichtungen ohne Gewinnstreben erbrachte Dienstleistungen von der Steuer befreien, unterschiedslos an alle Einrichtungen ohne Gewinnstreben richtet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Februar 2016, Kommission/Niederlande, C-22/15, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:118, Rn. 43).

29      Zwar gestattet Art. 133 der Richtlinie 2006/112 den Mitgliedstaaten, die Gewährung dieser Befreiung von der Erfüllung zusätzlicher Bedingungen abhängig zu machen, jedoch ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 133 Abs. 1, dass die Mitgliedstaaten die in Abs. 1 Buchst. a bis d genannten Bedingungen grundsätzlich nur in Bezug auf Einrichtungen anwenden können, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind. Für Einrichtungen des öffentlichen Rechts kann nach Art. 133 Abs. 2 lediglich die in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d genannte Bedingung vorgesehen werden, mit der Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil gewerblicher Unternehmen vermieden werden sollen, und zwar nur von den Mitgliedstaaten, die am 1. Januar 1989 auf die in Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112 genannten Dienstleistungen Mehrwertsteuer erhoben.

30      Die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112 gemäß Art. 133 dieser Richtlinie von der Mehrwertsteuerbefreiung auszunehmen, unterliegt somit für Einrichtungen des öffentlichen Rechts ohne Gewinnstreben strengeren Regeln als für andere Einrichtungen ohne Gewinnstreben. Wie der Generalanwalt in Nr. 27 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, sollen mit Art. 133 somit Einrichtungen des öffentlichen Rechts bei der Mehrwertsteuerbefreiung für in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die sie erbringen, gegenüber anderen Einrichtungen begünstigt werden.

31      Angesichts dieses Ziels ist das Wort „auch“ in Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat die Erfüllung der in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d genannten Bedingung für Einrichtungen des öffentlichen Rechts nur vorsehen kann, wenn er sie auch für Einrichtungen vorsieht, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind.

32      Nach dieser Auslegung ist es jedoch unzulässig, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende ausschließlich solche in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen von der in Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Befreiung ausnimmt, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts ohne Gewinnstreben erbracht werden, ohne nach Art. 133 Abs. 1 Buchst. d dieser Richtlinie auch auf von anderen Einrichtungen ohne Gewinnstreben erbrachte Dienstleistungen Mehrwertsteuer zu erheben.

33      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach die Gewährung einer Mehrwertsteuerbefreiung für Einrichtungen des öffentlichen Rechts ohne Gewinnstreben, die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der genannten Richtlinie erbringen, von der Erfüllung der in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d dieser Richtlinie genannten Bedingung abhängig ist, diese Bedingung aber in Bezug auf Einrichtungen ohne Gewinnstreben, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind und solche Dienstleistungen erbringen, nicht angewandt wird.

 Zur dritten Frage

34      Angesichts der Antwort auf die zweite Frage braucht die dritte Frage nicht beantwortet zu werden.

 Kosten

35      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, wonach die Gewährung einer Mehrwertsteuerbefreiung für Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m dieser Richtlinie erbringen, von der Erfüllung der in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d der genannten Richtlinie vorgesehenen Bedingung abhängig ist, obwohl zum einen dieser Mitgliedstaat am 1. Januar 1989 nicht auf alle diese Dienstleistungen Mehrwertsteuer erhob und zum anderen die in Rede stehenden Dienstleistungen nicht bereits von der Mehrwertsteuer befreit waren, bevor die Erfüllung dieser Bedingung vorgeschrieben wurde.

2.      Art. 133 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach die Gewährung einer Mehrwertsteuerbefreiung für Einrichtungen des öffentlichen Rechts ohne Gewinnstreben, die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der genannten Richtlinie erbringen, von der Erfüllung der in Art. 133 Abs. 1 Buchst. d dieser Richtlinie genannten Bedingung abhängig ist, diese Bedingung aber in Bezug auf Einrichtungen ohne Gewinnstreben, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind und solche Dienstleistungen erbringen, nicht angewandt wird.


Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.