Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)
13. März 2019(*)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 53 – Dienstleistungen betreffend die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen auf dem Gebiet des Unterrichts – Ort des steuerbaren Umsatzes“
In der Rechtssache C-647/17
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) mit Entscheidung vom 9. November 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 20. November 2017, in dem Verfahren
Skatteverket
gegen
Srf konsulterna AB
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan (Berichterstatter) sowie der Richter C. Lycourgos, E. Juhász, M. Ilešič und I. Jarukaitis,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– des Skatteverk, vertreten durch A.-S. Pallasdies als Bevollmächtigte,
– der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk, C. Meyer-Seitz und H. Shev als Bevollmächtigte,
– der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, E. de Moustier und A. Alidière als Bevollmächtigte,
– der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brandon und G. Brown als Bevollmächtigte im Beistand von E. Mitrophanous, Barrister,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Simonsson, J. Jokubauskaitė, G. Tolstoy und E. Ljung Rasmussen als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 10. Januar 2019
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 53 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 (ABl. 2008, L 44, S. 11) geänderten Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
2 Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Skatteverk (Steuerverwaltung, Schweden) und der Srf konsulterna AB (im Folgenden: Srf) über einen vom Skatterättsnämnd (Steuerrechtsausschuss, Schweden) erlassenen Steuervorbescheid, der die Mehrwertsteuererhebung in Schweden auf die Erbringung von fünftägigen Buchhaltungslehrgängen in einem anderen Mitgliedstaat an Steuerpflichtige betrifft, die in Schweden den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung haben.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2006/112
3 Titel V der Mehrwertsteuerrichtlinie („Ort des steuerbaren Umsatzes“) enthält ein Kapitel 3 („Ort der Dienstleistung“). Abschnitt 2 („Allgemeine Bestimmungen“) dieses Kapitels umfasst die Art. 44 und 45 dieser Richtlinie.
4 Art. 44 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:
„Als Ort einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, gilt der Ort, an dem dieser Steuerpflichtige den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat. Werden diese Dienstleistungen jedoch an eine feste Niederlassung des Steuerpflichtigen, die an einem anderen Ort als dem des Sitzes seiner wirtschaftlichen Tätigkeit gelegen ist, erbracht, so gilt als Ort dieser Dienstleistungen der Sitz der festen Niederlassung. In Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung gilt als Ort der Dienstleistung der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort des steuerpflichtigen Dienstleistungsempfängers.“
5 Kapitel 3 Abschnitt 3 („Besondere Bestimmungen“) der Mehrwertsteuerrichtlinie umfasst deren Art. 46 bis 59a.
6 Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:
„Als Ort einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen betreffend die Eintrittsberechtigung sowie die damit zusammenhängenden Dienstleistungen für Veranstaltungen auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Unterhaltung oder für ähnliche Veranstaltungen wie Messen und Ausstellungen gilt der Ort, an dem diese Veranstaltungen tatsächlich stattfinden.“
Richtlinie 2008/8/EG
7 Die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 2006/112 bezüglich des Ortes der Dienstleistung (ABl. 2008, L 44, S. 11) sieht in ihren Erwägungsgründen 3 und 6 vor:
„(3) Alle Dienstleistungen sollten grundsätzlich an dem Ort besteuert werden, an dem der tatsächliche Verbrauch erfolgt. Allerdings wären auch bei einer entsprechenden Änderung dieser Grundregel für die Bestimmung des Ortes der Dienstleistung sowohl aus verwaltungstechnischen als auch aus politischen Gründen noch gewisse Ausnahmen davon erforderlich.
…
(6) Unter bestimmten Umständen sind die Grundregeln für die Bestimmung des Ortes der Dienstleistung bei Steuerpflichtigen bzw. Nichtsteuerpflichtigen nicht anwendbar, weshalb stattdessen spezifische Ausnahmen gelten sollten. Diese Ausnahmen sollten weitgehend auf bestehenden Kriterien beruhen und dem Grundsatz der Besteuerung am Ort des Verbrauchs folgen, bestimmten Wirtschaftsteilnehmern jedoch keine unangemessenen Verwaltungslasten auferlegen.“
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011
8 In den Erwägungsgründen 4 und 27 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112 (ABl. 2011, L 77, S. 1) heißt es:
„(4) Das Ziel dieser Verordnung ist, die einheitliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems in seiner derzeitigen Form dadurch sicherzustellen, dass Vorschriften zur Durchführung der [Mehrwertsteuerrichtlinie] erlassen werden, und zwar insbesondere in Bezug auf den Steuerpflichtigen, die Lieferung von Gegenständen und die Erbringung von Dienstleistungen sowie den Ort der steuerbaren Umsätze. Im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß Artikel 5 Absatz 4 [EUV] geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus. Da sie in allen Mitgliedstaaten verbindlich ist und unmittelbar gilt, wird die Einheitlichkeit der Anwendung am besten durch eine Verordnung gewährleistet.
…
(27) Um die einheitliche Behandlung von Dienstleistungen auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaften, des Unterrichts sowie der Unterhaltung und ähnlichen Ereignissen sicherzustellen, sollten die Eintrittsberechtigung zu solchen Ereignissen und die mit der Eintrittsberechtigung zusammenhängenden Dienstleistungen definiert werden.“
9 In Art. 32 der Durchführungsverordnung heißt es:
„(1) Zu den Dienstleistungen betreffend die Eintrittsberechtigung zu Veranstaltungen auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Unterhaltung oder ähnlichen Veranstaltungen im Sinne des Artikels 53 der [Mehrwertsteuerrichtlinie] … gehören Dienstleistungen, deren wesentliche Merkmale darin bestehen, gegen eine Eintrittskarte oder eine Vergütung, auch in Form eines Abonnements, einer Zeitkarte oder einer regelmäßigen Gebühr, das Recht auf Eintritt zu einer Veranstaltung zu gewähren.
(2) Absatz 1 gilt insbesondere für:
…
c) das Recht auf Eintritt zu Veranstaltungen auf dem Gebiet des Unterrichts und der Wissenschaft, wie beispielsweise Konferenzen und Seminare.
…“
10 Art. 33 der Durchführungsverordnung sieht vor:
„Zu den mit der Eintrittsberechtigung zu Veranstaltungen auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Unterhaltung oder ähnlichen Veranstaltungen zusammenhängenden Dienstleistungen nach Artikel 53 der [Mehrwertsteuerrichtlinie] gehören die Dienstleistungen, die direkt mit der Eintrittsberechtigung zu diesen Veranstaltungen in Verbindung stehen und an die Person, die einer Veranstaltung beiwohnt, gegen eine Gegenleistung gesondert erbracht werden.
Zu diesen zusammenhängenden Dienstleistungen gehören insbesondere die Nutzung von Garderoben oder von sanitären Einrichtungen, nicht aber bloße Vermittlungsleistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Eintrittskarten.“
Schwedisches Recht
11 Gemäß Kapitel 5 § 5 des Mervärdesskattelag (1994:200) (Gesetz 1994:200 über die Mehrwertsteuer) wird eine Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen in Schweden erbracht, wenn dieser den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit in Schweden hat oder er dort eine feste Niederlassung hat, an die die Dienstleistung erbracht wird.
12 Nach Kapitel 5 § 11a dieses Gesetzes wird eine Dienstleistung in Form der Gewährung des Eintritts zu Veranstaltungen auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Unterhaltung oder ähnlichen Veranstaltungen wie Messen und Ausstellungen an einen Steuerpflichtigen im Inland erbracht, wenn die Veranstaltung tatsächlich in Schweden stattfindet. Das Gleiche gilt für mit der Gewährung des Eintritts zusammenhängende Dienstleistungen.
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage
13 Srf ist eine in Schweden ansässige Gesellschaft, die vollständig im Eigentum eines Berufsverbands für Buchhaltungs- und Lohnbuchhaltungsberater steht. In diesem Rahmen bietet sie Fortbildungen in Buchhaltungsfragen in Form unabhängiger Kurse für Mitglieder des Verbands und andere an. Die meisten dieser Lehrgänge werden in Schweden gehalten, einige finden aber in anderen Mitgliedstaaten statt; in diesem Fall begeben sich die Lehrgangsleiter der Gesellschaft in den betreffenden Mitgliedstaat. Die Lehrgänge werden ausschließlich an Steuerpflichtige erbracht, die den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung in Schweden haben.
14 Die Lehrgänge finden in einem Konferenzgebäude statt und dauern 30 Stunden, verteilt auf fünf Tage und unterbrochen durch einen Tag Pause. Der Inhalt der Lehrgänge ist im Voraus festgelegt, wird jedoch vor Ort nach den Wünschen der Teilnehmer, die Kenntnisse in Buchhaltungsfragen und Erfahrung in der Arbeit mit solchen Fragen haben müssen, angepasst.
15 Die Teilnahme an von Srf veranstalteten Lehrgängen setzt eine Anmeldung und Zulassung vor Beginn des Lehrgangs voraus. Auch die Bezahlung erfolgt im Voraus.
16 Der Steuerrechtsausschuss erließ auf Antrag von Srf einen Vorbescheid, in dem er feststellt, dass die Lehrgänge, auch wenn sie in anderen Mitgliedstaaten als dem Königreich Schweden veranstaltet würden, als in Schweden erbracht anzusehen seien und die Mehrwertsteuer daher in diesem Mitgliedstaat zu erheben sei. Insbesondere sei die Wendung „Eintrittsberechtigung … für Veranstaltungen“ in Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie eingeführt worden, um den Anwendungsbereich der Ausnahmeregel einzuschränken und den Anwendungsbereich der Grundregel entsprechend zu erweitern. Der Begriff „Eintrittsberechtigung … für Veranstaltungen“ bezeichne das Recht, einen Ort zu betreten. Die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistungen zeichneten sich indessen nicht in erster Linie durch das Recht aus, einen Ort zu betreten, sondern vielmehr durch das Recht, an einem bestimmten Unterricht teilzunehmen. Da es nicht das Hauptmerkmal der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Lehrgänge sei, eine Eintrittsberechtigung im Sinne von Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu gewähren, werde die Mehrwertsteuer für die Lehrgänge gemäß Art. 44 dieser Richtlinie in Schweden geschuldet.
17 Die Steuerverwaltung wollte, dass der Vorbescheid mit einer anderen Begründung bestätigt wird, und legte beim Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) einen Rechtsbehelf ein. Auch Srf beantragte, den Vorbescheid zu bestätigen, da die Anwendung der Ausnahmeregel gemäß Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie ihrer Ansicht nach einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand darstellen würde.
18 Vor diesem Hintergrund hat der Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist der Ausdruck „Eintrittsberechtigung … für Veranstaltungen“ in Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass er eine Dienstleistung in Form eines fünftägigen Buchhaltungslehrgangs erfasst, der ausschließlich an Steuerpflichtige erbracht wird und voraussetzt, dass Anmeldung und Bezahlung im Voraus erfolgen?
Zur Vorlagefrage
19 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Dienstleistung … betreffend die Eintrittsberechtigung … für Veranstaltungen“ im Sinne dieser Bestimmung eine Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende in Form eines fünftägigen Buchhaltungslehrgangs, der ausschließlich an Steuerpflichtige erbracht wird und voraussetzt, dass Anmeldung und Bezahlung im Voraus erfolgen, erfasst.
20 Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Art. 44 und 45 der Mehrwertsteuerrichtlinie eine allgemeine Regel für die Bestimmung des steuerlichen Anknüpfungspunkts bei Dienstleistungen enthalten, während die Art. 46 bis 59a dieser Richtlinie eine Reihe besonderer Anknüpfungspunkte vorsehen.
21 Wie sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, haben die Art. 44 und 45 der Mehrwertsteuerrichtlinie keinen Vorrang vor ihren Art. 46 bis 59a. In jedem Einzelfall ist zu fragen, ob er einem der in den Art. 46 bis 59a der Richtlinie genannten Fälle entspricht. Anderenfalls fällt er unter die Art. 44 und 45 der Richtlinie (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Mai 2005, RAL [Channel Islands] u. a., C-452/03, EU:C:2005:289, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 8. Dezember 2016, A und B, C-453/15, EU:C:2016:933, Rn. 18).
22 Daraus folgt, dass Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht als eng auszulegende Ausnahme von einem allgemeinen Grundsatz angesehen werden darf (vgl. entsprechend Urteil vom 8. Dezember 2016, A und B, C-453/15, EU:C:2016:933, Rn. 19).
23 Nach Art. 53 dieser Richtlinie gilt als Ort einer Dienstleistung an Steuerpflichtige betreffend die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen insbesondere auf dem Gebiet des Unterrichts der Ort, an dem diese Veranstaltungen tatsächlich stattfinden.
24 Gemäß Art. 32 Abs. 2 Buchst. c der Durchführungsverordnung in Verbindung mit dessen Abs. 1 gehören zu den Dienstleistungen im Sinne des Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie betreffend die Eintrittsberechtigung zu Veranstaltungen auf dem Gebiet des Unterrichts und der Wissenschaft, wie beispielsweise Konferenzen und Seminare, Dienstleistungen, deren wesentliche Merkmale darin bestehen, gegen eine Eintrittskarte oder eine Vergütung das Recht auf Eintritt zu einer Veranstaltung zu gewähren.
25 Im Ausgangsverfahren handelt es sich bei den dort in Rede stehenden Lehrgängen, die von Srf an Steuerpflichtige erbracht werden, nach den Angaben des vorlegenden Gerichts um Seminare, die an fünf Tagen mit einem Tag Unterbrechung in einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Schweden stattfinden, wo dieses Unternehmen den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat. Die Lehrgänge, die die physische Anwesenheit der Steuerpflichtigen voraussetzen, fallen demnach in die Kategorie der Veranstaltungen auf dem Gebiet des Unterrichts im Sinne von Art. 32 der Durchführungsverordnung.
26 Was die Frage anbelangt, ob die wesentlichen Merkmale der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Lehrgänge in der Eintrittsberechtigung für die Seminare bestehen, ist darauf hinzuweisen, dass ein einheitlicher Umsatz vorliegt, wenn zwei oder mehr vom Steuerpflichtigen erbrachte Elemente oder Handlungen so eng verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2016, Baštová, C-432/15, EU:C:2016:855, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).
27 Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs in ihren schriftlichen Erklärungen im Wesentlichen ausgeführt hat, beinhaltet die Eintrittsberechtigung für die Seminare, die den Steuerpflichtigen gegen eine Vergütung gewährt wird, zwangsläufig die Möglichkeit, ihnen beizuwohnen und an ihnen teilzunehmen. Diese Teilnahme ist daher eng verbunden mit der Eintrittsberechtigung für die Seminare. Deshalb kann der Unterscheidung der Steuerrechtskommission zwischen dem Recht, einen Ort zu betreten, und dem, an einem bestimmten Unterricht teilzunehmen, für die Anwendung von Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht gefolgt werden.
28 Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das Ziel der Regeln der Mehrwertsteuerrichtlinie, nach denen der Ort der Besteuerung von Dienstleistungen zu bestimmen ist, darin besteht, einerseits Kompetenzkonflikte, die zu einer Doppelbesteuerung führen könnten, und andererseits die Nichtbesteuerung von Einnahmen zu verhindern (Urteil vom 8. Dezember 2016, A und B, C-453/15, EU:C:2016:933, Rn. 24 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
29 Deshalb soll die Erhebung nach den Überlegungen, die den Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie über den Ort der Dienstleistung zugrunde liegen, nach Möglichkeit an dem Ort erfolgen, an dem die Gegenstände verbraucht oder die Dienstleistungen in Anspruch genommen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Dezember 2016, A und B, C-453/15, EU:C:2016:933, Rn. 25 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
30 Infolgedessen hat die Bestimmung des Orts, an dem Lehrgänge wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden erbracht werden, auf der Grundlage von Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu erfolgen, und sie müssen deshalb an dem Ort der Mehrwertsteuer unterliegen, an dem sie tatsächlich erbracht werden, d. h. in den Mitgliedstaaten, in denen die Lehrgänge veranstaltet werden.
31 Diese Auslegung könnte zwar, wie Srf anführt, darauf hinauslaufen, den Verwaltungsaufwand für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer zu erhöhen, obwohl nach dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/8, durch die die Art. 44 und 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie in ihrer derzeit geltenden Fassung eingeführt wurden, diesen Wirtschaftsteilnehmern durch die Besteuerung am Ort des Verbrauchs nach Möglichkeit keine unangemessenen Verwaltungslasten auferlegt werden sollten.
32 Nach ständiger Rechtsprechung sind jedoch, wie die Generalanwältin in Nr. 74 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, die Erwägungsgründe eines Unionsrechtsakts rechtlich nicht verbindlich und können weder herangezogen werden, um von den Bestimmungen des betreffenden Rechtsakts abzuweichen, noch, um diese Bestimmungen in einem Sinne auszulegen, der ihrem Wortlaut offensichtlich widerspricht (Urteil vom 13. September 2018, Česká pojišťovna, C-287/17, EU:C:2018:707, Rn. 33).
33 Lehrgänge wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden fallen unter die Dienstleistungen im Sinne von Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie; gemäß diesem Artikel in Verbindung mit Art. 32 der Durchführungsverordnung ist der Ort der Mehrwertbesteuerung einer Dienstleistung betreffend die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen auf dem Gebiet des Unterrichts, wie beispielsweise Seminare, der Ort, an dem diese tatsächlich stattfinden.
34 Demnach kann allein auf der Grundlage des sechsten Erwägungsgrunds der Richtlinie 2008/8 keine Ausnahme von der Anwendung von Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie gemacht werden.
35 Dass Anmeldung und Bezahlung für die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Lehrgänge im Voraus erfolgten, ist für die Anwendung von Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie unerheblich. Im Wortlaut dieses Artikels gibt es nämlich kein Anzeichen dafür, dass diese Kriterien zur Bestimmung des Orts, an dem die Dienstleistungen erbracht werden, herangezogen werden könnten.
36 Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass Art. 53 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Dienstleistung … betreffend die Eintrittsberechtigung … für Veranstaltungen“ im Sinne dieser Bestimmung eine Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende in Form eines fünftägigen Buchhaltungslehrgangs, der ausschließlich an Steuerpflichtige erbracht wird und voraussetzt, dass Anmeldung und Bezahlung im Voraus erfolgen, erfasst.
Kosten
37 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 53 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Dienstleistung … betreffend die Eintrittsberechtigung … für Veranstaltungen“ im Sinne dieser Bestimmung eine Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende in Form eines fünftägigen Buchhaltungslehrgangs, der ausschließlich an Steuerpflichtige erbracht wird und voraussetzt, dass Anmeldung und Bezahlung im Voraus erfolgen, erfasst.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Schwedisch.